: Gegen starre Regeln auf dem Friedhof

von Eva Mühlenbäumer
15.09.2023 | 18:24 Uhr
Es gibt rund 32.000 Friedhöfe in Deutschland. Viele sind stark reglementiert. Gebühren, Regeln, Verbote: Ist das noch zeitgemäß?

Wie frei ist man in der Grabgestaltung und welche Regeln gelten auf Friedhöfen?

15.09.2023 | 03:51 min
Die deutsche Friedhofskultur ist seit 2020 Immaterielles Kulturerbe der Unesco. Gleichzeitig verändern sich die Bestattungswünsche der Menschen. Seit 20 Jahren machen immer mehr Beisetzungswälder den Friedhöfen Konkurrenz. Kommunen und Kirchengemeinden brauchen Konzepte, um Friedhöfe vor allem für die Lebenden attraktiver zu machen. Und wie sieht's mit den Regeln auf deutschen Friedhöfen aus?

Weniger Regeln, mehr Freiräume

Auf den meisten Friedhöfen ist das Joggen, Radfahren und das Ausführen von Hunden nicht gestattet. Oftmals darf man auch nichts Essen oder Trinken. Kinder dürfen sich in der Regel nicht ohne Begleitung eines Erwachsenen auf einem Friedhof aufhalten. Dirk Pörschmann, Leiter des Sepulkralmuseums in Kassel und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal, spricht sich dafür aus, dass sich das ändert.
Friedhöfe sind gemeinschaftliche Orte und brauchen Regeln. Aber sie sollten auf ein Minimum begrenzt sein.
Dirk Pörschmann, Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal
"Man sollte erstmal vieles erlauben und nachjustieren, wenn etwas überhandnimmt", erläutert Pörschmann. Viele Menschen möchten Friedhöfe auch als parkähnliche Erholungsorte nutzen und die Verwaltungen sollten das ermöglichen.

Auf dem Zentralfriedhof in Wien werden Freiflächen an Privatpersonen vermietet. Dort können die Hobbygärtner Gemüse, Obst oder Blumen anbauen. Die Nachfrage steigt.

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Mehrwert für die Lebenden

Das Tabu Radfahren haben einige Friedhöfe bereits gekippt und sind damit nicht mehr nur reine Beisetzungsorte, sondern auch ein Stück Naherholungsgebiet. Auf dem Frankfurter Hauptfriedhof gibt es neben einem extra angelegten ökologischen Gartenfeld einen Bücherschrank und Sitzplätze, die zum Lesen und Verweilen einladen.
Auch die Gebührenordnung der Friedhöfe gehöre auf den Prüfstand, findet Pörschmann. "Gepflegte Privatbänke, die Menschen am Grab eines Verstorbenen aufstellen, um in Ruhe zu trauern, sollten gestattet sein und keine zusätzliche Gebühr kosten", sagt Pörschmann. Auf dem Kölner Melatenfriedhof beispielsweise müssen Angehörige dafür knapp 80 Euro jährlich zahlen.

Grab in der Schweiz teilweise kostenfrei

"In der Schweiz nehmen manche Kommunen noch nicht mal Geld für ein Grab", erläutert Pörschmann. Sogar ein einfacher Sarg und die Kremation sei kostenfrei.
Das ist eine Wertschätzung der Lebensleistung von Menschen, die jahrelang Steuern gezahlt haben. Das wäre in Deutschland auch wünschenswert.
Dirk Pörschmann

Friedhofszwang in Deutschland

Anders als in anderen EU-Ländern gibt es in Deutschland nicht die Möglichkeit, Urnen mit nach Hause zu nehmen oder die Asche eines Verstorbenen in der Natur zu verstreuen. Lediglich in Bremen ist es Bürgerinnen und Bürgern unter hohen Auflagen erlaubt, Asche auf dem eigenen Grundstück zu verstreuen.
Der deutsche Friedhofszwang habe aber einen Sinn, erklärt Pörschmann. "Kenne ich denn wirklich alle Menschen, die mit dem Verstorbenen in Beziehung standen und auch trauern möchten? Kommen die dann alle zu mir nach Hause?" Ein öffentliches Urnengrab auf einem Friedhof schließe niemanden von der Trauerarbeit aus. Ein Wert, den die Gesellschaft bewahren sollte.
Eva Mühlenbäumer ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

Seit 25 Jahren wird Anwohnern an der B266 in Mechernich-Kommern eine Lärmschutzwand versprochen. Die gibt es nun. Für ein Einkaufszentrum und den Friedhof, allerdings nicht für das Wohngebiet.

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