FAQ

: Wie man in freier Natur Leben rettet

von Eileen Schreieder
27.05.2023 | 09:47 Uhr
Bei Unfällen in der Natur kann es Stunden dauern, bis der Rettungsdienst zu Hilfe kommt. Da ist es gut zu wissen, was im Notfall zu tun ist. Üben kann man in speziellen Kursen.

Training für den Ernstfall in der Natur: Wie im Outdoor-Erste-Hilfe-Kurs wichtiges Retterwissen vermittelt wird.

24.05.2023 | 04:40 min
Die meisten haben ihren Erste-Hilfe-Kurs zu Führerscheinzeiten gemacht, und das ist oft lange her. Doch gerade, wenn man in der Natur unterwegs ist, kann Wissen über erste Hilfe lebensrettend sein. Bei Unfällen, die bei Freizeitaktivitäten draußen passieren, geht es vor allem um Stürze, Knochenbrüche, Schürfwunden und Schnittverletzungen. Aber auch, was bei plötzlichem Herzstillstand, Hitzschlag oder einer Allergie zu tun ist, ist wichtig zu wissen. Viele Unfälle sind auf Selbstüberschätzung oder Erschöpfung zurückzuführen.

Welche Ausrüstung braucht man?

Folgende Ausrüstung sollte immer dabei sein:
  • ein Erste-Hilfe-Set mit Einmalhandschuhen,
  • Material zur sterilen Wundversorgung und zum Stillen von stark blutenden Wunden,
  • eine Rettungsdecke für den Wärmeerhalt,
  • eine Schere,
  • eine Schiene für Frakturen und ein vielseitig einsetzbares Dreieckstuch.
  • Verbandspäckchen, Pflaster und Pinzette können die Ausrüstung ergänzen.

Wie löst man besondere Probleme bei einem Unfall in der Natur?

Outdoor gibt es einige Herausforderungen zu bewältigen, zum Beispiel nicht vorhandenen Mobilfunkempfang, das richtige Absetzen eines Notrufs, die Aufgabenverteilung in der Gruppe, Orientierung und Einschätzung des Geländes, Wetterbedingungen, Tageszeit bzw. Dunkelheit, Unterschlupf finden, Wärmeerhalt und Transport verletzter Personen.
In einem Outdoor-Erste-Hilfe-Kurs kann man auch lernen, sich zu helfen, wenn unterwegs Möglichkeiten fehlen oder nicht alles an Material vorhanden ist.

Mit wenig Mitteln effektiv Hilfe leisten:

  • Aus Rucksäcken kann man ein Wärmebett bauen.
  • Eine Rettungsdecke kann man als Sonnenschutz aufspannen.
  • Ein Druckverband kann aus Fichtenzapfen, Taschentuchpäckchen, Socken oder anderen Kleidungsstücken angelegt werden.
  • Eine Knochenbruch kann mit Stöcken und T-Shirts oder Schals stabilisiert werden.
  • Ein Kühl-Pack kann man aus einem Einmal-Handschuh oder einer mit Wasser oder Erde gefüllten Tüte herstellen.
  • Eine Trage lässt sich aus Stöcken oder Wanderstöcken und Jacken bauen.

Wie holt man richtig Hilfe?

Wichtig für den Notruf ist die Bestimmung und Angabe des Standortes. Ein wichtiger Teil eines Outdoor-Erste-Hilfe-Kurses ist daher die Orientierung in der Natur. Mobilfunkempfang ist nicht überall vorhanden, und wenn er gegeben ist, braucht die Rettungsleitstelle die Koordinaten so genau wie möglich.
Was vielen nicht bewusst ist: Über das Telefonat werden GPS-Daten nicht automatisch an die Leitstelle übermittelt. Hilfreich sind spezielle Outdoor-GPS-Apps, über die eine Standortbestimmung erfolgen kann.

Outdoor-Apps zur Standortbestimmung

Diese Apps funktionieren mittels GPS, Mobilfunkempfang ist nicht nötig. Solche Apps sind zum Beispiel:

Google Maps

  • Wird der Standort lange gedrückt gehalten, werden die GPS-Daten anzeigt.
  • Einsatzgebiet: weltweit.

Kompass-App für iPhone

  • Zeigt die Koordinaten unterhalb des Kompasses in der vorinstallierten App an.
  • Einsatzgebiet: weltweit.

What3words

  • In drei Worten wird der Standort auf 3x3 Meter genau beschrieben.
  • Einsatzgebiet: weltweit.
  • Problem: Nicht alle Einsatzleitstellen arbeiten mit der App.
Alternativ gibt es Outdoor-GPS-Geräte ab 200 Euro aufwärts. Die Geräte können den Standort auf zehn bis 30 Meter genau bestimmen. Eine Möglichkeit der verbalen Standortangabe können markante Streckenpunkte oder auch sogenannte Rettungspunkte sein. Diese sind meist an Weggabelungen platziert. Auf ihnen befindet sich eine Nummer, zu der bei Rettungsleitstellen die Koordinaten hinterlegt sind.

Apps mit integriertem Notruf

Der Notruf kann mittels App getätigt werden. Standortdaten können direkt übermittelt werden. Die App muss vorab installiert werden, und die Ortungsdienste müssen aktiviert sein. Teilweise ist dafür eine Registrierung erforderlich.

SOS EU ALP

Einsatzgebiet: Tirol, Südtirol, Bayern

Nora Notruf-App

Vorteil: "stiller Notruf" möglich

Einsatzgebiet: Deutschland

ECHO SOS

Einsatzgebiet: weltweit

Problem: wenig angebundene Leitstellen

112 Where are U

Vorteil: "stummer Anruf" möglich

Einsatzgebiet: weltweit

Was tun nach dem Notruf?

Die Teilnehmer bekommen im Kurs auch den Ablauf einer Rettungskette erklärt und üben diese. Das Wichtigste: Ruhe bewahren, sich selbst und die Gruppe, dann erst den Verletzten sichern. Je nachdem ob der Betroffene ansprechbar ist oder nicht, gibt es verschiedene Vorgehensweisen.

Nach dem Notruf - der Verletzte ist ansprechbar

  • Sturz: Bodycheck, Wundversorgung, Lagerung, Wärmeerhalt, Betreuen und Warten auf professionelle Hilfe
  • Kein Sturz: Sind seine Symptome bekannt? Sind Unterstützung und Medikamentengabe notwendig, z.B. bei Allergikern oder Asthmatikern?

Nach dem Notruf - der Verletzte ist nicht ansprechbar

  • Puls und Atmung prüfen
  • Wenn Atmung vorhanden: stabile Seitenlage, engmaschige Kontrollen, betreuen, warmhalten und auf professionelle Hilfe warten
  • Wenn keine (normale) Atmung: mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen, bis professionelle Hilfe eintrifft

Für wen ist ein Outdoor-Erste-Hilfe-Kurs?

Die meisten Kurse sind für Notfälle bei Wanderungen ausgelegt. Es gibt aber auch spezielle Kurse für Mountain-Biker, Kletterer, Skifahrer, für alpine Hochtouren oder für Aktive auf dem Wasser.
Anbieter sind meistens Outdoor-Schulen. Auch Rettungsdienstorganisationen bieten Kurse an. Sie kosten je nach Dauer und Aufwand zwischen 80 und 300 Euro.

Was ist der Unterschied zum normalen Erste-Hilfe-Kurs?

Gerade bei Outdoor-Aktivitäten kann es oft bis zu mehrere Stunden dauern, bis Hilfe oder der Rettungsdienst vor Ort ist. Die Teilnehmer werden unter anderem auf solche Fälle vorbereitet und angeleitet. Sie sollen in Notfallsituationen wissen, was zu tun ist, mehr eingreifen und unterstützen.
In realistisch nachgestellten Szenarien lernen die Teilnehmer ihre Hemmungen zu überwinden und zu handeln. Sie wissen in der Regel nicht, was sie erwartet. So werden sie zum Beispiel auf einer Wanderung von "Verletzten" überrascht, die mit Kunstblut und Requisiten hergerichtet wurden. Manche Kurse gehen über mehrere Tage und beinhalten speziellere Übungsszenarien.

Mehr über Lebensrettung