Interview

: Wie Meerschweinchen Hautpilz übertragen

22.01.2024 | 11:22 Uhr
Was viele nicht wissen: Meerschweinchen können einen Hautpilz auf den Menschen übertragen. Dermatologe Pietro Nenoff erklärt, was das - besonders für Kinder - bedeuten kann.

Meerschweinchen können Hautpilze auch auf Menschen übertragen - mit teils gravierenden Folgen.

22.01.2024 | 05:46 min
Hautpilze, die von Tieren übertragen werden, nennen Fachleute "zoophile Dermatophyten". Man kennt sie schon lange in Deutschland. Vor gut zehn Jahren ist hier jedoch eine neue Variante aufgetaucht: Trichophyton benhamiae, auch "Meerschweinchenpilz" genannt. Um das Jahr 2000 war er erstmals in Japan aufgetreten.
Der Dermatologe und Laborarzt Pietro Nenoff aus Rötha bei Leipzig hat gemeinsam mit Silke Uhrlaß und Kolleg*innen im Mai 2023 eine Studie veröffentlicht, die die Anzahl der durch Tiere übertragenen Hautpilze im ersten Jahr der Corona-Pandemie untersucht und verglichen hat. Mit überraschendem Ergebnis.

Eher Hund- oder Katzenmensch? In Deutschland haben rund 15,2 Millionen Menschen eine Katze und machen diese damit zum beliebtesten Haustier.

21.11.2023 | 00:24 min
ZDFheute: Herr Professor Nenoff, wie sind die Zahlen einzuschätzen?
Pietro Nenoff: Unserer Studie zufolge ist im Jahr eins des Lockdowns die Zahl der Infektionen durch zoophile Hautpilze allgemein auf fast 600 gestiegen und das ist wirklich viel. Von diesen 600 Infektionen wurde fast ein Drittel durch den "Meerschweinchenpilz" verursacht.
Wir hatten nicht damit gerechnet, das muss ich ganz ehrlich sagen. Es gibt vermutlich eine hohe Dunkelziffer, die wir nicht erfassen können, denn es gibt keine Meldepflicht für Pilzinfektionen in Deutschland. Die gestiegenen Zahlen hängen wohl auch damit zusammen, dass während des Lockdowns rund eine Million Haustiere neu angeschafft wurden.
Was wir gefunden haben, ist die Spitze des Eisbergs.
Prof. Dr. Pietro Nenoff, Facharzt für Dermatologie und Labormedizin

Prof. Dr. Pietro Nenoff …

Quelle: privat
… ist Dermatologe und Laborarzt in Leipzig-Mölbis. Als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten hat er sich auf Allergologie und Andrologie spezialisiert und einen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich Tropen- und Reisedermatologie. Er beschäftigt sich unter anderem mit der wissenschaftlichen Erforschung von Hautpilzen (Dermatophyten), Hefen und Schimmelpilzen als Auslöser von Hautinfektionen beim Menschen.

Aktuell arbeitet er mit Dr. Shyam B. Verma aus Indien zusammen. Dabei geht es um die epidemische Ausbreitung einer bestimmten Hautpilz-Spezies (Terbinafin-resistente Dermatophyten) in Indien und Europa bis nach Deutschland.

Hund, Katze und Pferd soll es gut gehen. Behandlungen beim Tierarzt können aber teuer werden. Versicherungen bieten Schutz, doch Experten raten von vielen Angeboten ab.

16.10.2023 | 04:15 min
ZDFheute: Wie erfolgt die Infektion?
Nenoff: Viele Meerschweinchen sind Träger von diesem Pilz. Sie sind nicht immer infiziert oder krank, aber sie haben einfach Pilzsporen im Fell. Und wenn wir Menschen Kontakt zu diesem Pilz haben, können wir uns infizieren. Man hat dann eine so genannte Dermatomykose. Das ist eine Entzündung mit trockener, schuppender Haut.
Und wenn es ganz schlimm kommt, das passiert leider immer häufiger, dann ist es auch eine eitrige, tiefer in die Haut eindringende Infektion, mit Pusteln beziehungsweise Abszessen. Sie kann am Körper oder auch im Gesicht auftreten und man sieht sie auch immer häufiger auf der behaarten Kopfhaut. Gerade dort sind oft kleine Kinder betroffen.

Warum kleine Kinder häufiger von Hautpilzen betroffen sind

Wenn eine gesunde Hautbarriere vorhanden ist, hat ein Hautpilz kaum eine Chance, solange übliche Hygieneregeln eingehalten werden. Sobald die Haut aber trocken ist oder eine Neigung zu Neurodermitis hat, kann es passieren, dass sich ein Pilz mit seinen Sporen auf der Haut festsetzt. Insbesondere die Haut von Kindern unter zehn Jahren ist sehr trocken, denn es fehlen ihr Fette und Fettsäuren. Dadurch sind Kinder in diesem Alter eher betroffen, denn letztere sind antimikrobiell wirksam gegen Pilze, insbesondere auf der Kopfhaut.
ZDFheute: Wie wird eine durch Tiere verursachte Hautpilz-Infektion festgestellt?
Nenoff: Gerade wenn die Infektion eitrig ist, wird oft eine bakterielle Infektion angenommen. Dann wird meist mit Antibiotika behandelt, äußerlich und oft auch innerlich. Den Kindern geht es insgesamt nicht schlecht, aber der schmerzende Befund auf der Kopfhaut wird einfach nicht besser. Spätestens nach vier bis sechs Tagen erfolgloser Therapie mit einem Antibiotikum sollte man deshalb eine Labor-Diagnostik durchführen, am besten per PCR-Test.
ZDFheute: Wie wird eine Hautpilz-Infektion behandelt?
Nenoff: Zunächst wird äußerlich therapiert, mit Cremes und Lösungen. Wenn die Infektion sehr ausgeprägt ist, muss zusätzlich innerlich mit einem Antimykotikum in Tablettenform behandelt werden. Insbesondere bei den Kleinkindern sind diese relativ stark wirksamen Anti-Pilz-Mittel in Deutschland nicht zugelassen. Wir brauchen dann das Einverständnis der Eltern.
Aber: In der Schweiz, Österreich und den USA sind diese Medikamente für Kinder zugelassen. Ich denke daher, wir sind damit in einem ganz sicheren Bereich. Die Behandlung selbst kann sich über Wochen hinziehen.
ZDFheute: Wie gefährlich wird es, wenn man nicht richtig und rechtzeitig behandelt?
Nenoff: Wir können beruhigen und sagen, es ist eine ernste Situation, sehr schmerzhaft häufig, aber Ihr Kind stirbt nicht daran. Die Infektion geht manchmal tief in die Haut hinein, aber zum Beispiel nicht ins Gehirn, wovor manche natürlich Angst haben. Allerdings: Wird nicht behandelt, drohen am Kopf zum Beispiel bleibender Haarverlust und Narbenbildung an den betroffenen Stellen.
Das Interview führte Julia Tschakert, Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

Mehr zum Thema Hautgesundheit

Mehr zum Thema Haustiere