: Wie gewaltfreie Kommunikation klappen kann

von Michael Kniess
18.05.2024 | 06:33 Uhr
Auseinandersetzungen mit anderen sind unangenehm, aber manchmal führt kein Weg an ihnen vorbei. Wer konstruktiv mit Konflikten umgeht, hat mehr vom Leben: So gelingt der Streit.
Richtig streiten in der Partnerschaft will gelernt sein. Worauf man bei der Kommunikation achten sollte, damit der Streit konstruktiv wird.Quelle: Colourbox.de
Alle tun es. Die einen laut, die anderen leise. Manche knallen Türen, andere überziehen sich gegenseitig mit Schimpftiraden. Die einen fordern die Konfrontation heraus, die anderen suchen bereits bei den kleinsten Misstönen das Weite. Die Rede ist vom Streit. Er ist fester Bestandteil des Alltags in Familien, unter Freunden oder am Arbeitsplatz. Und er ist wichtig, ja sogar unabdingbar, so unangenehm er meist doch ist.
Ein Streit kann zwischenmenschliche Beziehungen stärken, wenn er richtig geführt wird.
Susanne Galsterer, Kommunikationstrainerin und Mediatorin

Streiten kann ungesund sein, nicht streiten ist ungesund

Gemeinsam mit Magdalena Steib führt Kommunikationstrainerin und Mediatorin Susanne Galsterer seit zehn Jahren die Streitschule Nürnberg. "Das Austragen einer Meinungsverschiedenheit hilft dabei neue Sichtweisen kennenzulernen, fördert den Austausch und die Frustrationstoleranz, die es im Zwischenmenschlichen immer wieder braucht", sagt Galsterer.

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Bleibt der Streit konstruktiv und sachlich, kann eine Auseinandersetzung sogar Türen öffnen, sind die beiden Streit-Expertinnen überzeugt. "Jemand, der vorher auf seiner festgefahrenen Meinung beharrt hat, erhält Gegenargumente, kann sich neue Gedanken machen. Außerdem werden einem die eigenen Bedürfnisse bewusst gemacht und man kann sich selbst weiterentwickeln", so Diplom-Sozialwirtin und Mediatorin Magdalena Steib.
Wenn Probleme ignoriert und nicht bewusst und offen angesprochen werden, können sie auch nicht geändert und gelöst werden, was zu verhärteten Fronten führt und auf Dauer ungesund ist.
Magdalena Steib, Diplom-Sozialwirtin und Mediatorin

Susanne Galsterer und Magdalena Steib

Susanne Galsterer

Quelle: Streitschule Nürnberg
Susanne Galsterer ist seit dem Jahr 2000 als freiberufliche Kommunikationstrainerin tätig. Sie ist zudem ausgebildete Mediatorin und ist der Überzeugung, dass die Arbeit an Lösungen Spaß machen darf. Gemeinsam mit Magdalena Steib führt sie seit zehn Jahren die Streitschule Nürnberg, in der lebendig und praxisorientiert das Handwerkszeug zu konstruktivem und fairem Streiten vermittelt wird - gemäß dem Motto: "Türen öffnen" statt "Türen knallen".

Magdalena Steib

Quelle: Streitschule Nürnberg
Diplom-Sozialwirtin Magdalena Steib ist ausgebildete Mediatorin und auch im Bereich Gewaltprävention tätig. Seit 2009 arbeitet sie als Trainerin für ein Gewalt- und Mobbingpräventionsprojekt an Schulen. Zusammen mit Susanne Galsterer führt sie die Streitschule Nürnberg. Diese ist Teil eines deutschlandweiten Netzwerks für richtiges und konstruktives Streiten.

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Erst schlafen, dann streiten

Denn ungelöste Konflikte rauben auf Dauer nicht nur Energie, zerstören Beziehungen, behindern Arbeitsabläufe, sondern machen nicht zuletzt auch krank. Wer seinen Ärger stets und über längere Zeit in sich hineinfrisst, erhöht die Gefahr Bluthochdruck zu bekommen oder depressiv zu werden. Streitet man häufig und falsch, steigt dagegen beispielsweise das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Rumbrüllen, Türen knallen und Ellenbogen ausfahren ist aus Sicht von Susanne Galsterer und Magdalena Steib deshalb keine gute Idee. Ihr Credo, damit am Ende eines Streits nicht nur verletzte Gefühle stehen: In der Ruhe liegt die Kraft. Statt sich aus der ersten Wut heraus Worte oder gar Schlimmeres um die Ohren zu hauen, raten sie zunächst eine Nacht über ein Thema zu schlafen, bevor man das gemeinsame Gespräch sucht.

Gewaltfreie Kommunikation mit "Ich-Botschaften"

Für das gemeinsame Gespräch gilt: Sachlich bleiben, seine eigenen Grenzen und die des Gegenübers wahren, Höflichkeit an den Tag legen, auf Schuldzuweisungen verzichten und stattdessen auch selbst Verantwortung übernehmen, sich ausreden lassen, einander zuhören. Wichtig sind vor allem sogenannte "Ich-Botschaften". "Statt dem anderen Vorwürfe zu machen, weil er einen mit einer Aussage oder einem Verhalten verletzt hat, sollte man besser erklären, wie man sich damit fühlt und warum", betont Susanne Galsterer.
Ein weiterer Tipp: Dem Gesprächspartner genau zuhören, durch gezielte Fragen Verständnis und ein offenes, positives Gesprächsklima aufbauen und Missverständnisse vermeiden. "Ziel sollte es immer sein, nach konstruktiven Lösungen und Kompromissen zu suchen, die für beide Seiten akzeptabel sind", unterstreicht Magdalena Steib. Was banal klingt, ist für die meisten Menschen nur durch ernsthaftes Training erreichbar.

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Konstruktives Streiten ist ein essenzielles Werkzeug

Deshalb sei es wichtig, bereits möglichst bei seinen Kindern anzufangen, die Weichen zu stellen, um später gut streiten zu können, so die Streit-Expertinnen. Das zahle sich aus, auch im Job. Denn die Fähigkeit, konstruktiv streiten zu können, gilt als essenzielles Werkzeug, um erfolgreich für seine eigenen Interessen einstehen zu können. Die gute Nachricht: Konstruktiv streiten kann jeder, und wenn man es noch nicht kann, lässt es sich erlernen. Die Belohnung: weniger Magenschmerzen und ein zufriedeneres Leben.

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