: Schwimmen lernen ist Luxus

von Ina Baltes
24.08.2024 | 13:02 Uhr
Teilweise dauert es Monate, bis Plätze frei werden. Viele Kinder stehen auf den Wartelisten der DLRG für Schwimmkurse. Besonders die "Seepferdchen-Kurse" sind komplett überlaufen.
Mittlerweile ist es fast Glück, wenn ein Kind einen Schwimmkurs besuchen kann.Quelle: dpa
Leah, Alexander und Daria sind nur zu dritt im Schwimmkurs, umso intensiver kann sich Trainerin Stephanie Stollhoff mit ihnen beschäftigen. Die drei Kinder aus Hattingen haben Glück. Für sie als Vorschulkinder bietet die Kita einen Schwimmkurs. Die Eltern empfinden das als Luxus.
Sie müssen zwar zahlen, aber fast alle machen mit, weil sie froh sind, wenn die Kinder sicher schwimmen können. Besonders im Urlaub, so erzählt Leahs Mutter, Nathalie Altenbeck, sei es eine große Erleichterung, wenn sie am Pool nicht mehr so ganz genau auf ihre Tochter aufpassen müsse.

Viele Kinder lernen normalerweise in der Grundschule schwimmen. Doch immer mehr Bäder schließen, weil die Kommunen sparen müssen. Das hat Folgen für die Kinder.

26.08.2024 | 01:20 min

Bis zu 25 Euro für einmal Schwimmunterricht

Sie zahlen für zehn Stunden 110 Euro an den Schwimmverein Hattingen. Das geht für die meisten Eltern so gerade. Private Anbieter verlangen bis zu 25 Euro pro Stunde. Für viele Eltern ist das kaum erschwinglich, berichtet Nathalie Altenbeck. Allerdings gibt es für sozial schwache Familien auch staatliche Hilfe über sogenannte Bildungs- und Teilhabepakete.
Luxus ist es in Deutschland aber auch, überhaupt einen Platz im Schwimmkurs zu ergattern. Landauf landab sind die Schwimmkurse voll, viele Verbände des DLRG berichten von langen Wartezeiten. Jochen Lumbeck vom Schwimmverein Hattingen erzählt: "Die Leute rennen mir die Bude ein".

Viele kommunal betriebene Schwimmbäder müssen schließen. Die Anlagen sind veraltet und die Sanierungskosten zu hoch. Im 1200-Seelen-Ort Tannheim halten die Bürger ihr Freibad in Eigenleistung in Schuss.

10.08.2024 | 05:48 min

DLRG: Seepferdchen reicht nicht für sicheres Schwimmen

Bei den Kursen für Seepferdchen herrscht der größte Bedarf. Denn Schwimmen lernen sollte man idealerweise im Alter von vielleicht 4 bis 5 Jahren. Sicher Schwimmen kann man nach dem Seepferdchen-Abzeichen alleine allerdings nicht. Frank Zantis von der DLRG, der "Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft", erklärt: "Erst mit dem Bronze-Abzeichen können die Kinder gut schwimmen."
Der Hauptgrund für die "Mangelware Schwimmkurs" ist, dass es immer weniger Schwimmbäder gibt. Die letzte Sportstättenstatistik der Länder wies für das Jahr 2000 rund 6.700 Hallen-, Frei- und Schulbäder aus. Heutzutage bestehen nur noch rund 5.200 solcher Schwimmbäder. Viele schließen ganz einfach, weil der Betrieb oder die Sanierung für die Kommunen zu teuer ist.
Hinzu kommt auch hier der Fachkräftemangel: Die meisten Schwimmlehrer arbeiten ehrenamtlich für eine sehr geringe Aufwandsentschädigung. Eine Befragung aller Grundschulen im vergangenen Schuljahr in Baden-Württemberg ergab, dass 20 Prozent der Schulen dort keinen Schwimmunterricht anbieten können. 40 Prozent der Schulen gab an, dass fehlendes qualifiziertes Personal mit dafür ursächlich sei.

Mohammed Shaban hat eine Mission: Kindern die Angst vor dem Wasser nehmen. Der Syrer ist 2015 über das Mittelmeer geflüchtet und arbeitet als jetzt Schwimmlehrer.

31.07.2024 | 03:54 min

Politik hat ihr Versprechen nicht gehalten

Dabei ist Schwimmen Bestandteil der Lehr- und Bildungspläne aller Bundesländer für den Sportunterricht. Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder formulierte vor sieben Jahren einhellig: "Grundlegendes Ziel des Schwimmunterrichts ist das sichere Schwimmen." Doch laut repräsentativer Umfragen der DLRG durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa in 2017 und 2022 geht man davon aus, dass mehr als die Hälfte der Kinder keine sicheren Schwimmer sind, wenn sie die Grundschule verlassen.
Die Schwimmbäder schließen, die Trainer sind knapp und zudem bräuchten viele Kinder, so Frank Zantis von der DLRG, auch länger als früher um sich an Wasser zu gewöhnen. Viele Eltern gehen - zum Beispiel auch aus finanziellen Gründen - seltener ins Schwimmbad als früher. Oft seien die Kinder daher einfach verängstigt oder wasserscheu.

Mit Freund Simon besucht Conni einen Schwimmkurs.

01.10.2022 | 02:38 min

NRW: Mobile Schwimmcontainer kommen zu Schulen und Kitas

Um den Stau bei den Schwimmkursen aufzulösen, fordert die DLRG-Vorsitzende Ute Vogt in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" einen runden Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden. Einige Bundesländer haben bereits Ideen entwickelt.
In Nordrhein-Westfalen etwa gibt es das Projekt "Narwali". Narwali leitet sich ab vom Narwahl, eine Art des Zahnwals. Vier Narwalis fahren durch NRW. Das sind mobile Schwimmcontainer auf Rädern, die alle sechs Wochen zu einer anderen Schule oder Kita transportiert werden. Zwei kleine Umkleiden, eine Dusche, der Rest des Containers ist voller Wasser. Zumindest ist das ein erster Schritt, damit mehr Kinder zunächst mal einfach nur ins Wasser kommen.

ZDFheute auf WhatsApp

Quelle: ZDF
Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.

Thema

Mehr News der DRLG