: Darum ist Freiburg derzeit so erfolgreich

von Ralf Lorenzen
23.04.2023 | 07:49 Uhr
Bei den Spieler-Gehältern nur auf Platz 14 und trotzdem kurz vor der Champions League: Wie macht der SC Freiburg das? Die Schlüsselwörter heißen: Kontinuität und Emotionalität.

Der SC Freiburg setzt auf Kontinuität im Verein und hat damit seit Jahren Erfolg. Nun winkt erstmals die Königsklassen-Teilnahme. Manu Thiele analysiert den besonderen Weg des SC.

20.04.2023 | 14:18 min
Es war eine Allerweltsfrage, die Christian Streich nach dem 2:1-Sieg gegen bei Werder Bremen am vergangenen Sonntag gestellt wurde. Erst schien er keine richtige Lust zu haben, darauf zu antworten, was es ihm bedeute, dass der SC Freiburg gerade sein 1000. Bundesliga-Tor bei seinem 250. Bundesliga-Sieg erzielt habe. Dann entfaltete er über fast eineinhalb Minuten die Geheimnisse des Erfolgs.

Streich: Von der Fußballschule zu den Profis

"Wenn ich mir vorstelle, was wir für eine Infrastruktur hatten, hätte sich das in den 1980er Jahren niemand erträumen lassen", sagte der SC-Trainer in fast andächtigem Ton. "Da wurde von gewissen Leuten im Verein außergewöhnliche Arbeit geleistet, von Volker Finke und seinen ganzen Leuten, und von Achim Stocker, unserem verstorbenen Präsidenten. Wir konnten dann schon mit anderen Möglichkeiten von der Fußballschule in die Profiabteilung rübergehen. Wir haben viele Spieler mitgenommen, die dann Profis wurden."

Der SC Freiburg hat in Bremen seine internationalen Ambitionen unterstrichen. Die Breisgauer gerieten in Rückstand, drehten dann die Partie und feierten ihren 250. Bundesliga-Sieg.

16.04.2023 | 07:21 min
In diesen Worten steckten zwei der Momente, die den Klub prägen und bis kurz vor die Champions League geführt haben: Kontinuität und Emotionalität. "Vorstand Sport Jochen Saier ist seit 2002 im Verein, Vorstand Finanzen Oliver Leki seit 2013, Sportdirektor Klemens Hartenbach seit 2001 und Trainer Christian Streich sogar seit 1995", sagt  Manu Thiele in seinem aktuellen Bolzplatz. Das Trio Streich, Hartenbach, Saier arbeitet von seinen Anfängen in der Fußballschule bereits seit über 20 Jahren eng zusammen.

Freiburger Kaderplanung: Der Charakter muss passen

In Abwandlung einer beliebten Fußball-Plattitüde könnte man nun sagen: Kontinuität schießt keine Tore. Das Festhalten an eingespieltem Personal, wie es in Freiburg sogar nach dem Abstieg im Jahr 2015 praktiziert wurde, muss sich in Qualitäten auf dem Platz übertragen.
Das passiert in Freiburg vor allem dadurch, dass auch in der Kaderplanung auf Kontinuität geachtet wird.
Die Bosse haben ein gutes Auge dafür, wer charakterlich zum Verein passt.
Manu Thiele
"Im Schnitt 3,5 Jahre bleibt ein Spieler da, in der Liga ist das die zweitlängste Zeit!" Das hat Folgen: Neue Spieler treffen auf ein menschlich und sportlich eingespieltes Gebilde, das sich immer besser kennenlernt.  

Rückkehr in die Geborgenheit

"Wir haben viele Spieler, die sich auch individuell in der Mannschaft nochmal weiterentwickelt haben", sagt Freiburgs Kapitän Christian Günter im Bolzplatz. "Wir haben mittlerweile viele Nationalspieler, die sich das über die Jahre erarbeitet haben."
Günter hebt die große Zusammengehörigkeit im Team hervor, die zu einem anderen wichtigen Baustein der Kaderzusammensetzung führt. Spieler wie Vincenzo Grifo und Matthias Ginter sind aus größeren Klubs in die "Geborgenheit" des SC, wie Günter es nennt, zurückgekehrt.
Günter, der als 13-Jähriger zum Klub kam, ist selbst das Paradebeispiel für einen weiteren Vorteil der Kontiunität. "Der SC hat es geschafft, Eigengewächse gut zu integrieren", sagt Manu Thiele. "Aus dem aktuellen Kader haben sie insgesamt 889 Liga-Spiele im rot-schwarzen Trikot bestritten, das ist mit weitem Abstand der Top-Wert!"

Der Faktor Christian Streich

Dass Kontinuität und Veränderung sich nicht ausschließen, hat der Klub gerade mit dem Bau des neuen Stadions bewiesen. Mit ihm hat er eine Spielstätte, die auch in der Champions League bestehen kann. Damit der SC dahin kommt, wird die emotionale, aber auch schon des Öfteren sanktionierte, Ansprache von Trainer Streich weiter ein wichtiger Faktor sein.
Eine seiner früheren Schützlinge erinnert sich im Bolzplatz daran, dass Streich einmal versuchte, ruhiger zu werden. "Dann kamen Spieler auf ihn zu: Trainer, so geht es nicht", sagt der ehemalige U19-Spieler Vincent Keller.
"Wir brauchen ihre natürliche Energie, wir brauchen ihre natürliche Emotionalität, wir können nicht damit umgehen, wenn sie auf einmal ruhig an der Seitenlinie stehen oder im Training nicht mit der gleichen Emotionalität dabei sind."

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