: Zweifel an Nagelsmann als Bundestrainer

von Felix Rappsilber
21.09.2023 | 00:00 Uhr
Sportjournalist Philipp Köster zweifelt, ob Julian Nagelsmann als neuer Bundestrainer begeistern kann. Gleichzeitig warnt er vor der Bedrohung für den Fußball aus Saudi-Arabien.

Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" in voller Länge.

21.09.2023 | 44:42 min
Pfiffe auf den Tribünen, Ratlosigkeit im Stadion: Für den Sportjournalisten Philipp Köster zuletzt stetige Begleiter bei Spielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.
In den letzten Spielen vor Rudi Völlers Kurzeinsatz als Teamchef habe man "gemerkt, wie fremd die Nationalelf den Leuten geworden ist", sagte er am Mittwochabend bei Markus Lanz.
Diese Riesendistanz muss verschwinden und man muss näher aneinanderrücken.
Philipp Köster, Sportjournalist

Köster hat Zweifel bei Nagelsmann

Ob der neue Bundestrainer Julian Nagelsmann diese Distanz loswerden könne, bezweifelte Köster. Zwar sei er "definitiv" einer der Trainer, die Mannschaften "toll einstellen" könnten.
Aber: "Bei Rudi Völler denken wir sofort an die WM 2002. 'Es gibt nur einen Rudi Völler.' Wir denken an 1986, wo er ein Tor im WM-Finale gemacht hat, 1990 Weltmeister."

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Das sei bei Nagelsmann anders: "Das ist so einer, der dann mal mit dem Skateboard zur Arbeit kommt, eine neue Modekollektion, ob geschmackvoll oder nicht, ausprobiert, aber er ist taktisch einwandfrei, ohne Zweifel."
Dennoch fehle Nagelsmann alles, was Rudi Völler gehabt habe, "diese wohlige Familienstimmung, Mannschaftsgeist, Kameradschaft". Was auch daran liege, dass er nie Nationalspieler gewesen sei.

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Köster: Entfremdung im Fußball

Man müsse das "Kulturgut Fußball" bewahren, sagte Köster. Seit den Neunzigerjahren drehe sich eine Spirale immer schneller:
Wir haben uns an alles gewöhnt, dass Einlaufkinder gesponsert werden, dass Stars mit hunderten Millionen Euro auf dem Gehaltszettel bei uns kicken.
Philipp Köster, Sportjournalist
Inzwischen gebe es "permanent Werbung während des Spiels", statt nur in der Halbzeitpause. Alles werde "nur noch auf die Fernsehzuschauer ausgerichtet", die Leute im Stadion seien "viel weniger gefragt als früher".
Dadurch finde eine "Entfremdung" statt, obwohl man im Fußball "Begeisterung, Kameradschaft, natürlich auch große sportliche Wettstreite" suche.

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Köster: Kulturkern des Fußballs noch nicht zerstört

Köster sagte: "Ich glaube, dass es noch einen Kulturkern des Fußballs gibt, der bisher nicht zerstört worden ist." Dieser sei aus einer "symbiotischen Beziehung zwischen Fans und den Leuten auf dem Rasen" entstanden.
Doch es gehe nicht mehr um Teilhabe, "dass die Leute im Stadion sind und Fahnen schwenken und von Rostock nach Freiburg fahren und umgekehrt."
Die Kommerzialisierung des Fußballs tue vieles dafür, "dass dieses Band getrennt wird: 'Ihr seid nur noch Zuschauer. Ihr guckt euch an, wie Lionel Messi in Miami Tore schießt und Cristiano Ronaldo in Saudi-Arabien.'"

Sons: Saudi-arabischer Fußball für Teilhabe

Saudi-Arabien sei nicht der Erfinder dieser Kommerzialisierung, wandte Islamwissenschaftler Sebastian Sons ein. Mit Öleinnahmen versuche das Land, sich seinen "eigenen Platz im Weltfußball" zu erkaufen.
Kronprinz Mohammed bin Salman wolle der eigenen Bevölkerung im Fußball, im Sport generell und im Entertainment "etwas geben, was sie bisher nicht hatte". Seine dem Machterhalt dienende Botschaft: "Ihr habt jetzt etwas Neues, ein neues Saudi-Arabien. Daran könnt ihr teilhaben."
Sportswashing, um von Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land abzulenken, spiele aber natürlich auch eine entscheidende Rolle. Das dortige Narrativ über den europäisch geprägten Fußball laute: "Wenn jemand wie Saudi-Arabien oder Katar als New Kid in Town versucht, den Laden aufzumischen, wird das erst mal abgelehnt, weil das eben nicht der Fußball ist, den man in Europa gerne hätte."

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