Felix Sanchez hat ein leichtes Leuchten in den Augen gehabt, als der Spanier am Samstag in den holzvertäfelten Pressekonferenzsaal 1 des Mediencenters von Doha erschien. Gleich neben der Nationalbibliothek von Katar gab der Coach von Katar die erste Pressekonferenz aller Nationaltrainer in dem Prachtbau.

Eine Ehre, die dem WM-Gastgeber vor dem Eröffnungsspiel gegen Ecuador (Anstoß: 17 Uhr/ZDF) gebührte. Der 46-Jährige ist der Lehrmeister einer international weitgehend unbekannten Mannschaft, die als Wundertüte aus der Wüste auftritt. "Es ist ein ganz spezieller Moment für uns", sagte Sanchez.

Er ging bereits 2006 ins Wüstenemirat, um sich um den Nachwuchs der katarischen Kicker zu kümmern, übernahm sieben Jahre später die U19 und vor fünf Jahren die A-Nationalmannschaft. Klar, dass die meisten Spieler an seinen Lippen hängen.

Als "Familie" bezeichnet sich Katars Auswahl gerne, und der Fußballlehrer ist ihr Patriarch. Der spanische Entwicklungshelfer arbeitet so gut, dass die Landesväter darauf verzichteten, einen großen Namen einzukaufen. 2019 wurde Katar unter seiner Regie bereits Asienmeister. "Wir werden wettbewerbsfähig sein," , erklärte Sanchez.

Über Soziale Medien verbreitete Gerüchte, Katar habe Ecuador sogar für den WM-Auftakt bestechen wollen, wies der Spanier entschieden von sich: "Das Internet ist gefährlich. Wir konzentrieren uns darauf, dass wir unsere Leistungen bringen. Das andere interessiert uns nicht."

Schließlich steigt im Stadion Al Bayt in der Küstenstadt Al-Khor 40 Kilometer nördlich von Doha das wichtigste Länderspiel der Geschichte. Eine "großartige Party, die alle genießen sollen", kündigte der Nationalcoach an. Mit seinem Ensemble können sich auch die meisten der knapp 300.000 Kataris noch identifizieren.

Anders als vor der Handball-WM 2015, als sich das Emirat eine kleine Weltauswahl zusammenstellte, die sogar Deutschland bezwang, sind an Einbürgerungen im Fußball höhere Hürden geknüpft. Brasilianische Profis wie Bundesliga-Torjäger Ailton, Dede und Leandro standen 2004 mal auf der Wunschliste von Katar, doch die Fifa verschärfte alsbald die Statuten.

Einige Kicker haben allerdings ausländische Wurzeln: Rechtsverteidiger Pedro Correira kommt aus Portugal, Stürmer Almoez Ali aus dem Sudan, die Abwehrspieler Bassam Al-Rwai und Al-Sadds Boualem Khouki aus dem Irak bzw. Algerien. Doch internationale Stars, die den Unterschied machen, sind sie nicht. Deshalb sprach Kapitän Hassan al-Haydos vor allem über die "große Ehre", aus der seine Mannschaft die Kraft schöpfe.

Sanchez gibt sich für die erste WM-Teilnahme keinen Illusionen hin, hat vor den weiteren Gruppengegnern Niederlande und Senegal allergrößten Respekt: "Wir treffen auf Teams, die im WM-Finale standen oder Afrika-Meister sind. Wir versuchen, unseren Stolz zu wahren."

Einblicke in die mit Millionenaufwand errichtete Aspire Academy, die hochmoderne Trainings- und Ausbildungsstätte des katarischen Fußballs, gab es zuletzt kaum. Das Versteckspiel folgt einem klaren Plan, den Rest der Welt zu überraschen.

Katar spielte 2019 bei der Copa America (Vorrunden-Aus), 2021 beim Gold Cup in Nord- und Mittelamerika (Halbfinale) und zwischendrin außer Konkurrenz bei der WM-Qualifikation in Europa mit. Das Team ist seit Wochen zusammen, testete oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Qatar Stars League endete vor zwei Monaten, um allen Spielern eine gemeinsame Vorbereitung zu ermöglichen. Davon konnten alle anderen Nationaltrainer dieser WM nur träumen.