: Der Hertha-Weg: Zurück nach vorn

von Ralf Lorenzen
02.02.2023 | 08:11 Uhr
Neue Führung und Suche nach neuem Investor: Hertha BSC versucht mal wieder einen Aufbruch. Diesmal mit leisen Tönen. Bolzplatz by Manu Thiele checkt, ob das funktionieren kann.

Sportlich läuft es für Hertha BSC schlecht. Dabei steckt viel Potenzial in dem Klub. Mit "777 Partners" steht ein Investor bereit, der der Hertha neues Leben einhauchen will.

02.02.2023 | 14:41 min
In diesen Tagen gucken die Fußballfans wieder nach England, wo die Premier League mit Transferausgaben von über 800 Millionen Euro einen neuen Rekord-Winter verzeichnet. Die Zeiten, da die Bundesliga finanziell mithielt, scheinen eine Ewigkeit her.
Umso überraschender ist der Rückblick in den Transferwinter 2019/20. Die europäische Transfertabelle wurde damals vom Tabellenzehnten der Bundesliga angeführt: Hertha BSC gab 77 Millionen Euro für neue Spieler aus.

Hertha zwischen Geldschwemme und Finanznot

In drei Jahren wollte Hertha mit den Millionen des Investors Lars Windhorst und der Expertise von Star-Trainer Jürgen Klinsmann in Riesenschritten von der grauen Maus zum "Big City Club" aufsteigen.

Mit rund 374 Millionen Euro ist Lars Windhorst bei Hertha BSC engagiert. Ein Verein im Spannungsverhältnis zwischen Kommerz, Fans, Tradition und Individualinteressen.

20.12.2020 | 29:35 min
In seinem aktuellen Bolzplatz zeichnet Manu Thiele die Fehler nach, die seitdem gemacht wurden. Und die dazu geführt haben, dass Hertha BSC in akuter Abstiegsgefahr und finanziellen Nöten steckt. "Wenn man sich überlegt, dass im Sommer 2019 375 Millionen Euro hier reingesteckt wurden - und jetzt muss Hertha überlegen, ob sie noch die 500.000 Euro aufbringen können, um Florian Niederlechner vorzeitig zu verpflichten, dann merkt man relativ schnell: So gut funktioniert hat das nicht", sagt der Sportjournalist und Hertha-Fan Louis Richter im Bolzplatz.

Hertha will raus aus den Negativschlagzeilen

Die Gründe sind hinlänglich bekannt: Keine Kontinuität auf dem Trainerposten, zahlreiche Fehleinkäufe, fehlende Spielphilosophie, zu hohe Gehaltskosten, schmutzige Machtkämpfe.
Letztere kulminierten im Rücktritt von Präsident Werner Gegenbauer und dem Rückzug von Windhorst. Die sportliche Talfahrt mündete schließlich vergangene Woche in die Entlassung von Geschäftsführer Fredi Bobic durch Präsidium und Aufsichtsrat.
Doch neben diesen Negativ-Schlagzeilen beginnt langsam ein anderes Wort an Farbe zu gewinnen: Aufbruch. Und soll erstmal zurückführen, nämlich zu den eigenen Wurzeln, so der neue Hertha-Präsident Kay Bernstein:
Wir brauchen unseren Hertha-Weg, wir brauchen mehr Leidenschaft, mehr Überzeugung, mehr Hertha-DNA im täglichen Brennen für den Verein.
Kay Bernstein

Treue zu Trainer Schwarz

Erste Schritte auf diesem Weg sollen sein: Sparkurs, Festhalten an Trainer Sandro Schwarz und Vorrang für Spieler aus der eigenen Akademie vor teuren Einkäufen. Umsetzen sollen das in der sportlichen Leitung mit Benjamin Weber und Andreas "Zecke" Neuendorf zwei vertraute Hertha-Gesichter.
Der neue Investor des Klubs, an den Windhorst seine 64,7 Prozent Hertha-Anteile verkaufen will, scheint zu diesem Weg zu passen. "777 Partners" ist eine in Miami (USA) ansässige Investment-Firma mit starkem Fokus auf Finanzdienstleistungen.

Bei Transfers im Profifußball spielen Vereinsmanager und Spielerberater eine entscheidende Rolle. Ein Blick hinter die Kulissen der winterlichen Transferpoker.

29.01.2023 | 08:01 min

"777 Partners" als Pate für Traditionsvereine?

Im Fußball zielt das Unternehmen auf Traditionsvereine mit tiefen Verbindungen zu Fangemeinden, mit denen sich eine gute Geschichte erzählen lässt und die gerade stark unter Wert gehandelt werden. Alles Faktoren, die auf Hertha zutreffen.
Das Unternehmen besitzt schon Italiens älteste Fußballmannschaft, den Genoa Cricket and Football Club, und Beteiligungen am spanischen FC Sevilla, am brasilianischen Vasco da Gama und am Melbourne Victory FC in Australien.
Ähnliche Multi-Klub-Modelle gibt es auch bei Red Bull mit fünf Klubs und der City Football Group mit elf Klubs.

Skeptische Hertha-Fans

"Die Idee dahinter ist, dass sich Wertsteigerungen von Spielern besser planen lassen, wenn ich ein ganzes Portfolio an Teams in unterschiedlichen Leistungsklassen habe", sagt Sportökonom Christoph Breuer bei Manu Thiele.
Ein Modell, das bei den Fans teilweise für Bauchschmerzen sorgt. "Das wirkt dann eher wie ein Produkt als ein gewachsener Verein", sagt Journalist Louis Richter.
Manu Thiele sieht in seinem Fazit dennoch die Chance, dass Hertha mit Bodenständigkeit und Ruhe das Image des Chaosklubs loswerden und so die Grundlage für sportlichen Erfolg legen könnte.

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