: EM-Generalprobe: Mehr ein Stimmungstest

von Frank Hellmann
07.06.2024 | 07:03 Uhr
Die EM-Generalprobe gegen Griechenland wird von Julian Nagelsmann nicht überbewertet. Ernst wird es erst mit dem Eröffnungsspiel gegen Schottland eine Woche später.
Unmittelbar nach dem Griechenland-Spiel muss er seinen EM-Kader einreichen: Bundestrainer Julian Nagelsmann.Quelle: IMAGO / MIS
Hoffnungsvoll sind die Fans der deutschen Nationalmannschaft ja schon, die sich Tickets für den Borussia-Park gesichert haben. Das Stadion in Mönchengladbach ist ausverkauft, wenn hier die EM-Generalprobe gegen Griechenland (Freitag 20.45 Uhr/RTL) steigt.

Julian Nagelsmann, der Stark-Reder

Spötter sagen, es sei kinderleicht, das Publikum besser zu unterhalten als bei den Heimspielen der Fohlenelf, die durch die gesamte Saison ziemlich unrund galoppierte. Besser scheint die DFB-Auswahl unterwegs, die durch Julian Nagelsmann auf Trab gebracht worden ist.
Ein Bundestrainer, der - nicht nur rhetorisch - ganz anders rüberkommt als seine Vorgänger. Der 36-Jährige übermittelt schon mit Worten eine Dynamik, der die Spieler zuletzt Taten haben folgen lassen.
Es wird schwungvoll nach vorne kombiniert - und dies mit besserer Absicherung als früher. Nagelsmann formuliert ebenfalls offensiv, was er sehen möchte: Eine Mannschaft, "die mutig ist, die auch den Mut hat, Fehler zu machen. Eine Mannschaft, die eine Mentalität verkörpert, die typisch deutsch ist." Nagelsmann betont weiter:
Diese Mentalität muss spürbar sein: Wir stehen auf, wir packen es an.
Julian Nagelsmann, Bundestrainer
Staatstragend formuliert der Bundestrainer vor der EM-Generalprobe: "Man sollte mit dem nötigen Stolz an die Aufgabe gehen, mit Demut und mit dem Bewusstsein und der Überzeugung, dass man nicht für sich agiert, sondern im Dienste und im Auftrag seines Landes."

Auch ein Stimmungstest für die DFB-Elf

Der Vergleich gegen die nicht für die EM qualifizierten Griechen ist weniger ein Lackmustest als mehr ein Stimmungstest für die DFB-Auswahl. In Nürnberg war vor vier Tagen das stete Bemühen ja klar erkennbar.

Keine Tore im vorletzten EM-Test der deutschen Nationalmannschaft. Gegen die Ukraine spielt sich das DFB-Team reichlich Chancen heraus. Im Abschluss fehlt allerdings die Effizienz.

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Umso ärgerlicher, wenn am Ende der Ertrag nicht zum Aufwand passt. Ob Griechenland die gleiche Gegenwehr aufbringen wird wie nächste Woche die Schotten beim EM-Eröffnungsspiel in München (14. Juni/ZDF), das steht auf einem anderen Blatt.
Aber klar ist, dass eine gelungene Generalprobe die schwarz-rot-goldene Zuversicht wachsen lässt - auch wenn danach bestimmt noch keine Autokorsos mit Deutschland-Flaggen durch Innenstädte jagen. Aber das zarte Pflänzchen, von dem der Bundestrainer gerne spricht, kann ein bisschen Dünger vom Niederrhein gut vertragen.

Andrich: Schottland wichtiger als Griechenland

Einer wie Robert Andrich weiß allerdings, was wirklich zählt: das Eröffnungsspiel eine Woche später:
Bis jetzt sieht es sehr gut bei uns aus, aber wir wissen natürlich auch, dass vieles mit dem ersten Spiel steht und fällt.
Robert Andrich, Nationalspieler
Ähnlich hatte sich sein Nationaltrainer geäußert: "Wenn wir gegen Griechenland gewinnen und gegen Schottland verlieren, dann sagen die Fans nicht, wir haben gegen Griechenland gewonnen, super. Und wenn wir gegen Griechenland verlieren und gegen Schottland gewinnen, sagt kein Fan, aber gegen die Griechen haben wir verloren."
Da kennt einer die jüngere Turniergeschichte gut. Dass die DFB-Elf siegreich startete, passierte zuletzt bei der EM 2016 (2:0 gegen die Ukraine). Das ist bald 3.000 Tage her. Eine Ewigkeit.

Bundestrainer Julian Nagelsmann hat derzeit 27 Spieler im Kader, aber nur 26 dürfen nur zur EM. Im DFB-Training ab sofort dabei: Toni Kroos, Antonio Rüdiger und Nico Schlotterbeck.

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In der Gegenwart hat Nagelsmann nicht nur damit zu tun, die Sinne bei seiner fast schon in Stein gemeißelten Startelf mit den Champions-League-Siegern Toni Kroos und Antonio Rüdiger zu schärfen.

Wen streicht Nagelsmann aus dem EM-Kader?

Ganz nebenbei muss der Bundestrainer am Spieltag zu später Stunde bekanntgeben, wer von den 27 Akteuren noch gestrichen wird. Bis Mitternacht müssen die maximal 26 Spieler bei der UEFA gemeldet werden. Die vier Keeper hatten im Grunde bei der Kaderbekanntgabe einen Freifahrtschein erhalten.
Auch wenn Nagelsmann die Entscheidung erst nach dem Griechenland-Spiel verkünden wird, getroffen hat er sie bereits, wie er am Tag vor der Partie verriet. Der Spielverlauf gegen Griechenland sei für die Auswahl nicht mehr maßgeblich, es sei denn ein Spieler verletze sich schwer. Nagelsmann beteuerte nochmals, dass es kein Spieler verdient habe, aussortiert zu werden. 

Scheidet Robin Koch aus?

Es wird gemutmaßt, dass es Robin Koch trifft. In der Endphase der Saison bei Eintracht Frankfurt wirkte er nicht mehr souverän. Und nach seiner Einwechslung gegen die Ukraine spielte er den zu kurzen Rückpass, der nach dem missratenen Chipball von Manuel Neuer beinahe zum 0:1 geführt hätte.
Es kann aber auch sein, dass sich jemand noch verletzt. Ist auch schon passiert: Vor der WM 2014. Damals feierte das Publikum das 6:1 gegen Armenien nur verhalten, weil der WM-Traum von Marco Reus durch einen Syndesmodebandriss platzte. Er war damals im letzten Test ohne gegnerische Einwirkung böse umgeknickt.

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