: Doku-Serie zeigt Jan Ullrich offen wie nie

von Benno Krieger
13.07.2024 | 10:39 Uhr
Vier Doku-Episoden zeigen die Höhen und Tiefen des Lebens von Jan Ullrich. Der Ex-Radprofi dopte jahrelang und erklärt, warum er mit dem Geständnis so lange gewartet hat.
Es ist eine Dokumentation der Extreme. Gewinn der Amateur-Weltmeisterschaft 1993, Tour-de-France-Sieg 1997, Olympiasieg 2000 auf der einen und die Suspendierung von der Tour de France, der Verlust des Vaters und sein Drogenabsturz auf Mallorca auf der anderen Seite. Die vierteilige Doku-Serie über Jan Ullrich bietet tiefe Einblicke in seine schillerndsten Erfolgszeiten und seine schlimmsten Lebensphasen.
Doch die größte Aufmerksamkeit generiert die Serie mit dem Thema Doping. "Ja, ich habe gedopt." Diesen wohl entscheidenden Satz sprach Deutschlands einziger Tour-de-France-Sieger in der Doku erstmals aus und gibt zu, bereits bei seinem Tour-Triumph systematisch gedopt zu haben.
Sehen Sie alle vier Episoden der Dokumentation "Jan Ullrich - Der Gejagte" in der ZDFMediathek.

"Kokain in Massen" und 700 - 800 Zigaretten am Tag

Nachdem das Ausnahmetalent 17 Jahre geschwiegen und die Schuld von sich gewiesen hat, gesteht Ullrich, "dass ich damals niemanden betrogen habe, war falsch." In einem langen persönlichen Interview, das die vier Doku-Episoden verbindet, erklärt der Ex-Radprofi unter anderem, warum er so lange geschwiegen hat und redet offen über die Ausmaße seiner Alkohol- und Drogenabhängigkeit.
Ich habe Kokain in Massen genommen, ich habe Whisky wie Wasser getrunken.
Jan Ullrich
700 - 800 Zigaretten soll Ullrich an einem Tag auf Mallorca geraucht und dafür von zweifelhaften Bekannten Beifall bekommen haben. "Der Mix aus Whisky und Kokain hat mein Herz kälter gemacht." Der einstige Star macht deutlich, wie er sich selbst zerstörte und dem Tod nahe war. Aber ebenso, wie er es - auch mit der Hilfe Lance Armstrongs - aus dieser aussichtslosen Situation heraus geschafft hat.

Ein "Betrüger" oder ein "Opfer des Radsports"? Das sagen Amateur-Radsportler über Jan Ullrich.

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Persönlicher Jakobsweg auf dem Fahrrad

Dank professioneller Hilfe und der Unterstützung von Freunden gelang es ihm, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Jan Ullrich fuhr gemeinsam mit seinem Freund Mike Baldinger wichtige Etappen und Standorte seiner früheren Tour-de-France-Zeit ab und schaffte es so lange Jahre danach endlich, die Höhen und Tiefen seiner Karriere zu verarbeiten.

Emotionale Einblicke in Ullrichs Familie

Die Dokumentation lebt auch von ihren starken Gesprächspartnern, die sich zum Teil exklusiv äußern. Sein älterer Bruder Stefan, seine Mutter Marianne Kaatz beschreiben Jan Ullrich detailliert und insbesondere seine Ex-Frau Sara Steinhauser gibt viele emotionale Einblicke in Ullrichs schwierigste Zeit auf Mallorca.
Die Episoden zeigen außerdem, wie Ullrichs engster Kreis durch das jahrelange Doping-Schweigen und Verdrängen mitgelitten hat. Diese familiäre Dimension macht Jan Ullrichs Geschichte auch für Menschen interessant, die mit dem Radsport nur wenig zu tun haben.

Jan Ullrich über Doping, seine Abstürze und sein Kampf zurück ins Leben. Er spricht zudem über die Verantwortung des Weltverbandes und die Leistung der heutigen Stars.

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Doku beschreibt, wie Ullrichs Doping 2006 auffliegt

Selbstverständlich werden die sportlichen Höhepunkte von Jan Ullrich nicht ausgespart. Zuerst wird Ullrichs Weg als großes Talent von Rostock, Berlin und über Hamburg zur Tour de France skizziert. Dann äußern sich Radsportgrößen, wie Bjarne Riis, Richard Virenque und Ivan Basso zu Ullrichs späteren Erfolgen und zum systematischen Doping im Radsport Ende der 90er und der 2000er Jahre. Sein größter Konkurrent Lance Armstrong nennt ihn in der Doku sogar "den Auserwählten."
Spannend ist der Auftritt von seinem früheren niederländischen Manager Rudy Pevenage, der beschreibt, wie Ullrichs Blutdoping und seine Verbindungen zum spanischen Arzt Eufemiano Fuentes 2006 aufgeflogen sind.
Sogar Fuentes selbst, der eines der größten Doping-Netzwerke der Welt aufgebaut hatte, kommt zu Wort. Er erklärt jedoch erstaunlicherweise, warum er der Meinung sei, nichts Verwerfliches getan zu haben und sich trotz zahlreicher systematischer Dopingvergehen "gut" fühle.

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