FAQ

: Was steckt hinter der Börsen-Talfahrt?

von Stephanie Barrett
06.08.2024 | 07:36 Uhr
Die Finanzmärkte stehen unter Spannung: An vielen Börsen weltweit sackten am Montag die Aktienkurse ab. Woran das liegt und wie es weitergehen könnte.

Schwache US-Arbeitsmarktdaten und die Sorge vor einem Wirtschaftsabschwung in der weltgrößten Volkswirtschaft haben die Börsenkurse rund um den Globus auf Talfahrt geschickt.

06.08.2024 | 01:33 min
Fallende Kurse an vielen Börsen, Sorge um die Wirtschaft: Überraschend schwache Arbeitsmarktzahlen in den USA haben Ängste um den Zustand der US-Wirtschaft hochkochen lassen. Anleger fürchteten, dass die hohen Zinsen zu einer Rezession in den USA und anderen wichtigen Volkswirtschaften führen könnten.
Auf die Stimmung drückten auch die Furcht vor einer Eskalation im Nahen Osten sowie negativ aufgenommene Finanzberichte von US-Konzernen wie Amazon, Apple und Intel. Mit Blick auf den Kurseinbruch in Japan sagt Börsenstratege Jürgen Molnar:
Man mag das Wort Crash an der Börse ungern in den Mund nehmen, aber an diesem heutigen Montagmorgen fühlt es sich ganz danach an.
Jürgen Molnar, Brokerhaus RoboMarkets
Neben den Aktien standen die als hochspekulativ geltenden Kryptowährungen unter starkem Verkaufsdruck. Zur angespannten Lage an den Märkten wichtige Fragen und Antworten.

Wie sieht es beim Dax aus?

Vor diesem Hintergrund könne man beim Minus des deutsche Leitindex Dax fast schon von Stabilität sprechen, so Molnar. Dieser brach am Montag das dritte Mal in Folge ein. Dabei hatte das Börsenbarometer noch im Mai bei knapp 18.893 Punkten ein Rekordhoch erreicht - nun aber ist das Plus seit Jahresbeginn auf ein paar magere Prozent geschrumpft.

Was ist der Dax?

Der Deutsche Aktienindex (Dax) wird in Abständen von wenigen Sekunden den Handelstag über ermittelt - aus den Kursen der Aktien von 40 großen deutschen Unternehmen, von Bayer bis BMW und von Airbus bis SAP. Das Auf und Ab der Kurse spiegelt sich an der Anzeigetafel im Handelssaal der Frankfurter Börse - während der Löwenanteil des Handels längst über superschnelle Computer rund um den Globus erfolgt.

In der Grafikkurve des Index' bündeln sich die Meinungen der großen Geldanleger: Wird es mit der Wirtschaft bergauf gehen? Wie entwickelt sich die Konjunktur? Wie sind die Gewinnaussichten der Unternehmen?

Der Börsencrash in Japan, der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, wirkt sich nicht nur auf Asien aus. Auch die USA sorgt mit schlechten Arbeitsmarktzahlen für Panik am Markt.

05.08.2024 | 01:40 min

Wo fallen die Kursverluste besonders heftig aus?

Die Talfahrt der Aktienmärkte war auch in den USA zu beobachten: Der Dow-Jones-Index lag zuletzt bei 38.556,93 Punkten, ein Tagesverlust von 2,95 Prozent. Der Nasdaq 100 stand bei 17.658,38 Punkten, ein Minus von 4,24 Prozent. Dabei stürzten vor allem Technologietitel abermals ab - ähnlich wie in Asien.
Für Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Bank, kam der Kurseinbruch überraschend: "Dass die US-Wirtschaft aufgrund der höheren Zinsen etwas abkühlt, das wussten wir schon lange, und war auch gewollt, um die Inflation zu bekämpfen. Von Rezession kann aber keine Rede sein, die US-Wirtschaft läuft immer noch auf sehr hohem Niveau aber etwas langsamer."
Auch in Südkorea fiel der Aktienindex rapide.Quelle: dpa
Insbesondere die asiatischen Börsen wurden am Montag hart getroffen. Der Nikkei 225 brach um 12,4 Prozent ein, nachdem der japanische Leitindex noch Mitte Juli einen historischen Höchststand erreicht hatte. Allerdings erholten sich die japanischen Aktienmärkte in einer überraschenden Kehrtwende schon am Dienstag von diesem historischen Einbruch.
Nach dem größten Tagesverlust seit dem Schwarzen Montag 1987 verzeichnete der Nikkei-Index jetzt den größten Tages-Punktgewinn seiner Geschichte. In Tokio stieg der 225 Werte umfassende Nikkei-Index um 9,4 Prozent auf 34 416,32 Punkte, der breiter gefasste Topix notierte 9,3 Prozent höher bei 2434,21 Punkten.
In Seoul sackte der südkoreanische Leitindex Kospi am Montag um fast 9 Prozent ab und im taiwanesischen Taipeh verlor der Taiex mehr als 8 Prozent. Es war auf Schlusskursbasis der größte jemals gesehene Tagesverlust. Am Kryptomarkt brach der Bitcoin auf das Niveau von Februar ein.

Es sei nicht "der Trend an sich infrage gestellt". So gebe es "eine recht stabile Konjunktur" in den USA, analysiert Prof. Michael Hüther, Direktor vom Institut der deutschen Wirtschaft.

06.08.2024 | 04:20 min

Was sind die Gründe für den Kurssturz in Asien?

In Tokio war es vor allem der zuletzt deutliche Anstieg der Landeswährung Yen, der die Aktienkurse der exportabhängigen japanischen Unternehmen deutlich belastete. Denn ein starker Yen verteuert die Ausfuhren des Landes tendenziell.
In Seoul und Taipeh litten hauptsächlich Technologie-Werte. Ausschlaggebend ist ein Bericht, dem zufolge der Chip-Produzent Nvidia den Start neuer KI-Chips, wegen sogenannter Designmängel, verschiebt. Nvidia war zuletzt als großer Profiteur des Booms um Künstliche Intelligenz (KI) das Zugpferd der allgemeinen Börsen-Rally.

KI verändert die Arbeitswelt. Doch wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter schulen, können Entlassungen vermieden werden. Ein Softwareentwickler aus Karlsruhe zeigt, wie es gehen kann.

28.06.2024 | 01:37 min

Warum fallen auch die Kurse in Europa?

Ein Grund ist, dass der Hype um Künstliche Intelligenz nachlässt. Diese gesunkene Nachfrage nach Wertpapieren der KI-Sparte nimmt auch hierzulande dem Markt den Wind aus dem Segel.
Brzeski meint: "Der Hype um Künstliche Intelligenz, die KI-Goldgräberstimmung hat einfach nicht die Erwartungen erfüllt. Die starken Kurssteigerungen zuletzt waren einfach nicht gerechtfertigt."
Die Euphorie der Kurse spiegelte nicht das verhaltene Wirtschaftswachstum in der Realität wider, da gab es eine gewisse Übertreibung, die jetzt korrigiert wird.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Bank

Welche Rolle spielen die Notenbanken?

Stanzl zufolge entfaltet die restriktive Geldpolitik von Europäischer Zentralbank und US-Notenbank Fed nun ihre Wirkung. Die großen Notenbanken mit Ausnahme der japanischen hatten in den letzten Jahren die Leitzinsen stark angehoben, um der hohen Inflation infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges Herr zu werden.
Die US-Notenbank bemühte sich heute, Sorgen der Investoren zu beruhigen: es gebe keine Anzeichen für eine Rezession. Brzeski erklärt: "Denn paradoxerweise ist die US-Wirtschaft trotz gestiegener Zinsen stark gewachsen, das zeigten neuen BIP-Zahlen erst letzte Woche, sie sind noch besser als im Vorjahr."

In Deutschland ist die Inflation im Juli wieder leicht angestiegen und das, obwohl Energie billiger geworden ist. Inflationstreiber waren vor allem Dienstleistungen.

30.07.2024 | 01:32 min

Was bedeutet der Kursrutsch für Anleger?

"Erst einmal scheinen starke Nerven gefragt zu sein", schrieb Aktienstratege Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen. Allerdings könnte eine Korrektur gerade bei den hochbewerteten Technologie-Werten eine allgemeine Überhitzung des Marktes vermeiden.
Vielleicht hilft es da, sich zu vergegenwärtigen, dass Aktien ein mittel- bis langfristiges Anlageinstrument sind.
Markus Reinwand, Landesbank Hessen-Thüringen

Großer Crash: Nach dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 stürzte die Welt ins Chaos. Unternehmen gingen pleite, Millionen von Menschen verloren ihren Job. Wie konnte es so weit kommen?

03.06.2024 | 44:45 min

Wie könnten die Notenbanken reagieren?

An den Märkten wird über deutliche oder sogar wie im Fall der US-Notenbank Fed außerordentliche Zinssenkungen spekuliert, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Befürchtungen, die US-Notenbank Fed könnte zu lange mit der Zinssenkung gewartet haben, und so die US-Wirtschaft abgewürgt haben, teilt Brzeski nicht: "Die Notenbanken fahren auf Sicht, die Zinssenkung im September war bereits eingepreist - jetzt ist nur die Frage, ob die nächste Zinssenkung doch größer ausfallen könnte als geplant. Statt 25 Basispunkte könnten es 50 werden - das wäre ein starkes Signal, um der Realwirtschaft stärker unter die Arme zu greifen."
Eine derart starke Zinssenkung könnte der US-Wirtschaft sogar nochmal deutlichen Rückenwind verleihen.

Wie sind die Aussichten für den Aktienmarkt?

An der grundsätzlichen Attraktivität des Aktienmarktes, insbesondere gegenüber festverzinslichen Anleihen, hat sich nach Ansicht der Experten nichts geändert. Festverzinsliche Anleihen werfen inflationsbereinigt kaum Renditen ab. Analyst Sören Hettler von der DZ Bank zeigte sich optimistisch:
Wir gehen nicht davon aus, dass sich an die derzeitige Schwächephase eine handfeste und über einen längeren Zeitraum anhaltende Krise anschließt.
Sören Hettler, DZ Bank
Die Gewinnerwartungen der Aktienunternehmen in den großen Indizes für die beiden nächsten Jahre sprächen für Wachstum.
Trotz weltweiter Krisen und Nervosität befürchtet auch der Chefvolkswirt der ING-Bank Brzeski keinen großen Crash: "Vielleicht geht es ein paar Tage runter, dann sollten sich die Kurse aber wieder stabilisieren. Denn es fehlt einfach der ganz konkrete Anlass und Auslöser, der jetzt den großen Ausverkauf rechtfertigen würde. Wer in ETF und Aktien investiert sollte einen langfristigen Anlagehorizont haben und diversifizieren."

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Quelle: ZDF
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Quelle: Mit Material von dpa

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