: Marsalek als russischer Spion verdächtigt

26.09.2023 | 17:18 Uhr
Der ehemalige Wirecard-Vorstand Marsalek steht im Verdacht, für ein russisches Spionagenetzwerk tätig gewesen zu sein. Das teilte die Londoner Staatsanwaltschaft am Dienstag mit.
Fahndungsplakat zu Jan MarsalekQuelle: Imago
Der frühere Wirecard-Manager und Justizflüchtige Jan Marsalek wird von britischen Ermittlern verdächtigt, Teil eines Spionagenetzwerks für Russland gewesen zu ein. Das geht aus einer Mitteilung der Londoner Staatsanwaltschaft vom Dienstag hervor.
Fünf Bulgaren waren zuvor vor Gericht erschienen, die gemeinsam mit Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek für Russland spioniert haben sollen. Allen fünf wird Verschwörung zur Spionage zur Last gelegt; Marsalek soll als ihr Kontaktmann fungiert haben. Die zwei Frauen und drei Männer, die bereits im Februar festgenommen worden waren, streiten die Vorwürfe ab.

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Verdacht: In Spionage für Russland verwickelt

Der Fall ist deshalb aufsehenerregend, weil die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass die Bulgaren auch Anweisungen von Marsalek bekommen hatten, der seit dem Bankrott des Zahlungsdienstleisters Wirecard im Sommer 2020 auf der Flucht ist; er wird in Russland vermutet.
Die fünf Personen werden beschuldigt, zwischen August 2020 und Februar 2023 in Marsaleks Auftrag Informationen gesammelt zu haben, die direkt oder indirekt von Nutzen für Moskau sein sollten.
Dabei soll es unter anderem um die Beschaffung von militärischer Ausrüstung für Russland, die Ausstattung mit Spionagewerkzeugen wie digitalen Geräten, Software und Hacker-Handbüchern, dem Abhören von Kommunikation und der Beschattung von Moskau unliebsamen Personen gegangen sein.

Wohl auch Nato-Einrichtung unter Spionagezielen

Neben der Beschattung von Personen soll Marsalek auch den Auftrag erteilt haben, für Russland relevante Orte wie einen Nato-Stützpunkt in Deutschland auszukundschaften. Auch die kasachische Botschaft in London soll Ziel der Bespitzelung gewesen sein.

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Die Ermittler werteten unter anderem Zeugenaussagen von Personen aus, die zum Ziel der mutmaßlichen Beschattung wurden. Bei Durchsuchungen im Zusammenhang mit dem Fall wurde auch "fortgeschrittene elektronische Überwachungsausrüstung" gefunden.
Zudem wurde eine große Zahl gefälschter Reisepässe verschiedener europäischer Länder sichergestellt. Mehrere der Angeklagten müssen sich deswegen auch wegen Dokumentenfälschung verantworten.

Marsalek soll Spionagenetzwerk auch finanziert haben

Aus den heute in London vorgelegten Gerichtsdokumenten gehe hervor, so das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", dass Marsalek von russischem Boden aus den Agentenring in Großbritannien nicht nur angeleitet, sondern auch finanziert haben soll.

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Alle fünf Beschuldigten seien für ihre Tätigkeiten von Marsalek bezahlt worden, hieß es in der Mitteilung der Londoner Staatsanwaltschaft weiter. Eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Marsaleks Anwalt mit Bitte um Stellungnahme zu den Vorwürfen blieb zunächst unbeantwortet.

Als Wirecard-Manager Milliarden-Insolvenz verschuldet?

Marsalek verantwortete bei Wirecard das Geschäft mit sogenannten Drittpartnerfirmen - externen Zahlungsdienstleistern, die im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen überwiegend in Asien abwickelten oder abgewickelt haben sollen.
Die Wirecard-Insolvenz ist einer der größten Wirtschaftsskandale der Bundesrepublik. Der frühere Konzernchef Markus Braun soll zusammen mit der restlichen Wirecard-Chefetage über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht und so hohe Kredite erschwindelt haben. Er bestreitet die Vorwürfe und macht den ehemaligen Wirecard-Vorstand Marsalek für die Insolvenz verantwortlich.

Hintergrund zum Wirecard-Skandal

Eine Recherche der Financial Times deckte Anfang Februar 2019 auf, dass Wirecard-Mitarbeiter in Singapur Kunden und Umsätze erfunden hätten, um eine Geschäftslizenz in Hongkong zu erhalten und die Ertragsziele von Wirecard zu erreichen. Im Oktober erneuerten Berichte der Financial Times den Vorwurf der Manipulation bei Wirecard. Interne Unterlagen würden nahelegen, dass Wirecard zu hohe Umsätze und Gewinne bei Tochtergesellschaften angegeben habe.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wurde von Wirecard mit einer Sonderprüfung beauftragt. Das Ergebnis der KPMG-Untersuchung wurde Ende April 2020 veröffentlicht. Danach konnten nicht alle Daten vollständig ausgewertet und somit die Vorwürfe nicht völlig ausgeräumt werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erstattete Anfang Juni 2020 wegen Verdacht auf Marktmanipulation Anzeige, dieses Mal gegen den Vorstandsvorsitzenden Braun und drei weitere Vorstandsmitglieder; die Staatsanwaltschaft ließ die Geschäftsräume von Wirecard durchsuchen. Die Wirtschaftsprüfung EY hatte die mutmaßlich gefälschten Bilanzen des früheren Dax-Konzerns über Jahre testiert.

Quelle: dpa, AP

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