: Russland verstärkt Spionage-Aktivität

von Thomas Dudek
21.03.2023 | 23:18 Uhr
In Polen wurde ein russisches Spionagenetzwerk zerschlagen. Durch die Unterstützung für die Ukraine ist aber auch Deutschland stärker in den Fokus russischer Geheimdienste geraten.
US-Hubschrauber über dem polnischen Flughafen Rzeszów-Jasionka - wegen seiner Rolle als Umschlagplatz für westliche Militärhilfen steht der Flugplatz im Fokus russischer Geheimdienste.Quelle: epa (Archiv)
Es war zuerst der private Radiosender RMF.FM, der vergangene Woche über die Zerschlagung eines russischen Spionagenetzwerks in Polen berichtete. Kurz darauf folgte die Bestätigung von offizieller Seite. "Die Verdächtigen haben Spionagetätigkeiten gegen Polen ausgeführt und zudem Sabotageakte im Auftrag des russischen Geheimdienstes vorbereitet", erklärte der polnische Innenminister Mariusz Kamiński über die mutmaßlichen Spione.
Laut aktuellen Erkenntnissen soll es sich dabei um bisher neun Verdächtige handeln, die aus Belarus und der Ukraine kommen. "Russland nutzt für solche Aktionen gerne 'Proxys', also nicht russische Staatsbürger", erläutert der Militär- und Sicherheitsexperte Nico Lange gegenüber ZDFheute.  

Belarussen und Ukrainer angeworben?

Nicht unbedeutend dürfte bei diesen Personalien auch die spezielle Situation in Polen sein. Nach den Protesten gegen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko entwickelte sich Polen zu einem Fluchtort für tausende Belarussen. Mit der russischen Invasion in die Ukraine wiederum überschritten fast zehn Millionen Ukrainer die polnisch-ukrainische Grenze, von denen 1,5 Millionen derzeit in dem Land auch leben.
Es sind Staatsbürger zweier Nachbarstaaten, die mittlerweile zum polnischen Alltag gehören und somit gegenüber Russen einen Vorteil haben. "Russische Staatsbürger wären sofort aufgefallen, weshalb Personen mit einer anderen Staatsbürgerschaft angeworben wurden", erklärte gegenüber der Tageszeitung "Rzeczpospolita" ein polnischer Experte.  

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Spionageziel Bahnstrecken

Aktiv waren die mutmaßlichen Spione in der im Südosten gelegenen Woiwodschaft Karpatenvorland, welche an die Ukraine grenzt. Dort sollen die Verdächtigen mit Hilfe von an Bahnstrecken installierten Kameras die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine ausspioniert und dokumentiert haben. Zudem hat der polnische Inlandsgeheimdienst ABW bei den Verdächtigen GPS-Sender gefunden haben, die an den Zügen installiert werden sollten.
"Aufgrund seiner Grenze mit der Ukraine spielt Polen eine zentrale Rolle bei der westlichen Militärhilfe für die Ukraine. Besonders im Fokus steht dabei der Flughafen in Rzeszów, der sich zu einem zentralen Umschlagplatz für die die militärische Unterstützung des Westens entwickelt hat", erläutert Militärexperte Lange.
Entscheidend ist dabei nicht nur die Nähe zu der ukrainischen Grenze - die Stadt Rzeszów liegt von dieser nur knapp 80 Kilometer entfernt - sondern auch die Anbindung des Flughafens an das Autobahn- und Eisenbahnnetz, das bis in die Ukraine führt. 

Informationsgewinne für Russland unklar

Unbekannt ist jedoch, welche Informationen das in Polen aufgedeckte Spionagenetzwerk überhaupt sammeln konnte. "Es ist möglich, dass der polnische Inlandsgeheimdienst während seiner Ermittlungen die mutmaßlichen russischen Agenten mit Falschinformationen beliefert hat", so Lange. Fraglich ist auch, ob die von ihnen gesammelten Informationen überhaupt Einfluss auf die russische Kriegsführung hätten.
Militärexperte Nico Lange hat da jedenfalls seine Zweifel. "Die russische Luftwaffe hat keine Hoheit über den ukrainischen Luftraum. Sie ist auch nicht in der Lage, Ziele in der Westukraine anzugreifen. Wofür auch die vom Westen gelieferten Luftabwehrwaffen gesorgt haben. Und mit Drohnen und Marschflugkörpern kann man keine Züge angreifen, die Militärgüter transportieren", so der Experte. 

Lange: Auch Deutschland vor Spionage nicht sicher

Von Brisanz ist jedoch der Vorwurf der polnischen Behörden, dass diese Spionagegruppe in Polen auch Sabotageakte vorbereitet haben soll. "Der russische Militärgeheimdienst GRU wird für solche schon in Tschechien und Bulgarien verdächtigt", sagt Lange und verweist dabei auf mehrere Anschläge auf Munitionslager, die zwischen 2011 und 2020 in den beiden Ländern stattgefunden haben.  
Es ist eine Gefahr, vor der auch Deutschland nicht sicher ist. So sorgten im Herbst vergangenen Jahres Drohnen für Schlagzeilen, die über einem Truppenübungsplatz der Bundeswehr gesichtet wurden, auf dem ukrainische Soldaten ausgebildet wurden. "Alle Standorte in Deutschland, egal ob die der Bundeswehr oder der US-Armee, in denen ukrainische Soldaten ausgebildet werden, sind noch mehr in den Fokus der russischen Geheimdienste geraten", mahnt dementsprechend Lange.  

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