: Discounter hebt Preise bis zu 94 Prozent an

30.07.2023 | 12:05 Uhr
Wiener Würstchen für 6 Euro? Ein Discounter zieht für ein Experiment die Preise für einige Lebensmittel drastisch an. Was dahinter steckt - und was das über unseren Konsum aussagt.
Eine Discounter-Kette sorgt ab Montag für einen Preisschock der eigenen Art. Für neun Produkte kassiert das Unternehmen die "wahren Preise".Quelle: dpa
Es ist ein gewaltiger Preisaufschlag: Wiener Würstchen kosten plötzlich 6,01 Euro statt 3,19 Euro. Der Preis für Mozzarella erhöht sich von 89 Cent auf 1,55 Euro und für Fruchtjoghurt muss 1,56 Euro statt 1,19 Euro bezahlt werden.
In einem Experiment verlangt der Discounter Penny ab Montag eine Woche lang für 9 seiner mehr als 3.000 Produkte die "wahren Preise" - also den Betrag, der bei Berücksichtigung aller durch die Produktion verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden eigentlich berechnet werden müsste.
Die Produkte vom Käse bis zum Wiener Würstchen werden dadurch um bis zu 94 Prozent teurer, wie die Handelskette am Sonntag mitteilte. Die Mehreinnahmen will die zur Rewe-Gruppe gehörende Kette nach eigenen Angaben spenden.

Wie viel verdienen die Mitarbeitenden? Wie steht es um die Hygiene in den Filialen? ZDFbesseresser stellt einem Mitarbeiter von PENNY 10 Fragen der Community.

14.03.2022 | 16:50 min

Expertin zu Lebensmittelproduktion: "Lügen uns in die Tasche"

Berechnet wurden die "wahren Preise", bei denen neben den üblichen Herstellungskosten auch die Auswirkungen der Lebensmittelproduktion auf Boden, Klima, Wasser und Gesundheit einbezogen wurden, von Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald.
Amelie Michalke untersucht an der Universität Greifswald die ökologischen und sozialen Effekte der landwirtschaftlichen Produktion.
Wir lügen uns in die Tasche, wenn wir so tun, als hätte die heutige Lebensmittelproduktion keine versteckten Umweltfolgekosten.
Amelie Michalke, Universität Greifswald
Diese Kosten spiegelten sich zwar nicht im Ladenpreis wieder, doch fielen sie der Allgemeinheit und künftigen Generationen zur Last.
ZDFheute Infografik
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Nicht alle Produkte werden gleich viel teurer

Die Berücksichtigung dieser versteckten Kosten erhöht den Produktpreis häufig beträchtlich. Der Maasdamer Käse etwa verteuert sich dadurch um 94 Prozent von 2,49 auf 4,84 Euro. Nach den Berechnungen der Wissenschaftler kommen zum "normalen" Preis noch versteckte Kosten in Höhe von 2,35 Euro hinzu:
  • 85 Cent für klimaschädliche Emissionen der Landwirtschaft wie Methan oder CO2
  • 76 Cent für die Bodenbelastungen durch die intensive Landwirtschaft zur Futterproduktion
  • 63 Cent für die Auswirkungen des Pestizideinsatzes und anderer Faktoren auf die Gesundheit der Landwirte.
  • Etwas mehr als 10 Cent für die Belastung des Grundwassers etwa durch Düngemittel
Doch ist der Preisaufschlag nicht überall gleich: Der notwendige Aufschlag bei rein pflanzlichen Produkten sei wegen der geringeren Umweltbelastung am niedrigsten, berichtet der Umweltökonom Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg, der das Projekt begleitet. Deutlich höher sei er bei Milchprodukten und am höchsten bei Fleisch.

Steigende Preise: Auch im Juli ist das Leben teurer geworden. Valerie Haller berichtet von der Börse in Frankfurt.

28.07.2023 | 01:08 min

Marketing-Experte: Aktion nicht riskant

Fragt sich nur, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der allgemeinen Preissteigerungen Verständnis für das Experiment haben. "Das ist ein mutiger Schritt - gerade in Inflationszeiten", meint der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf.
Die Risiken der Aktion für den Discounter hält der Marketing-Fachmann dennoch für überschaubar - nicht zuletzt, weil sie zeitlich befristet und auf wenige Produkte begrenzt ist. "Auch wenn die hohe Inflation zu großer Verunsicherung bei den Verbrauchern geführt hat". Fassnacht weiter:
Ich glaube nicht, dass die Aktion die Kunden vor den Kopf stößt - solange sie die Wahl haben, zu anderen Produkten zu greifen.
Martin Fassnacht, Marketing-Experte an der Wirtschaftshochschule WHU
Quelle: dpa

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