: Inflation: Leichter Anstieg, Tendenz fallend

von Stephanie Barrett
11.07.2023 | 10:58 Uhr
Hohe Alltagspreise belasten weiter die Verbraucher, im Juni stieg die Inflationsrate leicht. Zwar wurden zuletzt einige Lebensmittel billiger, doch die Teuerung bleibt noch hoch.
Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarf (Archivfoto)Quelle: dpa
Erste Hoffnungsschimmer - trotz gestiegener Inflationsrate: Der Einkauf ist bei einigen Lebensmitteln wieder günstiger geworden. Dennoch bleibt das Niveau unserer Ausgaben für Waren des alltäglichen Bedarfs auch weiterhin hoch.
Im Juni sind die Verbraucherpreise nach Daten des Statistischen Bundesamtes gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,4 Prozent gestiegen. Seit Februar war die Inflation noch stetig zurückgegangen: Von 8,7 Prozent im Januar und Februar sank sie auf zuletzt 6,1 Prozent im Mai.
Verbraucher merken aber anscheinend davon nur wenig. Real fühlt sich der Einkauf im Supermarkt noch immer deutlich teurer an, zuletzt sorgte sogar eine gefühlte Verbraucherinflation von saftigen 18 Prozent für Schlagzeilen.
ZDFheute Infografik
Mehr
Mehr
Mehr

Viele Milchprodukte um bis zu 15 Prozent günstiger

Doch laut Statistischem Bundesamt gibt es jetzt Grund zur Hoffnung: Obwohl die Lebensmittelpreise im Juni um 13,7 Prozent im Schnitt gestiegen sind, verbilligten sich einzelne Lebensmittel auch wieder deutlich: Bei Milch, Joghurt, Sahne, Käse und anderen Produkten hat es Preisabschläge von bis zu 15 Prozent gegeben.
Mit einem Minus von 23 Prozent ist Butter dabei das größte Schnäppchen. Kopf- und Eisbergsalat sind aktuell 13 Prozent günstiger, Gurken 8,9 Prozent, Weintrauben 5,4 Prozent und Äpfel 4,2 Prozent billiger als letztes Jahr. Hier machen sich gesunkene Energie- und Transportkosten bemerkbar.
Verbraucher profitieren in jüngster Zeit aber auch von einem weiteren Phänomen: Seitdem sie immer öfter zu den preiswerteren Eigenmarken greifen, senken auch Markenhersteller auf breiter Front ihre Preise, um im Geschäft zu bleiben. Bei Rabattaktionen kosten Markenprodukte dann schon mal rund 40 Prozent weniger als normal.

Fehlende Sondereffekte: im Juni leichter Preisanstieg

Dennoch ist die Inflation in diesem Juni erstmals seit Februar wieder leicht gestiegen. Vor einem Jahr ließen die Einführung des befristeten 9-Euro-Tickets sowie der Tankrabatt die Inflationsrate sinken. Diese sogenannten Sondereffekte fallen dieses Jahr jedoch weg.

Angesichts der weiter hohen Inflation im Euroraum hebt die EZB den Leitzins auf 4,0 Prozent an.

15.06.2023 | 00:19 min
Kaffee ist zwar nicht billiger geworden, aber eben "nur" 0,4 Prozent teurer als im Vorjahr, ebenso das Schnitzel (+0,2 Prozent), das fast genauso viel kostet wie letztes Jahr, wie auch die Preise für Hackfleisch nur moderat gestiegen sind (+0,7 Prozent).

Inflation bei Lebensmitteln im Abwärtstrend

Manche Lebensmittel sind dagegen deutlich teurer geworden: Möhren zum Beispiel um sagenhafte 68 Prozent, Zucker sogar um 70 Prozent, bei Zwiebeln und Knoblauch müssen Verbraucher noch tiefer in die Tasche greifen: +78 Prozent.
Trotz dieser Preistreiber zeigt der Inflationstrend bei Lebensmitteln aber nach unten: Von der Spitze von 23 Prozent zwischen Januar und März waren wir im Mai mit 14,5 Prozent schon weit darunter.
Die Inflation geht also deutlich zurück, doch Jörg Zeuner, Chefvolkswirt bei Union Investment, warnt vor zu hohen Erwartungen:
Der Weg zum Notenbankziel von zwei Prozent ist noch sehr weit
Jörg Zeuner, Chefvolkswirt Union Investment
Abzulesen an der Kerninflation: Die zeigt sich mit fünf Prozent noch weitgehend unbeeindruckt von den Zinserhöhungen der EZB.

Prognose: Frühestens 2025 Inflation zurück bei zwei Prozent

Im Klartext: Bis die Inflation wieder auf dem Zwei-Prozent-Pfad ist, dürfte es wohl 2025 werden. Bis dahin wird uns die Inflation also weiterhin die Preise verderben und vor allem am Ersparten zehren: nicht nur, weil Ersparnisse an Wert verlieren, sondern, weil viele Haushalte gezwungen sind, ihr Erspartes anzugreifen.

Menschen, die bisher einigermaßen über die Runden kamen, müssen jetzt jeden Euro umdrehen.

06.11.2022 | 30:10 min
Die Folgen der Inflation für einkommensschwache Bevölkerungsschichten erkennt auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing bei seinen Postbank-Kunden deutlich:
Ungefähr ein Drittel der Kunden, die unter einer bestimmten Einkommensschwelle liegen - gehen jeden Monat an ihre Ersparnisse ran.
Christian Sewing, Deutsche-Bank-Chef

Weitere Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung

Die Notenbanken haben diese Woche bei einem Treffen im portugiesischen Sintra angekündigt, ihren Kampf gegen die Inflation konsequent weiterzuführen - bis sie gesiegt haben.
Heißt: Weitere Zinserhöhungen stehen an - mit den damit verbundenen Kosten wie steigende Kreditzinsen und ein schwächeres Wirtschaftswachstum.
Und bis die Medizin der Notenbanken ihre volle Wirkung entfaltet, wird es wohl 2025 werden - wenn nichts dazwischen kommt. Verbraucher brauchen also noch Geduld für die lange Strecke.
Stephanie Barrett ist Wirtschaftsredakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

Thema

Mehr über Folgen der Inflation