: Warum Stuttgart 21 noch teurer wird

von Andreas Linke
18.12.2023 | 16:06 Uhr
Der Stuttgarter Bahnhofsneubau verschlingt immer mehr Milliarden. Die Kosten sind erneut um 1,7 Milliarden Euro gestiegen. Woran liegt das?
Das Bahnprojekt Stuttgart 21 wird nochmal teuer. (Symbolbild)Quelle: dpa
An offiziellen Erfolgsmeldungen mangelt es nicht. Das Dach der Bahnhofshalle sei jetzt komplett geschlossen, das letzte Stück der aufwändigen Betondecke gegossen, berichtete die Bahn vor wenigen Wochen.
Nur indirekt erfuhr die Öffentlichkeit von den schlechten Meldungen, die dem Bahn-Aufsichtsrat vorgetragen wurden: Die Kosten für den neuen Bahnhof sollen mittlerweile wohl mindestens 11 Milliarden Euro betragen. Dies meldeten Medien übereinstimmend.

Bahn versprach Kostendeckel bei 4,5 Milliarden Euro

Angesichts allgemeiner Kostensteigerungen auch im Bausektor keine Überraschung. Und für die Kritiker des Projektes ohnehin nicht. Sie hatten schon vor über zehn Jahren Gutachten vorgelegt, die von 10 Milliarden Euro Baukosten ausgingen.
Der Umbau des Bahnknotens in Stuttgart, der die Errichtung eines unterirdischen Bahnhofs vorsieht mit insgesamt 56 Kilometer Tunneln, war erst nach einer Volksabstimmung wieder in Schwung gekommen. Wählerinnen und Wählern versprach die Bahn damals einen Kostendeckel bei 4,5 Milliarden.

Auf Deutschlands größter Baustelle arbeiten aktuell bis zu 6.000 Bauarbeiter.

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S21: Verbesserungen sorgen für Kosten

Ein Teil der Mehrkosten fließt mittlerweile in Verbesserungen, die die Bahn auf Hinweise der Projektkritiker in die Planung aufgenommen hat - etwa die verbesserte Gleisführung am Stuttgarter Flughafen oder an der Abzweigung Richtung Tübingen.
Andere Verbesserungen tauchen allerdings gar nicht in der Kalkulation auf. Für die Anbindung des Bahnknotens Richtung Singen/Zürich ist ein neuer Tunnel vorgesehen. Die derzeitige Kostenplanung führt zu einer weiteren Milliarde Euro. Und auch in Richtung Mannheim könnte ein zusätzlicher Tunnel nötig werden, der drohenden Engpässen abhelfen würde. Ebenfalls nicht in der Kalkulation stecken die Kosten von 4 Milliarden für die Schnellbahn-Verbindung nach Ulm.

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Stuttgart 21: Streit um Mehrkosten

Und wer soll das alles bezahlen? Darum streitet sich die Deutsche Bahn vor Gericht mit den anderen Projektpartnern, dem Land Baden-Württemberg, der Stadt Stuttgart und dem Flughafen. Die Partner hatten schon früh angekündigt, sich nur bis zum Kostendeckel von 4,5 Milliarden zu beteiligen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart wird irgendwann ein Urteil sprechen, aus welchem Topf Steuerzahlende und Bahnreisende die Finanzierung übernehmen.

Worauf bezieht sich der Name "Stuttgart 21"?

Die Bezeichnung "Stuttgart 21" erinnert daran, dass das Bauvorhaben seinerzeit parallel mit anderen Bahn-Projekten wie "München 21" und "Frankfurt 21" angestoßen wurde, die allerdings mittlerweile im Sande verlaufen sind. 21 soll auf die Zukunftsbedeutung des Vorhabens im 21. Jahrhundert hinweisen - und nicht wie viele glauben, darauf, dass die Fertigstellung für das Jahr 2021 geplant war.

Quelle: dpa, ZDF

Kritiker bemängeln Brandschutz

Mit einem gewissen Maß an Verzweiflung schauen Projektkritiker zurück. Vieles ist inzwischen eingetreten, vor dem sie vor Baubeginn gewarnt hatten. Dabei fragen sie auch nach der Verantwortung derer, die skeptische Nachfragen vom Tisch gewischt hatten, nicht zuletzt während der damals von Heiner Geißler moderierten Schlichtungsgespräche.
Ein weiterer Punkt der Projektkritiker: Sie bemängeln den Brandschutz in den 56 Tunnel-Kilometern. Die Bahn hält diesen für unproblematisch, möchte entsprechende Unterlagen und Gutachten aber nicht veröffentlichen, auch wenn Gerichte sie dazu auffordern. Die Frage, ob Züge im Brandfall ausreichend schnell zu evakuieren wären, wird wohl erst kurz vor Inbetriebnahme beantwortet werden.

Das Tochterunternehmen Schenker der Deutschen Bahn drückt den Mutterkonzern weiter in rote Zahlen. Sina Mainitz berichtet.

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Inbetriebnahme im Dezember 2025?

Zuletzt war die Bahn davon ausgegangen, dass der Bahnhof in zwei Jahren in Betrieb gehen kann. Doch sie räumte ein, dass es bei der Umsetzung der geplanten Digitalisierung des Bahnknotens hapere. Diese soll dazu beitragen, die Kapazitäten des neuen Bahnhofs zu erhöhen.
Ob alle Stolpersteine des Pilotprojektes bis 2025 beseitigt sind, wird sich dann erst erweisen. Wie bei so vielen Großprojekten - und natürlich auch bei Stuttgart 21.

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