: Geht der GDL-Streik zu weit?

24.01.2024 | 19:30 Uhr
Seit diesem Mittwoch stehen wieder viele Züge still. Die Lokführergewerkschaft GDL will sechs Tage lang streiken. Ist das verhältnismäßig? ZDFheute live ordnet ein.

Sechstägiger Bahnstreik - Was passiert bei ZDFheute live?

Die Lokführergewerkschaft GDL hat in der Nacht ihren Streik auf den Personenverkehr ausgeweitet. Dieses Mal soll bis einschließlich Montag gestreikt werden, insgesamt sechs Tage lang. Damit ist es einer der längsten Streiks in der Bahn-Geschichte. Die Fronten im Tarifkonflikt zwischen Deutscher Bahn und GDL sind verhärtet, die Verhandlungen stehen still.  
Zuletzt forderte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) die GDL dazu auf, an den Verhandlungstisch zu kommen. Er erwarte von der Gewerkschaft, dass sie Verantwortung übernehme. Der Arbeitskampf werde auf dem Rücken Dritter ausgetragen, so Wissing. 
Auch die Bahn forderte die GDL dazu auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Man habe bis zuletzt versucht, den Ausstand zu verhindern, "doch die GDL verweigert sich und eskaliert die Lage", so eine Bahn-Sprecherin.  
Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky verteidigte erneut die Streikmaßnahmen: "Der Arbeitskampf sei verhältnismäßig, rechtmäßig und zulässig", sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Der Bahn warf Weselsky vor, "beratungsresistent" zu sein. Deshalb müsse seine Gewerkschaft "länger und auch härter streiken". Man werde sich mit der Bahn dann an einen Tisch setzen, wenn diese von ihrem "hohen Ross" herunterkomme. Kernforderung der GDL ist eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich.  
Geht der Streik der Lokführergewerkschaft GDL zu weit? Braucht es eine Reform des Streikrechts? Und: Wieso scheitern die Tarifverhandlungen immer wieder? Darüber spricht Alica Jung bei ZDFheute live mit Arbeitsrechtler Prof. Gregor Thüsing von der Uni Bonn und dem Bezirksvorsitzenden der GDL in Nordrhein-Westfalen Sven Schmitte.

Wieso streikt die GDL?

Die Lokführer-Gehälter sind in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt um etwa 21 Prozent gestiegen und damit weniger als die aller Tarifbeschäftigten. Gleichzeitig legten auch die Verbraucherpreise um 25 Prozent zu – damit konnten die Löhne nicht mithalten.  
Seit Anfang November streiten die Deutsche Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL über neue Tarifverträge. Bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde erklärte die GDL die Gespräche für gescheitert und rief zu Warnstreiks auf. Mittwochnacht begann mit einer sechstägigen Arbeitsniederlegung der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn. Und der zweite innerhalb eines Monats. Nicht nur die Züge stehen still, auch bei den Tarifverhandlungen bewegt sich derzeit nichts.  
Dass nun bereits zum vierten Mal im laufenden Konflikt zum Streik aufgerufen wird, ohne dass überhaupt miteinander geredet wird, ist inakzeptabel.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP)
Aber um was geht es dabei konkret? 

Was fordert die GDL grundsätzlich?

Arbeitszeit:

  • Arbeitszeitverkürzung für alle Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich schrittweise bis 2028
  • Grundsätzliche Fünf-Tage-Woche

Entgelt:

  • 420 Euro monatlich mehr Lohn (die ersten sechs Monate ohne Entgelterhöhung)

Tarifverträge

:

  • für alle Berufsgruppen
  • Laufzeit von 24 Monaten

Bisher forderte die GDL außerdem:

  • Freiwillige Arbeitszeiterhöhung mit entsprechender Entgeltanpassung
  • eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro 
  • Erhöhung des Arbeitgeberanteils der betrieblichen Altersvorsorge 
  • Einheitliche Vergütung und Erhöhung um mindestens 324 Euro für Auszubildende 
  • Allgemeine Erhöhung der Zulagen um 25 Prozent

Was bietet die Bahn?

Arbeitszeit:

  • Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde ohne Lohnausgleich im Jahr 2026 für das Fahrpersonal
  • Weiterhin Sechs-Tage-Woche möglich

Entgelt:

  • 331 Euro monatlich mehr Lohn (die ersten neun Monate ohne Entgelterhöhung)

Tarifverträge

:

  • Laufzeit von 32 Monaten
  • keine Tarifverträge für DB InfraGO

Bisher bot die Bahn außerdem:

  • Stufenweise 13 Prozent höherer Lohn und eine Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro 

Mit Informationen der GDL und Material von AFP und ZDF  

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