: Aufsichtsrat will Berlinale "frei von Hass"

11.03.2024 | 22:46 Uhr
Nach den Antisemitismus-Vorwürfen rund um die Berlinale-Gala ist heute der Aufsichtsrat der Filmfestspiele zusammengekommen. Was dabei raus kam und wie das Fazit einzuschätzen ist.

Nach den Antisemitismus-Vorwürfen rund um die Berlinale-Gala ist der Aufsichtsrat der Filmfestspiele zusammengekommen.

11.03.2024 | 01:54 min
Der Aufsichtsrat der Internationalen Filmfestspiele hat die Berlinale nach der umstrittenen Bären-Gala in die Pflicht genommen.
Die Berlinale müsse ein Ort bleiben, "der frei ist von Hass, Hetze, Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jeder Form von Menschenfeindlichkeit", heißt es in einem am Montagabend veröffentlichten Beschluss des Aufsichtsrats der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB), zu denen auch die Berlinale gehört.

Einschätzung von ZDF-Korrespondent Stephan Merseburger

Quelle: ZDF
Der Aufsichtsrat tut das Erwartbare, indem der sich von jeder Form von Hass, Hetze und Antisemitismus distanziert. Erwähnt wird in dem Papier, dass Mariette Rissenbeek während der Preisverleihung sehr wohl die Attentate der Hamas verurteilt und die Freilassung der Geiseln gefordert hatte. Das ist in vielen empörten Äußerungen und Medienberichten nach der Gala oftmals verschwiegen worden.

Die Aufforderung an Rissenbeek, an den von der Hamas entführten Schauspieler David Cunio zu erinnern, wirkt seltsam deplatziert, denn auch Claudia Roth und Kai Wegner sollen noch vor dem Beginn der Berlinale über sein Schicksal informiert worden sein. Sie hätten also Einfluss nehmen können, damit schon Cunio, der 2013 auf dem Festival für seine Film Youth gefeiert wurde, während der Berlinale gewürdigt wird. Es hätte auch die politische Balance zurecht gerückt.

Interessant wird es, wie man die Freiheit der Kunst und die Codes of conduct, also die Verhaltensregeln für den Kulturbetrieb um antisemitische Entgleisungen in Zukunft verhindern, zusammenbringen wird, ohne dass Rufe nach Zensur laut werden. Tricia Tuttle, die neue Intendantin, die ihr Amt im April antritt, soll das Leitungsteam neu und schlagkräftiger aufstellen.

Eine Menge Arbeit liegt vor ihr. Ein Wettbewerb, in dem nicht politische Parolen von Künstlern sondern die Qualität der Filme für Gesprächsstoff und sogar Aufregung sorgt, ist dem Festival zu dringend zu wünschen.

Stephan Merseburger ist Leiter des ZDF-Landesstudios Berlin

Nahost-Konflikt Thema bei Berlinale-Gala

Während der Gala war der Nahost-Konflikt mehrfach thematisiert worden. Zahlreiche Mitglieder aus Jurys sowie Preisträgerinnen und Preisträger forderten verbal oder mit Ansteckern einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg.
In Statements war auch die Rede von Apartheid im Zusammenhang mit der Situation in den von Israel besetzten Gebieten und von Genozid (Völkermord) mit Blick auf das Vorgehen der Armee in Gaza. Im Anschluss gab es zahlreiche Kritik bis hin zu Vorwürfen von Israelhass und Antisemitismus.

Applaus für Künstler, die vom "Genozid" in Gaza und "abgeschlachteten" Palästinensern sprechen. Dabei kein Wort zum Hamas-Überfall – die Empörung nach der Preisverleihung ist groß.

26.02.2024 | 02:16 min

Für Zukunft: Meinungs- und Kunstfreiheit soll gewährleistet bleiben

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hatte den KBB-Aussichtsrat als Vorsitzende einberufen. An der Spitze der Berlinale stehen aktuell noch Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, im April übernimmt Tricia Tuttle die Leitung.  
Die persönliche Meinung einzelner Preisträgerinnen und Preisträger, die für ihr künstlerisches Schaffen ausgezeichnet wurden, kann nicht der Berlinale zugerechnet werden.
Beschluss des Aufsichtsrats
Für die Zukunft solle sichergestellt werden, "dass für Gäste und Preisträger einerseits Meinungs- und Kunstfreiheit innerhalb des grundgesetzlich geschützten Rahmens gewährleistet bleiben, dass für die Berlinale andererseits aber Raum für politische Einordnung und Gegenrede bleibt".

Einseitiger Israelkritik wurde leider nicht widersprochen, so Berlins Kultursenator Chialo, "auch nicht von mir". Nun würden Maßnahmen ergriffen, damit sowas nicht wieder passiert.

26.02.2024 | 04:41 min

Organisatorische Veränderungen sollen kommen

Der Aufsichtsrat respektiert der Mitteilung zufolge "die unabhängigen Entscheidungen der Jurys als Teil der kuratorischen Verantwortung". Gleichzeitig werden Überlegungen Tuttles zu organisatorischen Veränderungen begrüßt, "insbesondere zum Aufbau eines starken Leitungsteams". Dies solle schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden.
Quelle: ZDF, dpa

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