FAQ

: Wie das Dengue-Fieber nach Europa kommt

von Maria Leidinger
07.09.2023 | 19:39 Uhr
Wegen Dengue-Fieber-Fällen in Italien hat das Auswärtige Amt seine Reisehinweise angepasst. Warum es die Tropenkrankheit nun auch in Europa gibt und was das für uns bedeutet.
Die Gelbfiebermücke kann Krankheiten wie das Dengue-Fieber übertragen. (Archivbild)Quelle: Reuters
Erst vor Kurzem hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) davor gewarnt, dass sich neue Infektionskrankheiten durch den Klimawandel in Europa ausbreiten könnten. In Italien gibt es nun einige Fälle des tropischen Dengue-Fiebers. Seit August sollen sich sechs Personen infiziert haben - obwohl sie zuvor nicht verreist waren. Breitet sich die Tropenkrankheit in Europa aus oder bleibt es bei Einzelfällen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Dengue-Fieber: Das weiß man über die Fälle in Italien

Laut der europäischen Seuchenbehörde ECDC haben sich seit Anfang August fünf Menschen in der italienischen Region Lombardei und eine Person in der Region Latium mit dem Dengue-Virus infiziert. Die Behörde spricht deshalb in ihrem Bericht über ein "Lombardei-Cluster".
Keiner der Infizierten soll zuvor verreist sein, die Krankheit sei "lokal erworben" worden. Das bedeutet, die Infektionen fanden in Italien statt. Auch ein Zusammenhang zwischen den Fällen in den unterschiedlichen Regionen bestünde nicht, heißt es.
Der Erreger des Dengue-Fiebers wird durch bestimmte Stechmücken übertragen:

Was ist das Dengue-Fieber?

Das Dengue-Fieber ist eine Virusinfektion, die von tagaktiven Stechmücken der Gattung Aedes übertragen wird. Dazu zählen die Gelbfiebermücke oder auch die Asiatische Tigermücke. Diese Mücken leben vorwiegend in Städten. Besonders in der Regenzeit kann es dort zu Ausbrüchen des Dengue-Fiebers kommen.

Vom Mückenstich bis zum Erkrankungsbeginn dauert es meist drei bis zehn Tage. In der Regel heilt das Dengue-Fieber folgenlos aus. Gegen den verursachten Dengue-Virus-Subtyp ist man danach lebenslang immun. Nicht jedoch gegen die anderen drei Subtypen. Eine neue Infektion ist daher möglich.

Quelle: RKI, Auswärtiges Amt

Die Symptome von Dengue-Fieber

Die meisten mit Dengue-Fieber infizierten Menschen haben keine Symptome oder entwickeln nur eine milde fieberhafte Erkrankung. Die Genesung kann sich jedoch über Tage und Wochen hinziehen, begleitet von Schwäche und Müdigkeit. Typische Symptome:

  • hohes Fieber (40°C)
  • starke Kopfschmerzen
  • Schmerzen hinter den Augen
  • Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Brechreiz und Erbrechen
  • geschwollene Drüsen
  • Hautausschlag

Bei einem kleinen Teil der Infizierten kann es zu einer schweren Verlaufsform kommen, auch wenn die Krankheit zunächst klassisch verläuft. Bei ihnen tritt nach etwa fünf Tagen eine dramatische Verschlechterung ein. Die Symptome reichen dann von starken Bauchschmerzen zu anhaltendem teils blutigem Erbrechen bis hin zu einer schnelleren Atmung oder blutenden Schleimhäuten. Im Extremfall kann es zu einem lebensbedrohlichen Schock kommen.

Zumeist reagieren erkranke einheimische Kinder auf das Dengue-Fieber mit gefährlichen Verläufen, aber auch Reisende können betroffen sein.

Quelle: RKI, Auswärtiges Amt, WHO

Welche Maßnahmen werden in Italien ergriffen?

Wie das ECDC berichtet, wird in den betroffenen italienischen Regionen nun verstärkt auf neue Infektionen geachtet, da diese nicht auszuschließen seien. Die italienischen Behörden hätten zudem weitere Maßnahmen ergriffen, wie beispielsweise eine "Vektorkontrolle" betroffener Bereiche oder die Überprüfung von Blut- und Organspenden. Wie italienische Medien berichten, werden in bestimmten Bereichen zudem Insektizide versprüht, da der Erreger durch Stechmücken übertragen wird.

Die asiatische Tigermücke stammt ursprünglich aus Südostasien und ist auch schon in Deutschland angekommen.

03.07.2023 | 03:46 min
Das Auswärtige Amt hat mittlerweile seine Reise- und Sicherheitshinweise für Italien angepasst und warnt vor dem Dengue-Virus.

Gibt es Fälle von Dengue-Fieber auch in anderen Regionen Europas?

Tatsächlich gab es laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits lokale Ansteckungen mit dem tropischen Dengue-Virus in rund zwei Dutzend europäischen Ländern, darunter Spanien, Kroatien und Frankreich. Und auch auf der portugiesischen Insel Madeira wurden Menschen mit Dengue-Fieber infiziert.

Wo kam Dengue-Fieber bisher vor?

Quelle: ZDF
Die Infektion mit dem Dengue-Virus kam bisher vorrangig in den Tropen und Subtropen aller Kontinente vor. Insgesamt sind rund drei Milliarden Menschen betroffen, die in sogenannten Dengue-Risikogebieten leben. Die Grafik zeigt alle gemeldeten Dengue-Fälle zwischen Mai bis Juli 2023, also noch vor Infektionsfällen in Italien im August.

Schätzungen zufolge infizieren sich weltweit jährlich circa 400 Millionen mit dem Virus. Davon haben ungefähr 25 Prozent klinische Symptome.

Die Grafik visualisiert Daten der europäischen Seuchenbehörde ECC. Wie die Behörde mitteilt, wurden bis zum 23. August über 3,7 Millionen Infektionsfälle und über 2.000 Dengue-bedingte Todesfälle aus 70 Ländern bzw. Gebieten weltweit gemeldet.

Quelle: RKI, Auswärtiges Amt, ECDC

Fälle des Dengue-Virus in Deutschland

Auch in Deutschland gab es schon Dengue-Fälle - allerdings bei Reiserückkehrern. Laut Robert-Koch-Institut sind noch keine autochthonen Übertragungen bekannt - also Infektionen, die vor Ort übertragen wurden und nicht durch eine Reise aufgetreten sind.
Die Infos auf Instagram zusammengefasst
Das bestätigt auch der Arzt und Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin: "Die meisten Dengue-Fälle gibt es immer noch durch Reiserückkehrer".
Nicht immer kann man aber zweifelsfrei nachvollziehen, ob das Dengue-Virus durch einen Reiserückkehrer neu eingeschleppt wurde oder bereits in der lokalen Tigermückenpopulation einen längeren Zeitraum zirkulierte und dann eine autochthone Infektion hervorgerufen hat.
Jonas Schmidt-Chanasit, Arzt und Virologe am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Kann Dengue-Fieber therapiert werden?

In der Regel werden bei einer Dengue-Infektion lediglich Symptome behandelt, eine spezifische Therapie existiert nicht. Die WHO empfiehlt zur Behandlung der Schmerzen Paracetamol. Ibuprofen oder Aspririn sollten vermieden werden, da diese das Blutungsrisiko erhöhen.

Quelle: RKI, Auswärtiges Amt, dpa, WHO

Kann man sich vor einer Infektion schützen?

Der beste Schutz sind Maßnahmen gegen Mückenstiche und Mückenvorkommen:

  • Mückengitter an den Fenstern und Moskitonetze über den Betten
  • Lange Kleidung und Mückenschutzmittel für den Körper und die Kleidung
  • Versprühen von Insektiziden
  • Stehende Wasserstellen beseitigen, um Mücken die Brutplätze zu nehmen

Es gibt mittlerweile zwei Impfstoffe gegen das Dengue-Fieber, die in der EU zugelassen sind:

  • Dengvaxia: Für Menschen zwischen 9 und 45 Jahren, die bereits einmal mit Dengue-Fieber infiziert waren oder in einem Risikogebiet leben.
  • Qdenga: Für alle Menschen ab dem vierten Lebensjahr.

Quelle: RKI, Auswärtiges Amt

Gibt es Dengue-übertragende Mücken also in Europa?

"Die Tigermücke verbreitet sich durch den Reise- und Warenverkehr, durch die Globalisierung", erklärt Schmidt-Chanasit. "Die Stechmücke kann zum Beispiel im Innenraum eines Flugzeugs nach Europa gelangen." Seit einiger Zeit breitet sie sich auch in Deutschland aus.
Gebiete mit Populationen gibt es aktuell im Südwesten in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, aber auch stellenweise zum Beispiel in Fürth, Jena oder Berlin.
Christina Frank, Epidemiologin am Robert-Koch-Institiut
Und auch am Oberrhein wurden Populationen entdeckt, wie die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) in Speyer im letzten November vermeldete.

In Italien mehren sich Fälle des Dengue-Fiebers, was durch Tigermücken übertragen wird. Wie hoch ist das Risiko einer Ansteckung und wann sollte man zum Arzt gehen? Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht im Gespräch.

13.09.2023 | 06:43 min

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Die EU-Seuchenkontrollbehörde ECDC warnt angesichts des Klimawandels vor einer zunehmenden Gefahr von durch Mücken übertragenen Krankheiten wie dem Dengue-Fieber. Durch Hitzewellen und Überschwemmungen sowie längere Sommer fänden invasive Stechmückenarten wie die Asiatische Tigermücke und die Gelbfiebermücke gute Lebensbedingungen vor, heißt es.
Zudem drohen die Tiere in mehreren Regionen Südeuropas ganzjährig zu brüten - was das Potenzial der Ausbreitung von Krankheiten noch vergrößern würde. In Mittelitalien soll die Tigermücke, so berichtet es ein Forscherteam in der Fachzeitschrift "Royal Society Open Science", noch im Winter Eier abgelegt haben.
Da die Tigermücke auch in diesem Jahr wieder in einer Berliner Kleingartenanlage nachgewiesen wurde, kommt auch die Senatsverwaltung für Gesundheit zu dem Schluss: "Eine erfolgreiche Überwinterung ist damit belegt und eine dauerhafte Ansiedlung zu befürchten."

Die Gründe für die Ausbreitung neuer Stechmückenarten und wie man sich gegen Stiche schützen kann.

12.06.2023 | 06:13 min

Wird sich das Dengue-Virus weiter in Europa ausbreiten?

Bereits im Juni berichtete das ECDC: Vor zehn Jahren seien nur 114 Regionen in Europa von der Tigermücke betroffen gewesen, in diesem Jahr seien es schon 337 Regionen. Nach den Dengue-Fieber-Fällen in Italien heißt es nun im aktuellen Bericht:
Da die Asiatische Tigermücke in den meisten Teilen Europas verbreitet ist, kann es zu weiteren Viruseinschleppungen in den südlichen EU-Ländern kommen.
Europäische Seuchenbehörde ECDC
Für eine Verbreitung des Dengue-Fiebers müssten sich allerdings erst mal weitere Asiatische Tigermücken mit dem Virus infizieren, erklärt Christina Frank, Epidemiologin des Robert-Koch-Instituts. Sie sagt aber auch: "Durch den Boom bei Fernreisen kommt das gar nicht so selten vor."
Wenn etwa jemand aus einem Urlaub in der Karibik oder Südostasien im Juli mit Dengue-Fieber zurück nach Deutschland reist, können Asiatische Tigermücken bei einer Blutmahlzeit an dieser Person das Virus in sich aufnehmen.
Dr. Christina Frank, Epidemiologin des Robert-Koch-Instituts
"Dann kann diese Mücke bei der nächsten Blutmahlzeit einen Menschen in Deutschland infizieren - das wäre dann eine autochthone Übertragung."

Fazit: Europa muss mit wenigen Dengue-Fieber-Fällen rechnen

Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit ist durch die Fälle des Dengue-Fiebers am Gardasee trotzdem nicht beunruhigt: "Das ist nichts Neues, das ist nichts Überraschendes."
Es gab in der Vergangenheit immer wieder autochthone Fälle - also Fälle, bei denen sich Menschen vor Ort und nicht auf einer Reise infiziert haben - zum Beispiel in Italien, Frankreich oder Kroatien. Das sind und waren aber wenige bestätigte Fälle oder kleinere Cluster.
Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe am Bernhard-Nocht-Institut
Die Zahl der Infizierten werde in Deutschland trotz Ausbreitung der Tigermücke erst mal gering bleiben, sodass man sich keine Sorgen machen müsste, sagt er.

"Die Tigermücke kann potenziell Viren übertragen", so Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Grund zur Panik gebe es aber nicht.

19.05.2023 | 04:31 min
Zwar sei damit zu rechnen, dass es in Europa auch in Zukunft durch Reiserückkehrer oder durch infizierte Mücken zu wenigen Fällen des Dengue-Fiebers kommen werde. "Damit sich das Virus in der Stechmücke gut vermehren und dann übertragen werden kann, muss es über eine längere Zeit höhere Temperaturen geben - und die gibt es bei uns bisher nur im Sommer", erklärt Schmidt-Chanasit.
Das heißt, es gibt nur ein gewisses Zeitfenster im Spätsommer, in dem wenige Einzelfälle auftreten können.
Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe am Bernhard-Nocht-Institut
Quelle: mit Material von dpa, AP und epd

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