Interview

: Wie sich Städte auf Extremwetter vorbereiten

29.07.2023 | 17:13 Uhr
Weltweit leben fast 60 Prozent der Menschen in Ballungszentren. Hitzewellen treffen sie besonders hart. Meteorologin Ziemann weiß, wie Städte hitzeresilient gemacht werden können.

Starkregen, Hochwasser, Hitzerekorde - gerade Städte trifft der Klimawandel besonders heftig, mit teils gravierenden Auswirkungen auf die Bewohner.

14.12.2023 | 29:45 min
Mehr Natur und eine nachhaltigere Stadtplanung helfen, Risiken und Schäden durch Wetterextreme zu verringern und die urbane Lebensqualität wieder zu verbessern. Meteorologin Astrid Ziemann von der Technischen Universität Dresden ist Teil des Forschungsverbunds "HeatResilientCity". Im ZDFheute-Interview erklärt sie, mit welchen Maßnahmen eine Stadt robust gegen Hitze werden kann.
ZDFheute: Was ist Ihre Motivation, sich mit Hitze-Anpassungsmaßnahmen zu beschäftigen?
Astrid Ziemann: Es ist für mich ein drängendes Forschungsfeld. Die extremen Hitzesommer der jüngsten Vergangenheit werden in der nicht mehr fernen Zukunft durchschnittlich sein.
Hitzeperioden verstärken negative Einflüsse des Stadtklimas auf den Menschen.
Astrid Ziemann
Eine Anpassung an Hitze im Freiraum, aber auch in Innenräumen, ist notwendig und dringend.

Astrid Ziemann ...

Quelle: Astrid Ziemann
... ist promovierte Meteorologin und arbeitet seit 2011 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Meteorologie der Technischen Universität Dresden. Dort leitet sie die Arbeitsgruppe Stadtklima sowie verschiedene Projekte zum Stadtklima, der Wärmebelastung des Menschen und zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels. Dazu zählt das Verbundprojekt "HeatResilientCity" , das Maßnahmen zur Hitzeanpassung in der Stadt im Fokus hat und im Jahr 2022 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis Forschung ausgezeichnet wurde.
ZDFheute: Wie kann eine Stadt hitzeresilient gemacht werden?
Ziemann: Verschattung ist hier das große Stichwort. Große Bäume sind besonders wirksam und verringern die gefühlte Temperatur um circa zehn Grad Celsius. Nachts strahlen ausgedehnte Wiesenflächen sehr effektiv Wärme ab und produzieren kühle Luft.
Damit diese Abkühlung auch im Stadtquartier ankommt, dürfen Luftschneisen nicht verbaut werden.
Astrid Ziemann
Eine gute Ventilation der Stadtviertel und Oberflächen, die verdunsten, tragen ebenfalls dazu bei, eine Stadt hitzesicherer zu gestalten.

Unter einer Heat Resilient City ...

... versteht man eine Stadt, die sich widerstandsfähig macht gegen kommende heiße Zeiten. Denn Städte heizen sich im Sommer besonders stark auf und kühlen langsamer ab als ländliche Regionen. Der Grund: Der viele Beton speichert die Hitze. Auch wenn abends die Lufttemperaturen zu sinken beginnen, heizen Stein und Asphalt daher weiter nach und führen zu Überhitzungen in Städten.

Eine der Kernmaßnahmen von Heat Resilient Cities ...

... ist deshalb das Begrünen von Flächen und Fassaden. Vor allem große und alte Bäume spenden großflächig Schatten. Bäume verdunsten über ihre Blätter Wasser und wirken wie eine riesige Klimaanlage. Unter einem Baum ist die gefühlte Temperatur gut 10 Grad niedriger als in einer besonnten Umgebung.
Ein grünes und blaues Netz in der Stadt mit verbundenen Parkanlagen, Kleingärten, Straßenbäumen, grünen Gleistrassen und Wasserflächen bringt nicht nur einen besseren Hitzeschutz, sondern hilft auch, die negativen Folgen von Wetterextremen wie Starkregen zu verringern. Dazu gehören Maßnahmen an Gebäuden wie Fassadengrün und Gründächer.
ZDFheute: Warum ist ein Umdenken so wichtig?
Ziemann: Der Klimawandel ist bereits Realität, auch in den Städten. Wir kommen um Anpassungsmaßnahmen nicht herum und müssen vorsorgen.
Die Zunahme der Hitzebelastung geht mit dem demografischen Wandel Hand in Hand. Unsere Gesellschaft wird älter und damit leben auch in Städten immer mehr Menschen, die sich schlechter an Hitze anpassen und durch Hitze schwere Krankheitssymptome entwickeln können.

Ein nationaler Hitzeschutzplan für Deutschland ist in Arbeit. Einzelne Kommunen reagieren jedoch bereits mit eigenen Initiativen.

12.07.2023 | 03:16 min
ZDFheute: Wie erleben Sie selbst die Situation in aufgeheizten Städten?
Ziemann: In meinem persönlichen Umfeld spielt das Thema der sommerlichen Hitzebelastung schon viele Jahre eine große Rolle durch den Umgang und die Betreuung der älteren Generation auch mit chronischen Erkrankungen.
Diese Menschen können sich kaum an Hitzeperioden anpassen, werden nicht nur in ihrem Wohlbefinden eingeschränkt, sondern sind auch gesundheitlich stark belastet und gefährdet.

Tage über 30 Grad bedrohen die Gesundheit vieler Menschen. Hitzewellen werden häufiger - mit Folgen für die gesamte Natur.

18.07.2023 | 28:33 min
ZDFheute: Was kann jeder von uns gegen Hitze tun?
Ziemann: Der Einzelne kann mit ganz einfachen und bekannten Mitteln eine Menge selbst tun, um gesund durch Hitzeperioden zu kommen:
  • Es sollte auf regelmäßiges Trinken und leichtes Essen geachtet werden.
  • Der Aufenthalt im Freien sollte nach Möglichkeit auf die kühleren Stunden des Tages gelegt werden.
  • Sportliche Aktivitäten sollten ebenfalls in dieser Zeit, also frühmorgens oder abends stattfinden.
  • Einen Gang herunterschalten hilft dem Körper.

Der Verband der Amtsärzte fordert angesichts der hohen Temperaturen im Sommer eine Siesta in der Mittagszeit.

18.07.2023 | 01:48 min
Ganz wichtig für einen erholsamen Schlaf und Aufenthalt: Wohnung kühl und die Wärme draußen halten. Tagsüber bei starker Sonneneinstrahlung sollten die Fenster geschlossen und verschattet werden, am besten von außen. Jalousien, reflektierende Rollos und Plissees helfen.
Nachts ist eine Querlüftung durch die Wohnung mit weit geöffneten Fenstern und offenen Zimmertüren am effektivsten. Für den Luftaustausch tagsüber genügt eine Stoßlüftung für wenige Minuten.
Das Interview führte Christoph Würzburger.

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