: Forscher: Bei 1,5-Grad-Ziel deutlicher werden

07.12.2023 | 08:01 Uhr
Die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze ist eines der großen Ziele beim Klimaschutz. Doch was das ganz genau bedeute sei unklar, sagen Forscher - und warnen. Sie fordern ein Umdenken.
Wann ist die 1,5-Grad-Grenze übertreten? Eine genaue Definition dafür gebe es nicht, warnen Forscher.Quelle: dpa
"Die 1,5-Grad-Grenze ist überschritten": Nach derzeit geltenden Kriterien könnten Experten eine solche Aussage zum Klimawandel nur mit vielen Jahren Verspätung treffen. Davor warnten kürzlich britische Forscher im Fachblatt "Nature" und machen einen Vorschlag, wie die Nichteinhaltung von Klimazielen wesentlich früher attestiert werden könnte.
Bei der Weltklimakonferenz 2015 in Paris hatten die Staaten weltweit vereinbart, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen zu wollen. Auch bei der derzeit laufenden Weltklimakonferenz in Dubai geht es um die Einhaltung dieser Marke. Das 1,5-Grad-Ziel bezieht sich dabei auf längerfristige Werte und nicht auf einzelne Tage, Monate oder Jahre.

"Aufgeben wäre Blödsinn", sagt Klimaforscher Niklas Höhne, auch wenn es mit dem 1,5 Grad-Ziel "eng" werde. Mit Blick auf China gehe es in die richtige Richtung, so Höhne.

01.12.2023 | 08:37 min

Forscher: Riskieren "Ablenkung und Verwirrung"

Doch wann genau lässt sich sagen: Das Ziel wurde verfehlt? "Es mag überraschen, dass die Pariser Erklärung keine formell vereinbarte Definition des gegenwärtigen Standes der globalen Erwärmung enthält", erläutern Richard Betts und seine Kollegen vom britischen Wetterdienst Met Office und der Universität Exeter in ihrem Kommentar.
Ohne eine Einigung darauf, was eigentlich als Überschreiten der 1,5 Grad Celsius zählt, riskieren wir Ablenkung und Verwirrung genau zu dem Zeitpunkt, wenn Handeln zum Abwenden der schlimmsten Effekte des Klimawandels sogar noch dringlicher wird.
Richard Betts, Wissenschaftler
Während die Internationale Energieagentur weiterhin davon ausgeht, dass die weltweiten Klimaziele noch in Reichweite sind, gehen andere Fachleute mittlerweile davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel nicht mehr zu schaffen ist.

Grenzwertübertritt könnte zehn Jahre zu spät erkannt werden

Der Weltklimarat IPCC hat durchaus definiert, wann eine bestimmte Temperatur-Marke als überschritten gilt. Dafür schauen sich die Fachleute die globale Durchschnittstemperatur gemittelt über einen Zeitraum von 20 Jahren an.
Liegt der Mittelwert beispielsweise 1,5 Grad über dem vorindustriellen Durchschnittswert, legen die Experten die Mitte des 20-Jahre-Zeitraums als den Moment fest, an dem diese Schwelle erstmals überschritten wurde.
Das bedeutet, dass wir das Überschreiten eines Schwellenwerts erst zehn Jahre nach diesem Datum feststellen können.
Chris Hewitt, Direktor für Klimadienstleistungen (WMO)

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1-Grad-Schwelle erst im Nachhinein erkannt

Das Problem wird am Beispiel der 1-Grad-Schwelle deutlich: Der Zeitraum von 2002 bis 2021 war der erste, in der die globale Durschnitttemperatur im Mittel ein Grad über der vorindustriellen Zeit lag. Es wurde - und das eben erst am Ende dieses langen Zeitraums - festgelegt, dass die 1-Grad-Schwelle um das Jahr 2012 überschritten wurde.
Die WMO erwäge, ein internationales Expertenteam mit der Prüfung alternativer Methoden zu beauftragen, um eine zeitnähere Bewertung zu ermöglichen, sagte Hewitt.

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Alternative Methode für zeitnahe Bewertung

Die Gruppe um Betts schlägt vor, den Stand der globalen Erwärmung aus Beobachtungsdaten der vergangenen zehn Jahre sowie Modellprojektionen für die kommenden zehn Jahre zu berechnen. Dadurch sei weiter sichergestellt, dass auf den Durchschnittswert einer Periode von 20 Jahren geschaut werde.
Das Überschreiten der 1,5-Grad-Schwelle könnte aber rechtzeitig erkannt und eine Verschärfung von Maßnahmen eingeleitet werden, so die Wissenschaftler. Mit der vorgeschlagenen Methode berechneten die Forscher, dass die globale Erderwärmung Ende 2022 bei etwa 1,26 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau lag.
Quelle: dpa

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