: Ski-Unheil in Österreich

von Britta Hilpert und Wolf-Christian Ulrich
05.03.2023 | 13:31 Uhr
Österreich erlebt den sechstwärmsten Winter seit Beginn der Aufzeichnungen: um 2,8 Grad wärmer als das Mittel zwischen 1060 und 1990. Das hat Folgen für den Winterurlaub.

Ski-Gebiete ohne Schnee, die Temperaturen steigen - der Klimawandel macht sich bemerkbar. Darf man noch Skifahren oder müssen klimaneutrale Alternativen her?

01.03.2023 | 44:25 min
Laura Dahlmeier ist noch keine 30 und doch hat sie schon viel erlebt. Weltcup-Sieg, Medaillenregen bei Weltmeisterschaften und bei olympischen Spielen - die Biathletin war jahrelang auf Leistung fokussiert. Doch eines drängte sich trotzdem in ihr Blickfeld: der Klimawandel. Denn die Grundlage ihres Erfolgs schmilzt ihr buchstäblich unter den Brettern weg. "Ich bin aufgewachsen, da hat es einfach draußen noch Naturschnee gehabt", sagt Dahlmeier. Mittlerweile sei das nicht mehr die Regel.
Wir müssen wirklich hoffen, dass es Schnee gibt, auch zurückgreifen auf Kunstschnee.
Laura Dahlmeier, Biathletin
"Ich weiß nicht genau, wie es sich entwickeln wird. Aber ich gehe schon davon aus, dass sich die Problematik noch weiter zuspitzt."

Klimawandel macht Österreich zu schaffen

Das tut sie: Schneearme Winter hat es in den Alpen zwar immer mal gegeben, dieser aber ist ein Warnsignal: Er ist der sechstwärmste seit Wetteraufzeichnungen. Die Bilder von weißen Pisten auf grünen Hängen gingen um die Welt. Für das Touristikland Österreich eine Katastrophe: Der Klimawandel schädigt das Geschäft.
Was tun? In den niedrigeren, kleineren Skigebieten wie Gaissau-Hintersee sind sie bereits gezwungen, sich zu entscheiden: Seit dieser Saison stehen die Lifte still. Missmanagement und Klimawandel machten sie unrentabel. Deshalb schloss das "Hotel zur Post" in Faistenau - nach 300 Jahren.

Nach der letzten Ski-Saison ist klar geworden: Der Klimawandel macht den Wintersportgebieten ordentlich zu schaffen. Doch wie kann man die Winteraktivitäten im Einklang mit dem Klima gestalten?

01.03.2023 | 22:49 min

Aufgeben oder Flucht nach vorn?

In Hintersee dagegen trat Albert Ebner die Flucht nach vorn an. "Machen wir den Betrieb kleiner oder investieren wir, werden wir immer größer?" - so lautete die Frage in Krisensitzungen der Familie. "Wir sind gegen den Trend geschwommen. Wir haben gesagt, wir versuchen es!" Weg von der Wintersaison, hin zum Ganzjahresbetrieb.
Sie investierten in Chalets mit Sauna und Blick in die Natur, sie verleihen Sportgerät je nach Wetter und unabhängig von Liften: Räder oder Tourenski. Das sei der neue Trendsport. Fitness, Vereinzelung und Skifahren kommen dabei zusammen - besonders in der Pandemie gewann Tourenski an Popularität. Aber es ist nichts für Anfänger, wohl kaum etwas für Kinder. Es ist nur die Lösung für Leute, die spontan Ski fahren wollen, wenn denn mal Schnee liegt und unabhängig von Liften.

Mit Wintersport und Urlaub wurde lange Zeit gutes Geschäft gemacht. Doch was passiert mit der Industrie und den Arbeitsplätzen, wenn der Schnee ausbleibt?

01.03.2023 | 20:51 min

Skigemeinden investieren in Schneekanonen

Die kleinen, niedrigen Skigebiete werden weniger, die großen werden größer - das zeigt sich diesen Winter. Auch hochgelegene Skigebiete haben massiv in Beschneiungsanlagen investiert. Rund 70 Prozent der Pisten in Österreich werden beschneit - das kostet am Ende auch den Gast. Die Schneekanonen und -Lanzen sorgen für Planbarkeit, sagt Michael Rothleitner, Beschneiungsexperte aus Tirol. "So kann der Gast buchen und der Hotelier kann seinen Koch einstellen."
Man habe die Kanonen in 20 Jahren um fast die Hälfte effizienter gemacht, so Rothleitner. Tatsächlich liegt der Energieverbrauch für die Beschneiung und die Seilbahnen zusammen bei gerade 0,3 Prozent des österreichischen Stromverbrauchs. Und sie geben rund 17.000 Menschen Arbeit.

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Winter-Saison. Es braucht innovative Ideen für eine nachhaltigere Ski-Industrie.

01.03.2023 | 24:14 min

Einfach mal länger in den Bergen bleiben

Wie bekommt man sie hin die Balance, die allen gerecht wird? Das fragt sich auch Laura Dahlmeier. Schneekanonen findet sie nicht toll, aber sie seien in Teilen unerlässlich. "Ich glaube, das Problem für mich ist eher die Anreise."
Tatsächlich macht die Anreise zum Winterurlaub rund zwei Drittel des CO2-Fußabdrucks aus. Jeder, der den Schnee und die Berge genießen will, habe also eine Verantwortung und eine Wahl. "Jeder kann ein kleines bisschen dafür tun, dass wir weniger CO2 produzieren, dass wir aufs Klima schauen", fordert Dahlmeier. Einfach mal länger in den Bergen bleiben, zum Beispiel, nicht nur kurz hin- und herfahren. Oder wenigstens Fahrgemeinschaften bilden. "Jeder muss sich ein wenig einschränken." Denn langfristig wollten doch alle das Gleiche: den Winter bewahren.

Sehen Sie hier das Interview mit Laura Dahlmeier.

01.03.2023 | 04:23 min

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