: Ist Charles' Krönung noch zeitgemäß?

von Hilke Petersen
05.05.2023 | 10:24 Uhr
König Charles III. regiert, und das bereits monatelang ganz ohne Krönung. Europäische Königshäuser haben das Ritual längst abgeschafft. Die Briten hingegen halten daran fest.

Die feierliche Krönung König Charles III. rückt immer näher. Mit dabei sein werden auch Stargäste, wie Lionel Richie und Katy Perry. Vorfreude und Anspannung steigen in London zusehends.

05.05.2023 | 02:10 min
Häppchenweise lässt der Palast seit Monaten Details raus: Wie wird die Krönung von Charles und Camilla in der Westminster Abbey ablaufen? Welche Juwelen, welche Insignien kommen zu Einsatz? Wer darf unterschiedliche Schwerter anreichen im Gottesdienst, die die Rollen des Monarchen symbolisieren: Etwa als Verteidiger des Glaubens, Zeichen seiner Gnade, seiner Position als Oberhaupt der Armee.
Im Zentrum der alten Zeremonie: Die heilige Ölung - als Zeichen, dass der Monarch gottgewählt sei. Jede Menge Spekulationen hatte es gegeben, ob der Moment von den Kameras in die Welt übertragen werde. Oder ob göttliche Intimität das verbietet, zudem muss in Charles Brustbereich Kleidung zur Seite gerückt werden.

Die Königskrone

Quelle: His Majesty King Charles III/Royal Collection Trust via PA Media/dpa
Gekrönt wird Charles III. mit der St. Edward's-Krone, dem Herzstück der britischen Kronjuwelen. Sie wird ausschließlich bei Krönungen benutzt, zuletzt bei der von Charles' Mutter Elizabeth II. im Jahr 1953. Geschaffen wurde sie 1661 zur Krönung von Charles' Namensvetter Charles II. Die Krone aus purem Gold ist mit 400 Edelsteinen wie Rubinen, Amethysten und Saphiren besetzt und mit purpurfarbenem Samt ausgekleidet, den Abschluss bildet ein Saum aus Hermelin.

Die Imperial Crown

Quelle: Chris Jackson/PA Wire/dpa
Neben der St. Edward's-Krone wird der König auch die Imperial State Crown tragen, die zuletzt bei der Beisetzung von Queen Elizabeth II. auf deren Sarg ruhte. Die Krone wiegt mehr als ein Kilogramm und ist mit 2868 Diamanten, 17 Saphiren, elf Smaragden, 269 Perlen und vier Rubinen besetzt.

Die Krone der Königin

Charles' Ehefrau Camilla wird bei der Krönung die Queen Mary-Krone tragen. Sie wurde 1911 für die Krönung von Königin Mary, der Frau von König George V., erschaffen. Laut Buckingham-Palast wurden einige "kleinere" Änderungen vorgenommen, um Camillas persönlichen Stil wiederzugeben und der verstorbenen Elizabeth II. Referenz zu erweisen: Mehrere Diamanten, die die Queen häufig in Broschen trug, wurden eingefügt.

Entfernt wurde der legendäre Koh-i-Noor-Diamant, den Indien als Staatseigentum beansprucht.

Salbgefäß

Das kostbare Salbgefäß enthält Öl vom Ölberg in Jerusalem.

Zepter und Reichsapfel

Bei der Krönung zum Einsatz kommen auch zwei Zepter und ein Reichsapfel. Eines der Zepter ist gekrönt vom größten farblosen geschliffenen Diamanten der Welt, dem Cullinan I. Der Stein wiegt 106 Gramm und ist als "Erster Stern von Afrika" bekannt.

"Kreuz von Wales"

Ebenfalls Teil der Zeremonie ist ein silbernes Kreuz mit eingearbeiteten Holzsplittern, die Papst Franziskus dem König geschenkt hat und die angeblich vom Kreuz Jesu stammen.

Sporen

Seit der Krönung von Richard I. im Jahr 1189 gehören auch Sporen zu Krönungen im Vereinigten Königreich. Sie sollen das Rittertum symbolisieren. Traditionell wurden sie bei Krönungen von Königen an den Füßen des Regenten befestigt, bei Krönungen von weiblichen Herrscherinnen wurden sie auf dem Altar platziert.

Krönungsstuhl

Der zwei Meter hohe Krönungsstuhl wurde im Auftrag von von König Edward I. im Jahr 1300 fertiggestellt und ist vermutlich das älteste Möbelstück im Vereinigten Königreich.

Der "Stone of Destiny"

Der sagenumwobene Stein von Scone, auch "Schicksalsstein" genannt, wird unter dem Königsthron liegen.

Der Legende nach wurde der Stein aus dem Heiligen Land über Ägypten, Sizilien und Spanien nach Irland gebracht, bevor er im 9. Jahrhundert in ein Kloster in Scone in Schottland gelangte. Er wurde jahrhundertlang bei der Krönung schottischer Könige genutzt.

Nach seinem Sieg im Englisch-Schottischen Krieg befahl der englische König Edward I. im Jahr 1296, den Stein nach London zu bringen und ihn unter dem englischen Krönungsthron zu platzieren. 1996 wurde er nach langem hin und her offiziell an Schottland zurückgegeben - unter der Bedingung, dass er für zukünftige Krönungen wieder nach London gebracht wird.

Die Kutschen

Quelle: dpa
Auf dem Hinweg zur Westminster Abbey werden Charles III. und Camilla in der Diamond Jubilee State Coach zurücklegen. Das ist eine goldverzierte Kutsche, die von vier Apfelschimmeln gezogen wird.

Nur auf dem Rückweg zum Buckingham-Palast werden sie die goldene Kutsche nutzen, die 1762 gebaut wurde, um Könige und Königinnen standesgemäß zu befördern. Das Gefährt kam seit 1831 bei jeder Krönung zum Einsatz. Die Kutsche wiegt vier Tonnen, acht Pferde sind notwendig, um sie zu ziehen.

Wegen ihres schieren Gewichts und ihres Alters kann die Kutsche lediglich Schrittgeschwindigkeit fahren. Auf dem Hinweg zur Krönung nutzt das Königspaar die modernere und komfortablere Kutsche, die zum diamantenen Kronjubiläum der Queen gebaut wurde und 2014 erstmals zum Einsatz kam. Sie hat Klimaanlage und elektrische Fensterheber und hydraulische Stabilisatoren verhindern ein Hin- und Herschwanken.

Nun wird es so sein, dass der König abgeschirmt hinter einem Paravent gesalbt wird. Der Löffel, auf den das Öl ausgegossen wird, ist 1349 zum ersten Mal erwähnt worden - und wird schon damals als "antik" beschrieben. Mehr muss man kaum wissen über die uralte Zeremonie und ihre Rituale.

Nach dem Tod von Queen Elizabeth II. erbt ihr Sohn Charles, der scheinbar ewige Thronfolger, ein schwieriges Amt.

20.09.2022 | 43:40 min

Die PR-Strategie des Palasts

Wer braucht das alles noch - fragen die Kritiker der immerhin etwa 100-Millionen-Pfund-teuren Veranstaltung. Vor allem junge Briten interessieren sich laut Umfragen nicht besonders dafür. Dennoch wird die Krönung weltweit Millionen von Fernsehzuschauern haben. 2.200 Gäste werden in der Westminister Abbey sitzen. Der Palast betont: Das sei ein Zeichen für Reform und Verschlankung der herkömmlichen Krönungsfeier.

Wer ist King Charles lll.?

Quelle: dpa
Charles III. wird am 14. November 1948 als ältester Sohn der späteren Königin Elisabeth II. und ihrem Mann Prinz Philip geboren. Er studierte in Cambridge Archäologie, Anthropologie sowie Geschichte, außerdem hat er drei militärische Fünfsterneränge der Flotte, Armee und Air Force.

Aus seiner ersten Ehe mit Lady Diana Spencer (1981 – 1996) stammen die Söhne William und Harry. Nach vielen Skandalen und Affären ließ sich das Paar 1996 scheiden. Ein Jahr später verunglückte Lady Diana bei einem Verkehrsunfall tödlich. 1999 trat Charles erstmals gemeinsam mit seiner langjährigen Geliebten Camilla Parker Bowles auf, 2005 heirateten die beiden.

Mit dem Tod seiner Mutter am 8. September 2022 wurde der damals 73-jährige Charles III. König des Vereinigten Königsreichs von Großbritannien und Nordirland.

Quelle: ZDF

1953, bei der Krönung der Queen, waren es immerhin 8.000 gewesen. Stück für Stück lässt das königliche Protokoll raussickern, was neu, modern und anders sein wird an der Krönung 2023. Wohl in der Hoffnung, dass hängenbleibe, dass Prinz Charles dem Ritual neuen Schwung gibt – und damit vielleicht auch der Monarchie. Auch wenn er mit 74 Jahren der älteste je in Großbritannien gekrönte König ist.

Feier folgt den alten Regeln

Gebrauchte Gewänder kommen zum Einsatz, so eine weitere frohe Botschaft vom Protokoll an die Presse. Ganz so, als hinge der König dem Londoner Fashiontrend an, "pre-loved"-Kleidung zu tragen - also Vintage und Second Hand-Klamotten. Dass Charles den Ruf hat, sich im Laufe seines Lebens stets für Nachhaltigkeit eingesetzt zu haben, lässt die Vision fast schon stimmig erscheinen. Am Ende aber ist es schlicht so: Er wird das goldschimmernde imperiale Gewand von König George IV. von 1821 tragen.
Und weil die Regeln vorsehen, dass der Monarch im Laufe der Zwei-Stunden-Zeremonie mehrfach umgezogen wird, trägt er zur Ölung dann ein simples Leinen-Hemd - als Zeichen weltlicher Wahrhaftigkeit vor Gott. Sein Großvater König George VI. machte das 1937 genauso. Die Feier folgt in ihrem heiligsten Kern den alten Regeln.

Modernisierungs-Versuche des Königshauses

Dass sein Königreich multinational ist und deshalb auch religiös vielfältig, möchte Charles auch in seinem Gottesdienst ausdrücken. Vertreter unterschiedlicher Glaubensrichtungen sind eingeladen und wirken mit. Premierminister Rishi Sunak, der Hindu ist, wird aus der Bibel lesen. Der König ist "Defender of the faith", Verteidiger der anglikanischen Kirche. Schon Henry VIII. erhielt den Titel vom Papst.

Die Gästeliste

  • Die Gäste kommen aus 203 Ländern, etwa 100 Staatsoberhäupter sind darunter.
  • Für Deutschland Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
  • Europa vertritt EU- Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
  • Gäste von Wohltätigkeits-Vereinigungen sind geladen, etwa aus dem von Charles gegründeten Princes Trust für benachteiligte junge Menschen. Es sindauch solche dabei, die mit Hilfe von Stipendien gute Karrieren machen konnten.
  • Aus europäischen Königsfamilien und dem Hochadel reisen viele an -  aus Schweden, Spanien, Dänemark, Niederlande oder Monaco.
  • Auffallend wenige Abgeordnete aus dem benachbarten Westminster-Parlament sind geladen, stattdessen werden sie sich wohl mit Public Viewing begnügen müssen.
  • Die sogenannten First Minister aus den Landesteilen Schottland, Wales und Nordirland werden erwartet.
  • Auch der abtrünnige Sohn, Prinz Harry, wird erwartet. Er lässt seine Herzogin zuhause im kalifornischen Exil. Über Meghans Erscheinen hatte es wohl die meisten Spekulationen gegeben. Harry plane, so heißt es, einen "flying visit": 24 Stunden, einmal Krönung und zurück.
Charles aber machte bereits vor Jahren klar, wie er den Auftrag versteht: Es gehe ihm um Inklusion anderer Glaubensrichtungen und den Schutz von deren Gottesdiensten in Großbritannien. Am Ende sollen Juden, Sikhs, Muslime, Buddhisten und Hindus dem gekrönten König einen Gruß übermitteln. Eine zeitgemäße Geste soll auch das sein.

"Es kommen 100 Staatsoberhäupter aus aller Welt" und "die Stimmung ist richtig gut", so ZDF-Korrespondent Andreas Stamm aus London über die anstehende Krönung von Charles III.

05.05.2023 | 03:18 min

In diesem Jahr dürfen alle ihre Treue schwören

Die diesjährige Krönung können sie im Buckingham-Palast schon üben. Dort steht ein Modell der Westminster Abbey, um verteilte Rollen während der Zeremonie einzustudieren. Auch, um die Kirche für die Öffentlichkeit nicht zu lange schließen zu müssen. Für Proben vor der Krönung von Queen Elizabeth II. blieb das Gebäude vor 70 Jahren monatelang geschlossen. Undenkbar heute, auch angesichts der finanziellen Lage der Kirche.

Die Krönungszeremonie

Am 6. Mai 2023 findet in der Westminster Abbey die Krönung von Charles III. und Camilla statt und beginnt um 11 Uhr (Ortszeit, 12 Uhr MEZ) mit einem Gottesdienst, geleitet vom Erzbischof von Canterbury. Rund 2.000 geladene Gäste werden erwartet.

Charles III. wird, wie auch seine Mutter die Edwards-Krone tragen, sie wurde für ihn angepasst und erhielt ein eigenes Emoji. Das Königspaar wird in einer 260 Jahre alten goldenen Staatskutsche von der Westminster Abbey zurück in den Buckingham Palast fahren.

Zur Krönung werden neben Thronfolger Prinz William, seiner Ehefrau Kate auch Charles jüngerer Sohn Harry anwesend sein. Über die Teilnahme Harrys war wegen Familienstreitigkeiten lange spekuliert worden.

Quelle: ZDF

Und mit einem Ruck, der durch die Krönungsgemeinde und am besten das ganze Land gehen soll, versucht der Palast sich noch einmal an Modernisierung. Traditionell schwören nur Mitglieder der Aristokratie dem König die Treue:
I swear that I will pay true allegiance to your majesty, and to your heirs and successors according to law. So help me God.
Der Treueschwur an den König
Diesmal sind alle eingeladen, den Eid zu sprechen: Die Gäste im Gottesdienst, diejenigen vor den großen Screens in Londoner Parks, Zuschauer vor dem Fernseher in den Commonwealth-Staaten. Ein Vorschlag auf heiklem Grat: Übergriffig, finden viele.

Edelsteine und andere Schätze der Natur

11.05.2023 | 29:45 min
Es ist nicht einfach, modern erscheinen zu wollen, wenn man bereits seit dem Jahr 1066 Könige und Königinnen krönt. Verglichen mit den Versuchen jetzt, fiel es Queen Elizabeth 1953 bei ihrer Krönung fast leicht: Denn sie war erstens eine Frau und zweitens erst 27 Jahre alt. Für die damalige Zeit war eine junge Frau in einer Machtposition alles andere als selbstverständlich. Es war zudem das erste Mal, dass ein royales Großereignis live und weltweit im TV übertragen wurde.
Hilke Petersen ist Leiterin des ZDF-Studios London.

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