: Der Wunsch nach mehr Sichtbarkeit

von Nadia Nasser und Stephanie Paersch
24.02.2024 | 14:42 Uhr
Kristen Stewart, Cary Mulligan oder Amanda Seyfried - Frauenpower auf der Berlinale. Das Festival zeigt tolle Filme von Frauen, aber immer noch viel weniger als von Männern.

Der weibliche Blick ist im Film unterrepräsentiert - nur vier von 20 Filmen sind ausschließlich von Frauen. Dabei gibt es viele starke Auftritte von Frauen in diversen Rollen.

22.02.2024 | 02:35 min
Ihre Ungeduld ist deutlich spürbar. Als es um das Thema Frauen im Film geht, bricht es förmlich aus ihr heraus. Schauspielerin Kristen Stewart, die selbst auch Regisseurin und Drehbuchautorin ist, möchte endlich mehr Geschichten von Frauen über Frauen im Kino sehen. Differenzierte Charaktere, komplex und überraschend.
Wenn wir solche Filme nicht machen, dann gibt es weiter nur Filme über unechte Frauen, die so nicht existieren. Und das würde alle noch unglücklicher machen. Auch jenseits der Leinwand.
Kristen Stewart
Sie ist mit "Love Lies Bleeding" auf der Berlinale vertreten, inszeniert von der britischen Regisseurin Rose Glass. Darin verliebt sich Stewarts Figur Lou in eine Bodybuilderin. Starke Frauen auf der Leinwand - im wahrsten Sinne des Wortes.

Mulligan, Nyong'o, Seyfried: Hollywood in Berlin

Es gab beeindruckende Auftritte von Schauspielerinnen, Regisseurinnen und Produzentinnen auf der Berlinale. Den Anfang machte Oscarpreisträgerin Lupita Nyong'o, die Präsidentin der diesjährigen Internationalen Berlinale-Jury.
Es folgten viele weitere. Mal mit Hollywood-Glitzer wie bei Cary Mulligan, Hunter Schafer oder Amanda Seyfried, mal mit geballter Frauenpower wie bei dem Wettbewerbsfilm "Gloria!", dem Erstlingswerk der italienischen Schauspielerin und Popsängerin Margherita Vicario.

Frauen in der Filmbranche unterrepräsentiert

Hollywoodstar Saoirse Ronan kam mit "The Outrun" nach Berlin. Ein Film, den sie selbst produzierte und in dem sie die Hauptrolle übernahm. Für die Regie verpflichtete sie auch eine Frau, die Deutsche Nora Fingscheidt, die schon 2019 mit "Systemsprenger" Furore machte.
Es würde einfach so viel bessere Geschichten geben, wenn genauso viele Frauen wie Männer an der Entstehung von Filmen beteiligt wären.
Saoirse Ronan
"In unserem Film zum Beispiel war uns eine Erzähl-Perspektive wichtig, die nur eine Frau haben kann", sagt Ronan.
Tatsächlich ist die weibliche Sicht im Film aber noch immer unterrepräsentiert. Auch im Berlinale-Wettbewerb sind von 20 Filmen nur vier ausschließlich von Frauen inszeniert. Zwei weitere sind mit Frauen in einem Regie-Team entstanden.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Mehr als 70 Prozent der Filme im Wettbewerb sind allein von Männern gedreht. Das spiegelt in etwa das Verhältnis wider, das auf dem kommerziellen Filmmarkt zu beobachten ist. Von einer 50/50-Beteiligung bei den wichtigsten Jobs der Filmbranche sind Frauen noch weit entfernt.
  • Berlinale: Dokumente der Emanzipation

Lena Dunham: "Viele Frauen-Bilder irritieren"

Die US-Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin Lena Dunham kämpft schon lange für einen realistischeren Blick auf Frauen im Film. Auf der Berlinale ist sie mit dem berührenden Film "Treasure" von Julia von Heinz zu sehen.
Sie sagt, sie liebe es eine Frau zu sein, aber: "Vieles an den Frauen-Bildern, die uns in Zeitschriften, Filmen und im Fernsehen vorgesetzt wurden, fand ich irritierend. Diese Erwartungen, die an uns gestellt werden."
Ich habe mir vorgenommen, wenn ich mal was zu sagen habe, dann will ich darüber diskutieren, ob wir einige diese Erwartungen nicht abschaffen können.
Lena Dunham
Mutige Frauen und das Überschreiten von roten Linien
In allen Sektionen finden sich in diesem Jahr beeindruckende Filmen von Frauen. Im Wettbewerb ist es zum Beispiel die Dokumentation über Raubkunst aus Afrika, "Dahomey", der preisgekrönten französisch-senegalesischen Regisseurin Mati Dio, oder "Mé el Aïn" der tunesisch-kanadischen Regisseurin Meryam Joobeur, die bereits für einen Oscar nominiert war.
Der große Publikumsliebling ist "My Favourite Cake" aus dem Iran. Das Regie-Team Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha riskierten viel für diesen Film, in dem sie das Leben von Frauen im Iran realitätsgetreu darstellen wollten.
Eine Frau in unserem Land gehört zu den Menschen, die am wenigsten Rechte haben.
Maryam Moghaddam, Regisseurin
"Beziehungen führen, tanzen, all das ist ihr verboten. Auch, das im Film zu zeigen, ist verboten. Wir haben uns aber entschlossen, diese rote Linie zu überschreiten", sagt Moghaddam - leider nur im Zoom-Interview.
Denn: Zur Berlinale konnte das Regie-Team nicht anreisen, ihre Pässe wurden ihnen vom Regime abgenommen. Die Berlinale - ein Festival der starken und mutigen Frauen und ihrer Geschichten.

Der iranische Film "Keyke mahboobe man" ("Mein Lieblingskuchen") feiert Premiere im Wettbewerb der Berlinale. Doch das Regie-Duo sitzt im Iran fest – dort polarisiert ihr Film.

16.02.2024 | 02:32 min

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