: Neue Strategien gegen Wassermangel

von Michael Wiedemann
01.07.2023 | 16:34 Uhr
In den vergangenen Jahren gab es in vielen Regionen Deutschlands durch höhere Temperaturen und weniger Niederschlag zeitweise Dürre. Wie lässt sich Wasserknappheit vermeiden?
Im Sommer 2022 musste im Rhein die Schifffahrt eingestellt werden.Quelle: Reuters
"Durchwachsenes Sommerwetter; häufiger Wolken, Wind und Regengüsse". So lautet die aktuelle Wettervorhersage für die nächsten Tage in Deutschland; das hört sich nicht so an, als herrschte hierzulande Mangel an Wasser.
Doch der Schein trügt. Zwar war der vergangene Winter insgesamt nur "leicht zu trocken" und März und April "sehr feucht", aber im Mai "…reduzierte sich der Niederschlag und erreichte teilweise historische Tiefstwerte", wie das Umweltbundesamt (UBA) aktuell mitteilt.
Niederschlagsmengen im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zu den jeweils üblichen Mengen für das ganze Jahr.Quelle: ZDF

Obere Bodenschicht als "extrem trocken" eingestuft

In manchen Regionen (Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg) herrscht deshalb seit Anfang Juni leichter Trockenstress, der sich im Verlauf des Juni deutschlandweit ausdehnte. Die obere Bodenschicht gilt mittlerweile im ganzen Land sogar als "extrem trocken".
Der Trocken- bzw. Dürrebefund ist nicht neu. Schon in den Jahren 2018, 2020 und 2022 wurden deutschlandweit bis zu 25 Prozent geringere Niederschläge gemessen.
Diese Defizite konnten - besonders was die Bodenwasserspeicher anbetrifft - bislang nicht in allen Regionen ausgeglichen werden. Dies trägt auch dazu bei, dass "Wasserknappheit" - auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel - aktuell wieder diskutiert wird.

Weyand: Trinkwasserversorgung ist gesichert

Für die Trinkwasserversorgung gibt Martin Weyand vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) aber erstmal vorsichtig Entwarnung:
Wir haben in Deutschland grundsätzlich ausreichend Wasserressourcen, um den Trinkwasserbedarf zu decken.
Martin Weyand, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
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Engpässe der vergangenen Sommer seien technischer Art gewesen, die entstanden wären, weil an heißen Sommertagen zu viel Wasser auf einmal angefordert wurde, so der BDEW-Hauptgeschäftsführer.

Wasserverbrauch nach Uhrzeiten steuern

Obwohl in den allermeisten Regionen die Kapazitäten auch in Hitzeperioden ausreichend seien, wäre es sinnvoll, so Weyand, beispielsweise die Gartenbewässerung nicht während der Tageshitze durchzuführen oder Swimming-Pools nicht zu den Hauptverbrauchszeiten am Vormittag oder frühen Abend zu befüllen, um das Versorgungssystem zu entlasten.
In Hessen und Brandenburg reagierten einige Kommunen schon konkret mit Einschränkungen bei der Wassernutzung und verbieten Rasensprengen oder Wasserentnahme aus oberirdischen Gewässern, wie Seen, Flüsse und Bäche.

In der bayerischen Gemeinde Bad Königshofen hat es seit Wochen nicht geregnet. Jetzt gilt: kein Trinkwasser mehr für Pool, Garten oder Autowäsche.

22.06.2023 | 03:01 min

Bundesregierung: Trinkwasserversorgung hat höchste Priorität

Solche Vorgehensweisen entsprechen ganz dem Geist der "Nationalen Wasserstrategie" der Bundesregierung. Diese wurde Mitte März vom Kabinett beschlossen und benennt 78 Maßnahmen, die schrittweise bis 2050 umgesetzt werden sollen.
Der Sicherung der Versorgung gilt dabei höchste Priorität. Wenn Trinkwasser knapp werden sollte, greift eine "Wassernutzungshierarche", die bestimmt, dass die Bevölkerung bevorzugt das wichtige Nass erhält.
Im Juni sorgte in Berlin und Brandenburg Unwettertief Lambert für außergewöhnlich viel Niederschlag. Quelle: ZDF

Verbesserungsbedarf bei Infrastruktur für Wasserversorgung

Das zu gewährleisten, erfordert aber, so Martin Weyand vom Bundesverband Wasserwirtschaft (BDEW), dass "in einigen Regionen die Infrastruktur gestärkt und ausgebaut wird."
Denn Trinkwasserressourcen sind in Deutschland regional unterschiedlich verteilt.
Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer BDEW
"Hierzu muss investiert werden, zum Beispiel in neue Leitungssysteme, Aus- bzw. Neubau von Talsperren, Ausweisung von Wasserschutzgebieten, Wasserwerke und Rückhaltebecken", ergänzt Weyand.

In Zukunft werde es Wassernutzungsverbote geben, so Prof. Borchardt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Dafür müsse bekannt sein, wie viel Wasser „regional vorhanden“ sei.

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Mit Fernwasserleitungen regionale Wasserengpässe vermeiden

Generell sei eine bessere Anpassung an die Folgen des Klimawandels bei Trinkwasserinfrastrukturen notwendig. Beispielsweise durch sogenannte Fernwasserleitungen, die die regional recht unterschiedlich vorhandenen Ressourcen in Deutschland besser verteilen.
Mit solchen Anpassungsmaßnahmen könnte die Versorgung der Bevölkerung mit dem wichtigsten Lebensmittel auch in Zukunft flächendeckend gewährleistet werden, so der BDEW-Hauptgeschäftsführer.
Michael Wiedemann ist Mitarbeiter der ZDF-Redaktion Umwelt.

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