: Weltklimarat mahnt zu sofortigem Handeln

von Jana Nieskes
20.03.2023 | 13:13 Uhr
Der Weltklimarat hat seinen Abschlussbericht vorgelegt. Darin fasst das Gremium die Erkenntnisse zum Klimawandel zusammen. Die Botschaft ist klar: Zum Zögern bleibt keine Zeit.

Noch können wir umsteuern und zugleich die Wirtschaft ankurbeln und Gesundheitsschäden verringern. Das ist die Botschaft des neuen Syntheseberichts des Weltklimarats IPCC.

20.03.2023 | 04:53 min
Die Welt muss handeln - und zwar sofort. Das ist die Botschaft des sechsten Sachstandberichts des Weltklimarats (IPCC), der am Montag veröffentlicht wurde. Das neue Dokument fasst die sechs seit 2018 erstellten Berichte des IPCC zusammen.
"Das Tempo und der Umfang der bisherigen Maßnahmen sowie die aktuellen Pläne sind unzureichend, um den Klimawandel zu bekämpfen", teilte der Weltklimarat mit. Für den IPCC-Vorsitzenden Hoesung Lee heißt das: "Wir gehen, wenn wir sprinten sollten."
Bereits jetzt habe sich die Erde um 1,1°C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau erwärmt. Die Folge: häufigere und intensivere extreme Wetterereignisse, die zunehmend gefährliche Auswirkungen auf Natur und Menschen weltweit haben. Der Weltklimarat warnt:
Jede weitere Erwärmung führt zu einer raschen Eskalation der Gefahren.
IPCC

Klimawandel trifft die Schwächsten

Der Bericht mache deutlich, welche Verluste und Schäden wir bereits erleben. Sie träfen die schwächsten Menschen und Ökosysteme besonders hart, resümiert der IPCC. "Klimagerechtigkeit ist von zentraler Bedeutung, denn diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, sind unverhältnismäßig stark betroffen", sagte Aditi Mukherji, eine der 93 Autorinnen und Autoren des Berichts, laut der IPCC-Mitteilung.

Was ist der IPCC?

  • Der Intergovernmental Panel on Climate Change wurde 1988 von der UN-Umweltorganisation (Unep) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet.
  • Seine Aufgabe ist es, die Politik neutral über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimaveränderung und über mögliche Gegenmaßnahmen zu informieren.
  • Dem IPCC gehören 195 Staaten an. Sie entsenden Experten, die eigenständig Berichte erstellen.

Wie ist der IPCC organisiert?

  • Das Gremium mit Sitz in Genf wird seit 2015 von dem Südkoreaner Hoesung Lee geleitet. An den IPCC-Berichten arbeiten Tausende Wissenschaftler mit, darunter neben Klima- und Meeresforschern auch Statistiker, Ökonomen, Sozialwissenschaftler und Gesundheitsexperten.
  • Der IPCC betreibt keine eigene Forschung zum Klimawandel, sondern wertet Tausende Studien aus und fasst die zentralen Erkenntnisse daraus zusammen.
  • Das Kernteam, das die nun vorliegende Synthese aus allen drei Teilen des sechsten Sachstandsberichts des IPCC verfasst hat, besteht aus 30 Wissenschaftlern und neun Gutachtern.

Welche Berichte veröffentlicht der IPCC?

  • Alle fünf bis sechs Jahre veröffentlicht der IPCC umfassende Überblicke über den aktuellen Stand der Klimaforschung. Der erste IPCC-Bericht wurde 1990 veröffentlicht, zuletzt wurde 2014 ein umfassender Report vorgelegt.
  • Die regulären Berichte werden von je drei Arbeitsgruppen zusammengestellt: Arbeitsgruppe I legt die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel dar, die zweite beleuchtet die Folgen der Erderwärmung und die dritte zeigt Handlungsoptionen auf.
  • Zu jedem Bericht fertigt der IPCC eine Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger an. Regierungen können Änderungen an der Zusammenfassung erwirken – allerdings nur, wenn die neuen Formulierungen durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bericht gedeckt sind. An dem eigentlichen Bericht können politische Entscheidungsträger keine Änderungen vornehmen. (Quelle: AFP)
Der Tenor des Berichts lautet: Es ist ernst - aber noch nicht ganz zu spät.
Wenn wir jetzt handeln, können wir immer noch eine lebenswerte, nachhaltige Zukunft für alle sichern.
Hoesung Lee, Vorsitzender des Weltklimarats

Appell an die Regierungen

Dafür sei allerdings eine "tiefgreifende, rasche und nachhaltige Verringerung der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren" erforderlich. Um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, müssten die Emissionen bis 2030 um die Hälfte gesenkt werden, mahnt der IPCC.
Dabei appelliert das Gremium vor allem an die Regierungen der Welt. Um die globalen Klimaziele zu erreichen, müsse die Finanzierung von Klimainvestitionen erhöht werden. Die Regierungen seien hierfür der Schlüssel.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres rief bei der Vorstellung des Berichts zum Handeln auf:
Die Klima-Zeitbombe tickt. Aber der heutige IPCC-Bericht ist ein Leitfaden zur Entschärfung der Klima-Zeitbombe. Er ist ein Überlebensleitfaden für die Menschheit.
António Guterres

Klimaschutz beeinhaltet Chancen

Die Deutlichkeit, mit der der Bericht auf sofortige Maßnahmen pocht, ist alarmierend. Doch die Experten weisen auch auf die vielen Chancen hin, die Klimaschutz bietet. "Die Durchsetzung wirksamer und gerechter Klimaschutzmaßnahmen wird nicht nur Verluste und Schäden für Schäden für die Natur und die Menschen verringern, sondern auch weitere Vorteile bringen", sagte IPCC-Vorsitzender Lee. Wenn sich die Luftqualität durch kohlenstoffarme Stromerzeugung verbessere, wirke sich das zum Beispiel auch positiv auf die Gesundheit der Menschen aus, schreibt der IPCC.
Eines ist aus Sicht des Weltklimarats klar: Die nächsten Jahre sind entscheidend. Daher appelliert Lee am Ende seiner Rede: "Hoffen wir, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen. Denn die Entscheidungen, die wir jetzt und in den nächsten Jahren treffen, werden für Hunderte, sogar Tausende von Jahren auf der ganzen Welt nachhallen."
Quelle: mit Material von dpa und AFP

Thema

Mehr zum Klimawandel