: Anschlag war für Silvester geplant

16.01.2023 | 12:27 Uhr
Im Fall der Brüder aus Castrop-Rauxel, die mutmaßlich einen Gift-Anschlag planten, sind neue Beweismittel aufgetaucht. Die Anschlagsplanung war wohl konkreter als bisher gedacht.
Die Anschlagspläne der Terror-Verdächtigen von Castrop-Rauxel waren wohl ausgereifter als bisher angenommen. Nach Angaben des Landes-Justizministeriums von Nordrhein-Westfalen hatten die beiden Brüder mutmaßlich ursprünglich einen Anschlag am Silvesterabend geplant.
Sie sollen im Auftrag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt haben. Das geht aus einem schriftlichen Bericht des Landes-Justizministeriums an den Rechtsausschuss des Düsseldorfer Landtags hervor.

Die beiden Brüder aus Castrop-Rauxel sollen einen Giftanschlag im Namen der Terrormiliz IS geplant haben.

09.01.2023 | 02:13 min
Dort hieß es, dass im Rahmen eines internationalen Nachrichtenaustausches dem Bundeskriminalamt (BKA) mitgeteilt worden sei, dass ein in Deutschland lokalisierter Telegram-Nutzer "einen terroristischen Anschlag im Auftrag des sogenannten IS am Silvesterabend 2022" plane.

Rizin und Cyanid: Fehlte nur noch eine Zutat?

Der allgemeine Hinweis auf einen Anschlag mit Rizin oder Cyanid ist demnach bereits am 30. Dezember beim Bundeskriminalamt (BKA) eingegangen. Eine Woche später, am 6. Januar, sei dem BKA dann eine IP-Adresse mitgeteilt worden, die zu dem Telegram-Account des 32-jährigen Verdächtigen in Castrop-Rauxel geführt habe.

Was ist Rizin?

Rizin ist ein Pflanzengift, das beim Rizinusbaum (Ricinus communis) vor allem in den Samen enthalten ist. Gewonnen wird es nach Auspressen des Öls aus dem Rückstand der Samen. Besonders giftig ist es bei Injektion oder Inhalation.

Zu den Symptomen zählen Übelkeit und Erbrechen, Muskelschmerzen, Leber- und Nierenschäden sowie Kreislaufversagen, bei Inhalation Auswirkungen in den Atemwegen wie Lungenödeme. Behandelt werden im Vergiftungsfall die Symptome, spezifische Therapiemöglichkeiten gibt es bisher nicht. Laut Robert-Koch-Institut ist es in der Kriegswaffenliste unter "Biologische Waffen" aufgeführt.

Was ist Cyanid?

Cyanide - vor allem das als Zyankali bekannte Kaliumcyanid - werden schon seit langer Zeit für gezielte Vergiftungen verwendet. Sie wirken nicht nur beim Verschlucken, sondern auch nach Einatmen über die Lunge. Die Atemgifte wirken sehr schnell, die Opfer sterben an Atemlähmung.

Cyanide werden auch in der Industrie, unter anderem zur Härtung von Stahl, eingesetzt. Cyanverbindungen führen immer wieder zu Massensterben von Wasserlebewesen, wenn sie etwa aus Bergwerken in Gewässer gelangen. Zu Vergiftungen beim Menschen kann es etwa nach dem Verzehr von Bittermandeln oder Aprikosenkernen kommen. Es gibt auch ungiftige Cyanide, die unter anderem als Lebensmittelzusatz verwendet werden.

Wie gefährlich kann Rizin als Waffe sein?

Quelle:
Wie gefährlich Rizin ist, haben Ermittlungen vor vier Jahren in Köln gezeigt: In einem 15-stöckigen Gebäude in der Hochhaussiedlung Chorweiler hatten ein Tunesier und seine deutsche Frau die Chemikalie hergestellt und Testexplosionen ausgelöst. Ein ausländischer Geheimdienst schöpfte wegen der Online-Käufe großer Mengen Rizinus-Samen Verdacht und gab einen Tipp.

Beide wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Ein Gutachten ergab: Rein rechnerisch hätten durch die Giftmenge 13.500 Menschen sterben können.

Quelle: dpa

Am Tag darauf, am 7. Januar, informierte laut Bericht das Landeskriminalamt (LKA) die für Terrorismus zuständige zentrale Staatsanwaltschaft in NRW. Noch in derselben Nacht schlugen die Ermittler zu und es kam zu der Razzia gegen den 32-Jährigen und seinen Bruder (25).
Laut dem Bericht hatten die Verdächtigen sich via Telegram unterhalten, dass ihnen noch Eisenpulver fehle. Ein bisschen habe er inzwischen bekommen, schrieb demnach der 32-Jährige schließlich am 7. Januar kurz vor der Razzia.

ARD-Bericht: Giftstoffe bei den Tatverdächtigen gefunden

Nach der ersten Anti-Terror-Razzia hatte es am Donnerstag eine neue Durchsuchung gegeben, bei der auch weitere Beweismittel gefunden wurden. Das bestätigte ein Sprecher der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft auf dpa-Anfrage.
Einen Bericht des ARD-Hauptstadtstudios, wonach es sich bei den neu gefundenen Beweismitteln um Substanzen zur Herstellung von Giftstoffen handelte, bestätigte der Sprecher allerdings nicht. Laut dem Bericht des ARD-Hauptstadtstudios soll wohl außerdem der jüngere Bruder die treibende Kraft hinter dem mutmaßlichen Anschlagsversuch gewesen sein. Er ist bereits wegen eines Mordversuchs vorbestraft.
Die ARD-Nachricht platzte am Montagmorgen in eine Sondersitzung des Rechtsausschusses des Landtags zum Thema Castrop-Rauxel. Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) sagte auf Nachfrage der SPD, er habe davon selbst gerade erst durch den Bericht bei "tagesschau.de" erfahren.
Quelle: dpa

Mehr zum Thema Terrorismus