: Nuklearschlag aktuell "sehr unwahrscheinlich"

06.05.2024 | 22:18 Uhr
Russland plant eine Übung seiner taktischen Nuklearstreitkräfte. Experte Ulrich Kühn erklärt, ob es solch eine Übung Russlands bereits gab und was die Ankündigung bedeutet.

Nuklearwaffenexperte Ulrich Kühn im ZDF-Interview.

06.05.2024 | 19:32 min
Russland hat auf Anweisung von Präsident Wladimir Putin eine Übung seiner taktischen Nuklearstreitkräfte angekündigt. Wie genau die geplante Übung aussehen soll und wann sie stattfindet, ist noch unklar.
Bei ZDFheute live ordnet Ulrich Kühn, Leiter des Forschungsbereichs "Rüstungskontrolle und Neue Technologien" an der Universität Hamburg, die Aussagen Russlands und deren mögliche Konsequenzen ein.
Sehen Sie oben das gesamte Interview und lesen Sie es hier in Auszügen. So bewertet Ulrich Kühn ...

... die Ankündigung Russlands

Taktische Übungen der russischen Nuklearstreitkräfte seien nicht wirklich neu, ordnet Ulrich Kühn ein. "Spätestens seit Ende der 90er-Jahre hat Russland das regelmäßig praktiziert", sagt Kühn. Aber es sei die erste solche Übung seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022.
Es ist das erste Mal, dass es öffentlich angekündigt wird. Das ist ein absolutes Novum.
Ulrich Kühn, Experte für Sicherheitspolitik
Und es sei auch das erste Mal, dass Russland eine "längliche Erklärung" veröffentlicht habe, warum die Übung durchgeführt wird, so Kühn. Dies sei "eine verpackte Drohung an den Westen". Die Abläufe bei der Übung seien "nicht so spannend", sagt Kühn. "Aber das Signal, das ist das Bedenkliche."

Es sei eine neue Qualität, dass Putin die Atomwaffenübung angekündigt hat, so ZDF-Korrespondent Armin Coerper in Moskau.

06.05.2024 | 05:57 min

... die Gefahr eines Atomangriffs durch Russland

"Wir sollten keine großen Vorhersagen mehr treffen und wir sollten auch bestimmte Dinge nicht ausschließen", denn Experten, "inklusive mir selbst haben uns an verschiedenen Stellen immer wieder getäuscht", sagt Kühn.
Einen russischen Nuklearschlag komplett auszuschließen halte ich für einen Fehler. [...] Gleichzeitig muss man sagen, zum jetzigen Zeitpunkt halte ich das für sehr unwahrscheinlich.
Ulrich Kühn, Experte für Sicherheitspolitik
Es gelte nun für den Westen "die Nerven zu bewahren" und zu überlegen, wie man mit der Drohung umgehe, ohne das Vorgehen des Kremls exakt "zu spiegeln", denn das wäre aus der Sicht von Kühn "das falsche Signal".

... einen möglichen russischen Angriff auf britisches Territorium im Ausland

Der Ukraine stehen auch britische Waffen mit hoher Reichweite zur Verfügung - mit denen auch Angriffe auf russisches Territorium möglich wären. Russland schließt deshalb auf Nachfrage einen Angriff auf britisches Territorium im Ausland nicht aus. Ulrich Kühn sagt dazu:
Ich glaube nicht, dass man hier von irgendwelchen Überseeterritorien Großbritanniens spricht, die jetzt urplötzlich ins Kreuzfeuer Russlands geraten.
Ulrich Kühn, Experte für Sicherheitspolitik
Die Drohung komme aus dem russischen Außenministerium und dieses Ministerium habe "eine ganze Liste" an Sachen veröffentlicht, die es "gerade stört am Verhalten des Westens". Dabei sei Großbritannien nur einer von vielen Punkten, so Kühn.

ZDF-Korrespondent Armin Coerper warnt vor einer neuen Eskalationsstufe im Ukraine-Krieg.

06.05.2024 | 02:07 min
Allerdings seien laut Kühn sowohl britische als auch französische Soldaten in der Ukraine, um bestimmte Waffensysteme "bei der Bedienung zu überwachen." Wenn Russland herausfinden würde, wo die entsprechenden Kommandozentren für diese Waffensysteme sind, könne dies Konsequenzen haben, warnt Kühn.
Dann könnte ich mir dort einen Schlag vorstellen, der dann natürlich unter Umständen zu den ersten toten Nato-Soldaten auf dem Boden der Ukraine führen könnte.
Ulrich Kühn, Experte für Sicherheitspolitik
Das Interview führte Victoria Reichelt, zusammengefasst von Benno Krieger.
Quelle: ZDF

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