: Russische Fake-News-Seiten fluten das Internet

von Oliver Klein
05.07.2024 | 15:19 Uhr
Ein Netzwerk russischer Fake-News-Seiten verbreitet massenweise Desinformation. Eine der Schlüsselfiguren: ein Ex-Polizist aus Florida. Auch in Deutschland tauchen Fake-Seiten auf.
Angebliche Nachrichtenportale fluten derzeit das Internet mit Falschmeldungen.Quelle: Screenshot Fake-News-Seite "berliner-wochenzeitung.de"
Die Webseite "berliner-wochenzeitung.de" sieht auf den ersten Blick aus wie eine ganz normales Nachrichtenportal. Doch sie ist erst seit wenigen Tagen online - und fällt bereits durch die Verbreitung von Fake News auf:
"Schweinekopf in Palästina Flagge mit Aufschrift in Berliner Moschee abgelegt", titelt die Seite. Das "religiöse Personal" der Wilmersdorfer Moschee sei über den "islamfeindlichen Vorfall" entsetzt, die Rede ist von einem "Skandal". Der blutige Schweinekopf sei in eine palästinensische Flagge mit der Aufschrift "Ukraine steht für Israel" eingewickelt gewesen. "Ob ukrainische Staatsangehörige an der abscheulichen Tat beteiligt wären, soll von der Polizei ermittelt werden", heißt es in holprigem Deutsch.

Meldung über antisemitischen Vorfall ist eine Ente

Die Berliner Polizei hat nun ermittelt. Durch eine Anfrage von ZDFheute hatte sie von dem angeblichen Fall erfahren. Die Beamten waren vor Ort, befragten Mitglieder der muslimischen Gemeinde. Ergebnis: "Die Meldung eine Fälschung. Diesen Fall hat es nicht gegeben", erklärt der Berliner Polizeisprecher Martin Halweg gegenüber ZDFheute.

Die deutsche Bloggerin Alina Lipp berichtet im Angriffskrieg gegen die Ukraine aus den russisch besetzten Gebieten. Ihre Videos teilt sie mit rund 200.000 Followern.

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Trotzdem wurde der angebliche Skandal inzwischen massenhaft von einschlägigen prorussischen Accounts in Sozialen Medien geteilt, unter anderem von Alina Lipp, die seit Jahren äußerst erfolgreich russische Propaganda bei Telegram verbreitet.

Riesiges Netzwerk von Fake-News-Seiten aufgedeckt

Die Seite "berliner-wochenzeitung.de" passt in das Muster einer riesigen Fake-News-Kampagne mit einem Netzwerk russischer Webseiten, über die ZDFheute bereits gestern berichtete. Die meisten tragen amerikanisch klingenden Namen, mit denen sie sich als US-Zeitungsportale ausgeben und massenweise Desinformation verbreiten. Das Ziel: Verunsicherung in die Bevölkerung tragen und das Vertrauen in demokratische Institutionen erschüttern, insbesondere in den USA, wo bald die Präsidentschaftswahlen anstehen.

Politiker aus mehreren EU-Ländern sollen über die prorussische Propagandaplattform "Voice of Europe" Geld erhalten haben. Erstmals meldet sich nun der Eigentümer zu Wort.

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Angebliche Nachrichtenseiten diskreditieren Ukraine

Immer wieder geht es in den Falschnachrichten gegen die Ukraine: Auf der vermeintliche News-Webseite "veritecachee.fr" wird behauptet, Olena Selenska, die First Lady der Ukraine, habe in Paris einen Bugatti gekauft, für viereinhalb Millionen Euro. Finanziert habe sie den Sportwagen mit Geld, dass die USA der Ukraine als Militärhilfe gegeben hätten. Zum Beweis wird eine gefälschte Bugatti-Rechnung präsentiert, die aber Schreibfehler enthält und - völlig unüblich - auf Englisch verfasst ist.
Fake-Rechnung für einen Bugatti - der angebliche Beweis, dass Selenskyjs Frau den Sportwagen kaufte.Quelle: Fake-News-Seite veritecachee.fr
Trotzdem sorgte auch dieser Artikel für große Empörung. Er wurde von unzähligen Nutzern in Sozialen Netzwerken geteilt und erreichte allein über den Kurznachrichtendienst X zwölf Millionen Menschen, wie eine umfangreiche Recherche der "BBC" zeigt.

Matthias Spielkamp von der NGO AlgorithmWatch äußert sich zu den Risiken, wie KI im Wahlkampf für Manipulationen missbraucht werden kann.

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Es gibt viele weitere Beispiele: Eine Website namens "The Houston Post" berichtete, das FBI habe Donald Trumps Anwesen in Florida illegal abgehört. Die Website "London Crier" schrieb, der ukrainische Präsident Selenskyj habe ein Herrenhaus von König Charles zum Schnäppchenpreis gekauft, bei "DC Weekly" hieß es, er habe mit amerikanischen Hilfsgeldern zwei Yachten erworben - alles gelogen.
Bereits 2022 hatte ZDFheute zusammen mit "t-online" eine ähnliche Desinformationskampagne enttarnt. Damals hatten nachgemachte Medienseiten pro-russische Propaganda verbreitet. Doch die aktuelle Kampagne scheint noch mal deutlich größer zu sein: Die "BBC"-Recherche analysierte über ein halbes Jahr lang Hunderte von Artikeln auf Dutzenden von Fake-Websites.

Schlüsselfigur ist ein Ex-US-Polizist

Medienberichten zufolge ist eine zentrale Figur hinter der Operation ausgerechnet ein ehemaliger US-Marine und Polizist: John Mark Dougan. Er war bereits 2016 ins Visier des FBI geraten, nachdem er auf einer Website interne Informationen, aber auch gefälschte Geschichten über seinen früheren Arbeitgeber veröffentlicht haben soll. Er floh daraufhin nach Moskau.
Mehr als 150 der Fake-News-Seiten sollen auf sein Konto gehen, berichtete bereits Ende Mai das Investigativ-Portal "NewsGuard". Dougan bestreitet zwar jegliche Beteiligung an den Websites. Aber IP-Adressen und andere digitale Beweise bringen ihn den Recherchen zufolge dennoch mit der Fake-Kampagne in Verbindung.

Dougan bestreitet, im Auftrag des Kreml zu handeln

Dougan schrieb in Russland Bücher, berichtete aus den besetzten Teilen der Ukraine und ist auch schon in staatlichen Medien aufgetreten. Dennoch bestreitet er, vom Kreml bezahlt zu werden. "Ich habe noch nie einen einzigen Cent von der russischen Regierung erhalten", lässt er die "BBC"-Journalisten wissen.
Es gibt zwar keine stichhaltigen Beweise dafür, dass die Fake-News-Webseiten direkt vom russischen Staat unterstützt werden. Aber nach "BBC"-Recherchen ähneln sowohl der Umfang als auch die Komplexität der Operation früheren Bemühungen des Kremls, Desinformation im Westen zu verbreiten.

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