: Olympia-Freude und Angst vor dem Rechtsruck

von Susanne Freitag-Carteron
27.06.2024 | 16:35 Uhr
Kurz vor den Wahlen in Frankreich macht die Olympische Fackel einen Abstecher nach Deutschland und Luxemburg. Neben Olympia-Jubel herrscht Sorge für einen französischen Rechtsruck.

Vor den Neuwahlen in Frankreich macht die Olympischen Flamme Halt im Dreiländereck mit Deutschland und Luxemburg. In die Freude darüber mischen sich politische Sorgen.

27.06.2024 | 02:21 min
Sie haben Heuballen aufgestellt und die olympischen Ringe daraus gemacht, daneben machen hunderte Jugendliche Sport. Die Olympische Flamme kommt nach Apach in Lothringen.
Hinter einem Bier- und Würstchenstand steht Nicolas Wolf. Der 20-Jährige leitet den "Club des jeunes des 3 frontieres", die Jugendlichen der drei Grenzen. Apach liegt in Fußweite von Perl in Deutschland und Schengen im Luxemburg. Nicolas sagt stolz:
"Ich bin in diesem Ort geboren, so was erlebt man nur einmal im Leben!
Nicolas Wolf zum Olympischen Fackellauf

Frankreich-Wahlen am Horizont

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, SPD, ist auch nach Apach gekommen. Sie versucht sich am Basketballstand. Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten des Département Moselle, Patrick Weiten, hat sie vor über einem Jahr den Grenzübertritt der Olympischen Flamme geplant. Allerdings hätten beide nicht gedacht, dass das Event diese Tragweite bekommen würde.
Frankreich wählt in wenigen Tagen ein neues Parlament, Marine Le Pens Rassemblement National (RN), liegt in den Umfragen weit vorne. Patrick Weiten gehört zum Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron. In seinem Département hat der RN bei den Europawahlen abgeräumt. Auch in Apach. In einigen Orten lag der RN über 50 Prozent. Anke Rehlinger ist besorgt. "Die Umfragen verheißen nichts Gutes." Ich hoffe auf ein starkes Signal, dass die Demokratie gestärkt wird."
Wir brauchen verlässliche Partner auf französischer Seite, wenn wir Europa vorwärts bringen wollen.
Saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger
Dann läuft Rehlinger von Apach ins deutsche Perl. Auf einer großen Festwiese spielt die saarländische Polizeikapelle "Imagine" von John Lennon. Gleich daneben die Europabrücke, die über die Mosel nach Luxemburg führt. Nach Schengen - dort wurden mit dem gleichnamigen Abkommen vor fast 40 Jarhen die Grenzkontrollen abgeschafft.

Nach dem Triumph der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National von Marine Le Pen bei der Europawahl hat Frankreichs Präsident Macron Neuwahlen für die Nationalversammlung ausgerufen. Mima-Reporterin Anne Arend berichtet über die politische Stimmung.

20.06.2024 | 04:44 min

Olympia-Flamme als politischer Appell

Dann kommt die Flamme. Hunderte Menschen stehen auf beiden Seiten der Brücke - der Jubel ist enorm. Auch in Schengen wird sie begeistert empfangen. Viele Ehrengäste sind da: Der Großherzog von Luxemburg, Außenminister Xavier Bettel, Frankreichs Sportministerin, Amtsträger und Publikum aus drei Ländern. Was als sportliche Aufwärmübung für die die Olympischen Spiele in Paris gedacht war, wird heute zum politischen Appell.
Der Großherzog von Luxemburg betont, dass Schengen DAS Symbol für offene Grenzen und die europäische Solidarität sei. Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel appelliert an die Franzosen: "Die Franzosen müssen entscheiden" sagt er. "Ich hoffe, dass die Mehrheit für das Friedensprojekt Europa kämpft."vEr wird mit einem künftigen französischen Außenminister arbeiten müssen.

Sorgen um Frankreich und Europa

Hinter der Absperrung steht Mathilde. Die Rentnerin ist mit einer Freundin da, zum Olympia-Feiern. Und Frankreich? In ihrem Haus lebt eine junge Französin. "Die wusste nicht mal, wo Schengen liegt, und sie meint, das mit RN-Chef Jordan Bardella müsse man vielleicht mal ausprobieren!" Mathilde ist erzürnt.
Ich mache mir Sorgen um Frankreich, dem Land geht es nicht gut. Und das ist nicht gut für uns und für Europa.
Mathilde

Die vorgezogenen Parlamentswahlen belasten die Finanzmärkte in Frankreich. Links- und Rechtsaußen versprechen milliardenschwere Sozialprogramme.

25.06.2024 | 02:10 min
Der Konvoi mit der Olympischen Flamme ist weiter gezogen. In Apach räumt der "Jugendclub der 3 Grenzen" die Bierbänke zusammen. Für Nicolas Wolf werden es die dritten Wahlen in seinem Leben sein, die schwierigsten. "Politisch gibt es grade keine politische Gruppe, die irgendwie besser ist als die andere. Wir sitzen total zwischen den Stühlen". Am Abend werden sie im Gemeindesaal erst mal eine große Party feiern. Der DJ kommt aus Luxemburg - Europa halt.
Eine Frau ruft ihnen zu: "Europa ist wichtig für Eure Zukunft! Ihr müsst auf jeden Fall wählen gehen!" Denn an den nächsten zwei Wahlsonntagen entscheidet sich nicht nur das Schicksal Frankreichs, sondern auch die Zukunft der Beziehungen im Grenzgebiet.

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