: Drohender Häuserkampf gefährdet Zivilisten

von Renée Severin
17.10.2023 | 18:44 Uhr
Eine Bodenoffensive könnte im dicht besiedelten Gazastreifen viele Opfer fordern. Ein Tunnelsystem verstärkt Sorgen vor einem brutalen Krieg in dem Palästinensergebiet.

Hass und Gewalt zwischen Hamas und Israel eskalieren. Die langjährige Nahost-Korrespondentin Nicola Albrecht erklärt die Hintergründe des aktuellen Konflikts.

16.10.2023 | 12:59 min
Eine Fläche kleiner als Köln, aber mit etwa doppelt so vielen Einwohnern: Der Gazastreifen ist eine extrem dicht besiedelte Region. In dem Palästinensergebiet am Mittelmeer leben mehr als zwei Millionen Menschen - unter extremen humanitären Bedingungen.
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Schon vor der Eskalation waren laut Vereinten Nationen etwa 80 Prozent der Bevölkerung auf internationale Hilfe angewiesen. Mehr als die Hälfte der Menschen leben demnach in Armut. Dabei ist die Bevölkerung überwiegend jung, über 40 Prozent der Menschen sind nach palästinensischen Angaben nicht mal 15 Jahre alt. Kontrolliert wird der Gazastreifen seit 2007 von der Hamas, die mehrere Staaten, darunter auch die EU, als Terrororganisation einstufen.

Die israelische Offensive zielt auf den Gazastreifen, in dem die terroristische Hamas die Macht an sich gerissen hat.

16.10.2023 | 01:52 min

Dichte im Gazastreifen birgt hohes Risiko

Startet das israelische Militär - als Reaktion auf die Angriffe der Hamas - seine erwartete Bodenoffensive im Gazastreifen, könnte ein brutaler Häuserkampf laut Experten besonders viele Opfer fordern. Denn vor allem in Gaza-Stadt werden mehrstöckige Gebäude und verwinkelte Gassen die Kämpfe wohl prägen, dazwischen überall Zivilisten.
Israel hatte rund eine Million Menschen im Norden aufgefordert, in den Süden des Küstenstreifens zu ziehen. Schon vor der Bodenoffensive nimmt das israelische Militär das Palästinensergebiet unter Beschuss. Eine Möglichkeit, aus dem Gazastreifen zu fliehen, gibt es für die überwiegend palästinensische Bevölkerung derzeit nicht.

Grenzübergänge dicht, kein Entkommen für Zivilisten

Die beiden vor der Eskalation noch bestehenden Grenzübergänge Erez und Kerem Schalom von und nach Israel sind geschlossen. Über einen weiteren Übergang bei Rafah in Richtung Ägypten sollen zwar dringend benötigte Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangen, zuletzt blieb dieser aber auch geschlossen.

Seit Kriegsbeginn sind im Gazastreifen laut den Palästinensern mindestens 3000 Menschen getötet worden. Die Hamas zeigt ein Video einer Geisel. Kommen Hilfsgüter aus Ägypten?

17.10.2023 | 01:43 min
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte zudem klar gemacht, zunächst keine Flüchtlinge aus dem Gazastreifen in Ägypten aufnehmen zu wollen.
Es ist wichtig, dass die Menschen auf ihrem Land standhaft und präsent bleiben, und wir werden unser Möglichstes tun, um Hilfe zu leisten.
Abdel Fattah al-Sisi , Präsident Ägypten
Beobachter gehen davon aus, dass Ägypten eine wirtschaftliche Krise fürchte und dass sich auch Hamas-Terroristen unter die Flüchtlinge mischen könnten.  
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Die Terroristen der Hamas verlangten von den Menschen im Gazastreifen derweil, entgegen der israelischen Forderung, nicht in den Süden zu ziehen - wohl, um die Menschen als Schutzschilde zu nutzen.

Kilometerlanges Tunnelsystem der Hamas

Im Kampf gegen das israelische Militär dürfte der Hamas jedes Mittel recht sein, dabei wird auch ihr Tunnelsystem eine zentrale Rolle einnehmen. Das wohl hunderte Kilometer lange Netzwerk liegt unter dem Gazastreifen. Die Terroristen nutzen es unter anderem, um Lebensmittel zu bunkern - aber auch, um Waffen zu lagern und sie von A nach B zu bringen. Schon in der Vergangenheit spielte das Tunnelsystem im Nahost-Konflikt immer wieder eine Rolle.

Terrorismusexperte Peter Neumann über die Herausforderung der Tunnelsysteme in Gaza: „Es wird geschätzt, dass die Hamas 400 Kilometer Tunnel hat.“

16.10.2023 | 03:52 min
Einem Bericht der "New York Times" zufolge wird angenommen, dass sich Zehntausende Hamas-Kämpfer in dem Tunnelsystem verstecken und verschanzen könnten, auch mit Geiseln. Die israelische Armee gehe davon aus, dass die Hamas versuchen wird, Teile der Tunnel zu sprengen, wenn die Bodentruppen vorrücken. Außerdem plane die Hamas demnach über geheime Ausgänge hinter die israelischen Grenzen zu gelangen und von hinten anzugreifen.
Bei den Gegenschlägen der israelischen Luftwaffe gelten daher auch unterirdische Tunnel als Ziel, um die Hamas dort zu schwächen. Wie viele Kämpfer die Hamas hat, dazu gibt es bisher nur ungenaue Angaben. Ihr unterirdisches Tunnelsystem dürfte sie, ganz unabhängig von Zahlen, aber noch stärker machen.

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