: Georgien: Konflikt um Gesetz wird schärfer

30.04.2024 | 10:31 Uhr
Der Streit um einen Gesetzentwurf zur Kontrolle von "ausländischer Einflussnahme" in Georgien spitzt sich zu. Sowohl Kritiker wie Befürworter demonstrieren in Tiflis.

Zehntausende demonstrieren seit Wochen in Georgien gegen ein umstrittenes Gesetz. Sie haben Angst, dass die Regierung mit Hilfe des Gesetzes prowestliche Aktivisten verfolgen kann.

30.04.2024 | 01:43 min
In Georgien vertieft sich der innenpolitische Streit über ein geplantes Gesetz zur Kontrolle von Einflussnahme aus dem Ausland. Am Montag brachte die Regierungspartei Georgischer Traum, die das Gesetz vorantreibt, Zehntausende ihrer Anhänger im Zentrum von Tiflis zusammen. Medienberichte sprachen von mehr als 100.000 Menschen, die mit Bussen aus allen Teilen des Landes in die Hauptstadt gebracht worden waren. In mehreren Medienberichten hieß es, Regierungsangestellte seien dazu gezwungen worden, an der Versammlung teilzunehmen.
Der Protest war die Reaktion auf tagelange Massenproteste gegen das Gesetz, das nach Auffassung seiner Gegner wie in Russland zur Kontrolle der Zivilgesellschaft eingesetzt werden soll. Bei einer Demonstration am Sonntagabend war es zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen.

Im georgischen Parlament ist es bereits vor zwei Wochen während einer Debatte zu einem umstrittenen Gesetzesentwurf zu einer Prügelei zwischen mehreren Abgeordneten gekommen.

16.04.2024 | 02:19 min

Geplantes Gesetz zur ausländischen Einflussnahme: Darum geht es

Der Rechtsausschuss des georgischen Parlaments bereitete am Montag die zweite Lesung des umstrittenen Gesetzes vor. 14 Abgeordnete der Opposition wurden im Lauf der Sitzung ausgeschlossen. Der Entwurf sieht vor, dass Nichtregierungsorganisationen ausländische Geldquellen offenlegen müssen. Die Regierung will nach eigenen Angaben auf diese Weise für mehr Transparenz sorgen und ausländische Einflussnahme stärker kontrollieren. So sollen Organisationen mit dem Gesetz dazu verpflichtet werden, sich behördlich registrieren zu lassen, wenn diese zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden.
Viele Projekte zur Demokratieförderung in Georgien werden vom Westen finanziert, darunter mit Geld aus der EU und den USA. Kritiker befürchten, dass dieses Gesetz nach russischem Vorbild missbraucht werden soll, um Geldflüsse zu stoppen und prowestliche Kräfte zu verfolgen.

Demonstranten berichten von Zwang zur Teilnahme

"Ich bin ein Parteisoldat des Georgischen Traums, deswegen bin ich hier", sagte ein Demonstrant, der 56-jährige Tankstellenwart Mamuka Tsiskaridze:
Ich bin hier, weil ich traditionelle Werte, unseren christlichen Glauben verteidigen will.
Mamuka Tsiskaridze, Demonstrant
Ein weiterer Demonstrant, der seinen Namen nicht nennen wollte, sagte:
Mein Bürgermeister hat mir gesagt, dass ich meinen Job verliere, wenn ich nicht nach Tiflis fahre.
Demonstrant

Wegen des russischen Angriffskriegs hat Georgien bereits im März 2022 einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft eingereicht. Beim EU-Gipfel soll über eine Mitgliedschaft beraten werden.

13.12.2023 | 02:26 min

Georgien zwischen EU und Russland

Die frühere Sowjetrepublik Georgien orientiert sich nach Westen und ist EU-Beitrittskandidat. Auch die Regierung von Georgischer Traum ist zwar für eine Annäherung an die EU, verficht aber zugleich eine Anlehnung an Russland. Der Milliardär Bidsina Iwanischwili, der starke Mann in der Partei, warf am Montag dem Westen vor, Georgien wie die Ukraine als Kanonenfutter im Kampf gegen Moskau zu missbrauchen.
Die EU und viele ihrer Mitgliedsstaaten haben das geplante Gesetz über sogenannte Auslandsagenten scharf kritisiert. Die parteinahen politischen Stiftungen von CDU, SPD, Grünen und FDP, die in Georgien aktiv sind, warnten vor einer Verabschiedung. In einer Mitteilung vom Montag hieß es:
Sollte das Gesetz verabschiedet werden, würde das die Arbeit der georgischen Zivilgesellschaft und der unabhängigen Medien, die einen enormen Beitrag zum Demokratisierungsprozess Georgiens geleistet haben, erheblich einschränken.
Mitteilung politischer Stiftungen
Das Parlament in Tiflis will nach eigenen Angaben am heutigen Dienstag in zweiter Lesung über das Gesetzesvorhaben abstimmen. Nach der dritten Lesung kann die proeuropäische Präsidentin Präsidentin Salome Zurabischwili zwar wie angekündigt ihr Veto einlegen, doch die regierungstreuen Abgeordneten verfügen im Parlament über eine ausreichende Mehrheit, um dieses Veto zu überstimmen.
Quelle: dpa, AFP

Mehr zu Georgien