: Modi und sein Hindu-Nationalismus

von Johannes Hano, Indien
08.05.2024 | 08:00 Uhr
Narendra Modi will Indien zur Weltmacht führen. Basis seiner Strategie ist radikaler Hindu-Nationalismus. Viele Muslime im Land leben in Angst. Ein Besuch in seiner Heimatregion.

"Macht, Modi, Indien - ein Gigant erwacht": die auslandsjournal doku über Narendra Modi, den Premierminister von Indien.

09.05.2024 | 43:33 min
Wenn man verstehen möchte, wie sich Indien in den nächsten Jahrzehnten entwickeln könnte, muss man in die westliche Provinz Gujarat am Arabischen Meer fahren. Gujarat ist die Heimatprovinz des amtierenden Indischen Premierministers Narendra Modi. Und kaum jemand zweifelt daran, dass er zum dritten Mal als Premierminister in den gerade laufenden Wahlen bestätigt wird.

Gujarat - die Heimat von Narendra Modi

In Gujarat ist er groß geworden. Hier wurde er ideologisch geprägt. Von 2002 bis 2014 hat er die Provinz 13 Jahre lang regiert. Heute gilt sie als Modell für Indiens Entwicklung unter der Führung von Narendra Modi.
Seit Jahrtausenden eine Handelsregion, markiert Gujarat den Beginn aller Kultur im heutigen Indien. Vor etwa 4500 Jahren siedelten hier die ersten Menschen auf diesem riesigen Subkontinent. Auch für die jüngere Geschichte Indiens ist die Provinz von enormer Bedeutung.
Mahatma Gandhis Salzmarsch von der Provinzhauptstadt Ahmedabad ans arabische Meer besiegelte den Anfang vom Ende des britischen Kolonialreichs. Heute gehört Gujarat zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Provinzen Indiens. Und daran habe Narendra Modi einen entscheidenden Anteil, sagt der Pharmaunternehmer Munjal Patel: "Wir haben seit 20 Jahren hier in Gujarat eine beständige Regierung und die Ideologie des Ministerpräsidenten."
Als Herr Modi Ministerpräsident wurde, hatte er Träume gesät. Heute ist er Premierminister des ganzen Landes, aber alle Ideen, Investitionen, die er in seiner Zeit ausgesät hat, tragen jetzt Früchte über alle Industrien in Gujarat hinweg.
Munjal Patel, Pharmaunternehmer

Die Wahlen werden unter anderem von Desinformationskampagnen überschattet. Ministerpräsident Modi unterstellt der Opposition, die muslimische Minderheit bevorzugen zu wollen.

08.05.2024 | 01:38 min

Narendra Modi: Mit Investition Zuspruch holen

Modi legt riesige Infrastrukturprojekte auf und bringt Elektrizität auch die ärmsten Gemeinden. Er organisiert für die Bauern in der Provinz während der brütenden Sommerhitze ein funktionierendes Wassermanagement und er lässt Straßen und Autobahnen bauen, die im Rest des Landes ihresgleichen suchen.
Das sei die Basis für den Wirtschaftlichen Aufschwung der Provinz gewesen, meint Pharmaunternehmer Patel.
Wir konnten unsere Waren nicht wirklich über Straßen transportieren. Jetzt haben wir Straßen und alles ist so sicher und einfach.
Munjal Patel, Pharmaunternehmer
So wie Patel schwärmen viele Menschen in der Provinz von Narendra Modi, seinen Visionen und wie er sie umsetzt. Dazu gehören auch Megaprojekte wie die Diamantenbörse von Surat, die Indiens Anspruch, eine führende Wirtschaftsmacht zu werden, untermauern sollen.
Das Gebäude wurde gerade eröffnet und umfasst 660.000 m²: Mit der "Statue of Unity", an einem Stausee mitten in der Provinz, wurde unter Modis Führung die größte Statue der Welt errichtet.

Indien: Gewalt gegen Muslime im Land

Indien will zu einer wirtschaftlichen und politischen Großmacht werden. Diesen Eindruck bekommt man in Gujarat. Doch auf dem Weg dorthin, fühlen sich viele an den Rand gedrängt, ganz besonders die religiösen Minderheiten. Bei schweren Unruhen im Jahr 2002 hat ein aufgebrachter Hindu-Mob tausende Muslime in der Provinz oft auf bestialische Weise umgebracht. Ministerpräsident in Gujarat war damals Narendra Modi.

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Viele Bürger, nicht nur Muslime werfen Modi vor, ganz bewusst die Unruhen nicht verhindert und die Menschen nicht geschützt zu haben. Auch die USA und Großbritannien sahen es damals so. Zehn Jahre durfte Modi dort nicht einreisen wegen schwerer Verletzungen der Religionsfreiheit. Und noch heute leben viele Muslime in Furcht, so wie Ruksana Rashid Quarishi, deren Mutter und Schwester bei den Unruhen brutal umgebracht wurden.
Wir fühlen uns unsicher. Bei jedem Zwischenfall bekommen wir Angst. Aber wo sollen wir hin? Wir haben kein Geld. Wir müssen bleiben.
Ruksana Rashid Quarishi

Indien in einen Hindu-Staat verwandeln

Das Misstrauen gegen den Premierminister sitzt bei den Muslimen tief, denn Narendra Modi hat seine politische Karriere hier in der Provinz bei einer Organisation gestartet, deren Ziel es ist, Indien mit allen Mitteln in einen Hindu-Staat zu verwandeln. Der RSS ist eine Art religiös-nationalistische Kaderorganisation, die auf ein Groß-Indien hinarbeiten, von Afghanistan bis Myanmar. Und sie sind Stolz auf ihren Premierminister. Das spürt man, wenn man mit Bharat Dhokai dem Campusleiter des RSS in der Hafenstadt Kandla spricht:
Herr Modis Interesse war die Politik. Also wurde er in die Politik geschickt, versehen mit unseren Werten: Patriotismus und Hinduismus. Jetzt arbeitet er daran, die Welt zu verändern. Er kümmert sich um alles
Bharat Dhokai, Campusleiter des RSS
Indien unter Modi ist dabei sich radikal zu verändern und wies es aussieht wird die Hindumehrheit im Land, diesen Kurs bei den Wahlen bestätigen.
Johannes Hano leitet das ZDF-Studio in Singapur und ist für die Doku "Macht, Modi, Indien - ein Gigant erwacht" nach Gujarat gereist.

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