Kommentar

: Dieser Krieg hat Maß und Ziel längst verloren

von Michael Bewerunge
03.04.2024 | 21:18 Uhr
Netanjahu ist geschwächt, die Verhandlungen mit der Hamas scheinen aussichtslos, der internationale Rückhalt schwindet - die Lage Israels wird schwieriger. Ein Kommentar.

Nach dem Tod von sieben Mitarbeitern einer Hilfsorganisation im Gazastreifen wächst international die Kritik an Israel. Elmar Theveßen und Michael Bewerunge berichten.

03.04.2024 | 02:32 min
Das Ausmaß der Zerstörung mit Zehntausenden Toten und Verletzten übersteigt jede Vorstellung. Israel hat den selbst propagierten Schutz der Zivilbevölkerung nicht wirklich umgesetzt. Das ist auch damit nicht zu rechtfertigen, das nicht vergessen werden darf, dass der Auslöser der aktuellen Gewaltexplosion der barbarische Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober war. Und dass die Verteidigung Israels gegen diesen Terror prinzipiell legitim ist.

Wie geht es nach dem Krieg weiter?

Doch selbst nach sechs Monaten ist eine Nachkriegs-Ordnung bis auf grobe Ansätze nicht erkennbar. Dabei müsste sie zumindest in Teilen von Gaza schon seit Wochen längst umgesetzt werden. Wie sollen sich die Palästinenser von der Hamas abwenden, wenn sie keine Vision von einem anderen, friedlicheren Gaza bekommen?
Das Kriegsziel, die Hamas zumindest militärisch zu zerstören, scheint in weite Ferne gerückt. Das ginge nur mit der Eroberung von Rafah, dessen Evakuierung kaum vorstellbar erscheint. Und für die weder eine Idee noch ein Plan vorgelegt worden ist.

Der mutmaßliche israelische Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien zeige, dass Israel seinen internationalen Rückhalt verliert, sagt Prof. Simon Wolfgang Fuchs.

03.04.2024 | 04:05 min

Kein Kompromiss mit Hamas in Sicht

Von der Hamas darf man nach all ihren Verbrechen eigentlich nur die bedingungslose Kapitulation und die Freigabe aller Geiseln erwarten. Doch die Verhandlungen für einen Waffenstillstand und ein Geisel-Abkommen sind in eine Sackgasse geraten. Nicht zuletzt, weil die Hamas jeden Kompromiss mit absurden Maximalforderungen blockiert, wie zum Beispiel dem kompletten Abzug Israels aus Gaza.
Das Ergebnis ist die desaströse Situation von Millionen Palästinensern in Gaza. Deren Versorgung mit allen notwendigen Gütern zum Überleben wird immer prekärer. Vor allem, weil Israel sich seit Monaten weigert, die Verantwortung für die eroberten Gebiete zu übernehmen.
Eine weitere vertane Chance, den Palästinensern zu beweisen, dass das demokratische Israel sich großzügig und versöhnlich zeigen kann. Stattdessen hat Israels Armee mit dem tragischen Angriff auf die Helfer von World Central Kitchen die Lage noch einmal deutlich verschlimmert.

Bei einem israelischen Angriff auf einen Konvoi der Hilfsorganisation World Central Kitchen in Gaza sind sieben Menschen getötet worden – laut Benjamin Netanjahu „unbeabsichtigt“.

02.04.2024 | 02:44 min

Netanjahu - Profiteur einer desaströsen Lage?

Alles in allem eine verheerende Bilanz. Böse Zungen in Israel behaupten, dass in dieser Lage vor allem einer von dem nicht enden wollenden Krieg profitiert: Benjamin Netanjahu. Der Premierminister ist zwar angeschlagen, aber er würde wohl erst nach dem Ende des Krieges zur Verantwortung gezogen werden. Und erst dann wäre seine politische Karriere zu Ende. 
Immer mehr Israelis fordern allerdings schon vorher einen Neuanfang. Erstmals nun sogar ein Regierungsmitglied: Kabinettsminister Benny Gantz sprach sich jetzt für Neuwahlen im September aus.
Michael Bewerunge leitet das ZDF-Studio Tel Aviv.

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