Analyse

: Sahelzone: Wie Moskau den Westen aussticht

von Susann von Lojewski und Alexander Glodzinski
27.11.2023 | 13:23 Uhr
Bürgerkriege, Vertreibung und der Kampf gegen den Terror gefährden die Stabilität in der Sahelzone. Der Westen verliert an Einfluss, während sich Russland als Partner inszeniert.

Wie Dominosteine stürzen die Regierungen in Afrikas Sahelzone. Juntas putschen sich an die Macht, nutzen antifranzösische Stimmungen und versprechen eine neue Souveränität.

23.11.2023 | 29:27 min
Von Mauretanien über Mali, Niger, Tschad bis in den Sudan durchzieht die Sahelzone den afrikanischen Kontinent. Seit gut zwei Jahrzehnten sind Terroristen in der Region auf dem Vormarsch.
Den Regierungen fehlen die Mittel, um der Bedrohung Herr zu werden. Doch der zehrende Kampf gegen die Dschihadisten ist nur eines der vielen Probleme in der Region. Folgen des Klimawandels, Bürgerkriege, Flucht und Vertreibung führen immer häufiger zu Umstürzen und Militärputschen.
Eigentlich könnte der Westen als Helfer in diesen instabilen Ländern auftreten, doch er wird als Feind wahrgenommen. Zu groß sind die Verletzungen aus Kolonialzeiten.

Russland: Propaganda und Waffen für Sahelzone

Der Westen ist in der Sahelzone auf dem Rückzug und Russland nutzt dieses Vakuum mit viel Propaganda und Waffenlieferungen. Ulf Laessing, Leiter des Sahel-Programms der Konrad-Adenauer-Stiftung blickt mit Sorge auf die Entwicklungen: "Das ist wirklich ein teuflischer Mix der sich hier zusammenbraut und das wird Europa und auch den Rest von Westafrika sehr stark treffen."
In Gao, im Norden Malis, versucht die Uno seit einem Jahrzehnt die Lage zu stabilisieren. Auch die Bundeswehr hat sich maßgeblich an der Minusma-Mission beteiligt. Jetzt aber packt sie zusammen. Waffen, Computer und sensibles Gerät werden in Kisten verstaut. Bis Ende Dezember werden die internationalen Truppen das Land verlassen. Die Regierung in Mali setzt auf Russland als neuen Partner.
Heiko Bohnsack, dem Kommandeur des deutschen Truppenkontingents ist die Enttäuschung über diese Entscheidung ins Gesicht geschrieben. "Ob sie sich den richtigen Partner ausgesucht haben?", fragt er und gibt gleich eine Antwort darauf. "Die haben sich den ausgesucht, weil sie einen suchten, der ihnen bei Counter-Terrorism hilft, während Minusma einen anderen Auftrag hatte."

Nach zehn Jahren "Minusma"-Mission zieht die Bundeswehr zum Ende des Jahres aus Mali ab. Mima-Reporterin Susann von Lojewski hat die Vorbereitungen begleitet.

27.09.2023 | 04:38 min

Mali: Wagner-Gruppe verspricht Sicherheit

Vor zwei Jahren haben sich Militärs um den jetzigen Präsidenten Assimi Goita an die Macht geputscht. Mit lautstarken anti-kolonialen Parolen haben sie Stimmung gemacht und viel Unterstützung aus der Bevölkerung erhalten. Erst sind die Franzosen abgezogen, jetzt folgen die internationalen Truppen der Uno. In die verwaisten Camps sind bereits Söldner der russischen Wagner-Gruppe gezogen. Die haben der malischen Regierung Stärke und Waffen versprochen. In Mali kommt das gut an.
Überall in der Hauptstadt Bamako wehen russische Fahnen als Zeichen der Freundschaft. Bilder von Wladimir Putin schmücken die Minibusse. Über die neue Hilfe aus Moskau geraten die Menschen auf dem traditionellen Markt regelrecht ins Schwärmen. "Russland ist besser als all die anderen Länder", sagt der Händler Abdourahmane Tarore. "Die Wahrheit ist, dass wir dank ihrer Hilfe Waffen bekommen, um im Krieg zu kämpfen. Meiner Ansicht nach sind Russland und Mali eine Familie."

Putin hat im afrikanischen Mali viele Freunde - und mit dem Abzug der UN-Truppen kann sein Einfluss noch stärker werden. Mali - ein Failed State?

27.09.2023 | 06:07 min
Moskau liefert Waffen, verspricht Sicherheit und eine neue Souveränität. Mit dem verstärkten Engagement in Afrika verbinde Russland aber auch handfestes Eigeninteresse, sagt Sahel-Experte Laessing: "Mali und andere Länder haben sehr viel Gold und andere Rohstoffe. Das ist für Russland wirtschaftlich interessant und für Russland geht es auch darum, mehr Einfluss zu gewinnen."

Niger: Der nächste Partner für Putin?

Die neue Partnerschaft ist in Mali bereits sichtbar, im Nachbarland Niger könnte sie bald folgen. Niger ist nur das jüngste Beispiel eines Putsches in der Sahelzone. Im Sommer jagten die Militärs eine demokratisch gewählte Regierung aus dem Amt. Die Menschen jubelten der Junta zu und fordern heute lautstark Moskau als neuen Partner.

Nach dem Putsch in Niger kündigt Emmanuel Macron den Truppenabzug aus der früheren Kolonie an, denn die Sahelstaaten wenden sich vom Westen ab

28.09.2023 | 02:10 min
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist für sie Feindbild Nummer eins. Die Stimmung ist aufgeheizt. Ein Anhänger der Putschisten findet deutliche Worte:
Wir kotzen auf Frankreich, auf ihre Attitüde und die neokolonialistische Haltung. Und wenn andere Mächte die gleiche Haltung einnehmen, dann werden wir uns auch gegen sie wenden.
Abdoulaye Seydou
Der Westen ist in der Sahelzone auf dem Rückzug. Militärs übernehmen die Macht und finden in Russland immer häufiger einen Partner, der ihre autoritäre und populistische Politik unterstützt.

Mehr zum Thema Putsch im Niger