: Westliche Waffen in Russland: Fällt das Tabu?

von Florian Neuhann
28.08.2023 | 17:03 Uhr
Der erste Grünen-Europapolitiker prescht vor: Die Ukraine solle auch vom Westen gelieferte Waffen für Angriffe auf russisches Gebiet nutzen dürfen.

Russland wird immer wieder Ziel von mutmaßlich ukrainischen Drohnenangriffen. Diese kleinen Gegenangriffe sorgen für große Debatten in den Reihen des Westens: Wie damit umgehen?

27.08.2023 | 03:02 min
Es ist die vielleicht wichtigste Bedingung, an die westliche Staaten bisher ihre Waffenlieferungen an die Ukraine geknüpft haben: Vom Westen gelieferte Kriegsgeräte dürfen demnach nicht für Angriffe auf russisches Staatsgebiet eingesetzt werden. Damit soll eine Ausweitung des Krieges über das Staatsgebiet der Ukraine hinaus - und gar zu einer möglichen Auseinandersetzung mit der Nato - vermieden werden.
Doch mittlerweile stellen erste Politiker diese Beschränkung infrage. Gegenüber ZDFheute sagt der grüne Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky:
Aus meiner Sicht ist der Einsatz der westlichen Waffen auch auf dem Territorium in Russland keine völkerrechtlich rote Linie - so offen sollten wir uns zeigen.
Sergey Lagodinsky, Europaabgeordneter Grüne
Das Recht auf Selbstverteidigung schließe auch Gegenangriffe auf russisches Gebiet mit ein. Für ihn, so Lagodinsky, mache es keinen Unterschied, welche Waffen die Ukraine einsetze: ob Drohnen aus eigenem Bestand oder vom Westen gelieferte Waffen.

Die Ukraine will westliche Waffen wie Leopard-1-Panzer nicht auf russischem Gebiet einsetzen.

17.08.2023 | 01:32 min

Bei Taurus-Marschflugkörpern geht es genau darum

Lagodinsky sitzt seit 2019 für die Grünen im Europaparlament. Dort hat sich der in Russland geborene Grüne einen Namen gemacht als Verfechter einer bedingungslosen Unterstützung der Ukraine. Für die nächste Europawahl 2024 wird er in Parteikreisen gehandelt als möglicher männlicher Spitzenkandidat seiner Partei.
Seine Wortmeldung jetzt dürfte für Wirbel sorgen. Sie kommt, während die Ampel-Koalition unter grüner Beteiligung in Berlin noch immer um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ringt. Die Lieferung ist auch wegen der Reichweite der Flugkörper von mehr als 500 Kilometern umstritten. In Berlin wird, um mögliche Angriffe auf russisches Gebiet zu vermeiden, daher auch über eine technische Begrenzung der Reichweite diskutiert.
Im ZDF-Interview lässt Lagodinsky erkennen, dass er eine solche Reichweitenbegrenzung weder für sinnvoll noch für nötig hält - aber:
Ich bin für jede Lösung offen, die eine schnelle Lieferung gewährleistet.
Sergey Lagodinsky, Europaabgeordneter Grüne
Nach der Ankündigung Dänemarks und der Niederlande, F16-Kampfjets zu liefern, nimmt die Debatte über die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an Fahrt auf.

21.08.2023 | 01:34 min

Heftige Kritik aus der SPD

Seine Haltung stößt auf heftige Kritik - unter anderem aus den Reihen der SPD. Gegenüber ZDFheute warnt der SPD-Europaabgeordnete Joachim Schuster vor einer "neuen Stufe der Eskalation", sollte die Ukraine auch westliche Waffen für Angriffe auf russisches Gebiet nutzen:
Das könnte von Putin als Kriegseintritt des Westens gewertet werden - und das wäre der dritte Weltkrieg.
Joachim Schuster, SPD-Europaabgeordneter

Ukrainische Angriffe auf Russland nehmen zu

Seit Wochen hat die Ukraine offenbar Drohnenangriffe auf russisches Staatsgebiet, vor allem auf die Hauptstadt Moskau, verschärft. Genutzt werden dafür offenbar Drohnen, die die Ukraine selbst besitzt - keine vom Westen gelieferten Waffen.
Erst im Juli hatte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, sich gegenüber der "Washington Post" erstmals öffentlich zu Angriffen auch auf russisches Gebiet bekannt: "Wir müssen entscheiden, wie wir den Feind töten. Es ist möglich und nötig, ihn auf seinem Gebiet im Krieg zu töten."
Die Ukraine meldet militärische Fortschritte. Militärexperte Oberst Reisner analysiert die ukrainische Strategie bei ZDFheute live.

25.08.2023 | 32:32 min

Ukrainische Gegenangriffe: Diskussionen innerhalb der Nato

Die ukrainischen Gegenangriffe sorgen derweil auch für Diskussionen in den Reihen der Nato-Staaten. Zuletzt hatten etwa die USA unverblümte Kritik geäußert: "Weder wollen wir dazu ermutigen, noch ermöglichen wir das. Und wir haben mit der Ukraine über unsere Befürchtungen gesprochen", sagte John Kirby, Sprecher für Sicherheitspolitik im Weißen Haus, vergangene Woche im US-Fernsehen.
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