FAQ

: Was die Wahlwiederholung in Berlin bedeutet

von Dominik Rzepka
11.11.2022 | 14:35 Uhr
In Berlin muss wegen gravierender Pannen im Jahr 2021 der Bundestag teils neu gewählt werden. Wo genau? Wann? Und was bedeutet das für das Parlament? Ein Überblick.
Warteschlange vor einem Wahllokal im Prenzlauer Berg.Quelle: dpa

Wo wird neu gewählt?

In 431 Berliner Wahllokalen muss neu gewählt werden, sowohl mit Erst- als auch mit Zweitstimme. Das hat der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Parteien beschlossen. Betroffen ist etwa jedes fünfte Berliner Wahllokal. Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 gab es insgesamt mehr als 2.250 Wahllokale.
Berlin hat zwölf Wahlkreise, schickt also via Erststimme zwölf Abgeordnete direkt in den Bundestag. Die Wahllokale, in denen neu gewählt werden soll, liegen in allen zwölf Wahlkreisen.
Besonders betroffen sind Charlottenburg-Wilmersdorf im Westen der Stadt und Pankow im Osten. Dort gewannen der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) beziehungsweise Stefan Gelbhaar von den Grünen das Direktmandat.
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Warum wird neu gewählt?

Weil es in diesen Wahllokalen am 26. September 2021 teils massive Pannen gegeben hatte. So wurden unter anderem falsche Stimmzettel ausgeteilt oder es gab keine mehr. Die Szenen, die sich in Berliner Wahllokalen abspielten, muteten zum Teil mehr als peinlich an.
So bildeten sich lange Schlangen, denn neben dem Bundestag wurden auch das Berliner Landesparlament und die Bezirksparlamente gewählt, außerdem gab es einen Volksentscheid. Zeitgleich fand in Berlin der jährliche Marathon statt. In vielen Wahllokalen wurde auch noch nach 18.30 Uhr abgestimmt, eigentlich hätte um 18 Uhr Schluss sein müssen.

Aus dem Archiv: Massive Pannen haben die Wahlen in Berlin im Jahr 2021 überschattet.

14.10.2021

Wie verändert sich der Bundestag?

Vorneweg: Die teilweise Neuwahl in Berlin wird nichts an der Mehrheit der Ampel ändern. Wohl aber würden alle Parteien zusammen insgesamt sieben Sitze verlieren, weil Zweitstimmen in 431 Wahllokalen ungültig werden.
Wird sehr wahrscheinlich sein Mandat verlieren: Jürgen Hardt, CDU.Quelle: dpa
Die Parteien können diese Sitze bei einer Wiederholungswahl aber zurückerobern. "Das dürfte der SPD, der AfD und den Linken unter normalen Umständen gelingen, selbst wenn sie deutlich weniger Stimmen erhalten sollten als im September 2021", sagt Wilko Zicht von Wahlrecht.de.

CDU und FDP aber könnten das nicht schaffen. Ihnen droht der Verlust eines Sitzes. Am wahrscheinlichsten ist nach Berechnungen von Wahlrecht.de, dass der CDU-Abgeordnete Jürgen Hardt sein Mandat verlieren wird.

Fliegt die Linke noch aus dem Bundestag?

Nein. Das wird mit ziemlicher Sicherheit nicht passieren. Die Linke hat bei der Bundestagswahl nur 4,9 Prozent der Stimmen erhalten, wäre also eigentlich an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Sie hat aber drei Direktmandate gewonnen und ist deswegen trotzdem als Fraktion in den Bundestag eingezogen.
Zwei dieser drei Mandate hat die Partei in Berlin gewonnen: Gesine Lötzsch in Lichtenberg und Gregor Gysi in Treptow-Köpenick. Dort wird aber nur in wenigen Wahllokalen erneut gewählt. Sowohl Gysi als auch Lötzsch werden ihre Direktmandate wohl behalten.
Lötzsch zum Beispiel hat auch nach Abzug der betroffenen Erststimmen noch einen Vorsprung von 8.430 Stimmen, berechnet Wahlrecht.de. In den betroffenen Wahlbezirken gibt es aber nur 6.050 Wahlberechtigte:
Selbst wenn hundert Prozent der Wahlberechtigten an der Wiederholungswahl teilnähmen und ihre Erststimme an die stärkste Mitbewerberin von Gesine Lötzsch vergäben, wäre der Vorsprung nicht aufholbar.
Wilko Zicht, wahlrecht.de

Wann wird neu gewählt?

Wahrscheinlich nicht allzu bald. Denn die Opposition im Bundestag ist mit der Entscheidung der Ampel, die Wahl in 431 Lokalen zu wiederholen, nicht einverstanden. Das werde "dem Berliner Wahlchaos nicht ansatzweise gerecht", sagt der CDU-Abgeordnete Patrick Schnieder.
Die Union fordert stattdessen eine Neuwahl in mindestens 1.200 Berliner Wahllokalen und kündigt eine Klage an. Schnieder sagt ZDFheute:
Jetzt obliegt es dem Bundesverfassungsgericht, diese falsche Entscheidung zu korrigieren.
Patrick Schnieder, CDU
Eine Wahlwiederholung wäre dann erst nach einem Urteil möglich, eventuell also erst im Jahr 2024.

Und was ist mit der Berliner Landtagswahl?

Da steht die Entscheidung noch aus. Am 16. November wird der Berliner Verfassungsgerichtshof sein Urteil über die Abgeordnetenhauswahl verkünden.
Die Richterinnen und Richter haben bereits angedeutet, dass sie eine komplette Neuwahl für denkbar halten. Dann müsste ganz Berlin spätestens am 14. Februar 2023 erneut wählen. Allerdings könnte die Berliner Entscheidung auch noch vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden.

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