: In Deutschland sind Antibiotika erneut knapp

von Dominik Rzepka
16.07.2024 | 15:27 Uhr
Sie heißen Doxycyclin und Azithromycin: Antibiotika, die unter anderem gegen sexuell übertragbare Krankheiten wie Syphilis eingesetzt werden. Hersteller melden derzeit Engpässe.
Archivbild von Antibiotikumkapseln. In Deutschland melden Hersteller Lieferengpässe bei Antibiotika, die unter anderem gegen sexuell übertragbare Krankeiten eingesetzt werden.Quelle: imago
Es ist eine Rekordzahl: Im Jahr 2022 wurden dem Robert Koch-Institut 8.305 Fälle von Syphilis gemeldet - so viele wie noch nie in Deutschland. 2023 dürfte diese Zahl erneut steigen.
Die sexuell übertragbare Krankheit (STI) kommt vor allem in Großstädten wie Berlin oder Hamburg vor. Betroffen sind vor allem Männer, die Sex mit Männern haben, insbesondere im Alter von 30 bis 39. Aber auch in den älteren Altersgruppen steigt die Rate.
ZDFheute Infografik
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Engpass bei Medikamenten gegen STI

Wer sich mit Syphilis infiziert, bekommt oft ein Antibiotikum wie Doxycyclin verschrieben. Doch dieses Mittel wird knapp in Deutschland, ebenso wie das Antibiotikum Azithromycin.
Fachleute warnen bereits, dass mit Einschränkungen bei der Behandlung von Syphilis zu rechnen ist. Die Knappheit dürfte auch Auswirkungen auf die Therapie bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten wie Chlamydien und Gonorrhoe haben:
Wir können bei beiden Wirkstoffen schätzungsweise nur noch 50 Prozent des Bedarfs decken.
Erik Tenberken, Vertretung HIV-kompetenter Apotheken
Das dürfte "große Gefahren" mit sich bringen, sagt der Berliner Arzt Heiko Karcher. Sollten die Antibiotika nicht mehr verfügbar sein, müssten eventuell andere Mittel verschrieben werden, die aber schwere Nebenwirkungen zur Folge haben können. Karcher sagt:
Die Lieferengpässe erschweren die bestmögliche Behandlung, schränken den ärztlichen Spielraum bei der Therapie unzumutbar ein und gefährden damit das Wohl unserer Patienten.
Heiko Karcher, Arzt

In Deutschland fehlen Medikamente, vor allem Antibiotika. Die Arzneimittel-Produzenten beklagen die schwierige Lage vieler Hersteller und fordern die Politik zum Handeln auf.

02.05.2023 | 05:07 min

Engpass bei 456 Medikamenten

Engpässe bei Antibiotika sind kein Einzelfall. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte meldet im Moment Knappheit bei 456 Medikamenten. Zu Jahresbeginn lag diese Zahl bei knapp 500, einen Engpass gab es unter anderem bei Antidepressiva und Krebsmedikamenten.
Einen Mangel hatte es auch bei der sogenannten PrEP gegeben - also einem HIV-Medikament, das HIV-negative Menschen einnehmen, um sich vor einer HIV-Infektion zu schützen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits im vergangenen Jahr Gegenmaßnahmen angekündigt. Medikamente wollte er vermehrt in Europa herstellen lassen. Außerdem wurden Fiebersäfte für Kinder profitabler für die Hersteller - sie können 50 Prozent mehr als zuvor dafür bekommen.

Für viele schwule Männer kommt die Angst vor HIV zurück. Der Grund: Die PrEP ist knapp - also die Arznei, die vor einer HIV-Ansteckung schützt. Und auch andere Medikamente fehlen.

06.02.2024 | 05:20 min

Warum der Fehler System hat

Für die Deutsche Aidshilfe (DAH) sind die bisherigen Maßnahmen gegen Lieferengpässe nicht ausreichend. DAH-Sprecher Holger Wicht fordert die Politik auf, entschieden zu handeln:
Deutschland muss sich dringend fragen, wie die Versorgungssicherheit mit wichtigen Arzneimitteln wiederhergestellt werden kann – und das sehr schnell.
Holger Wicht, Deutsche Aidshilfe
Wichtig sei es, dass die Konzentration auf wenige Hersteller und Lieferketten durchbrochen werde. Die Produktion müsse wieder in Deutschland oder Europa stattfinden. "Konzentration ist immer anfällig: Wenn ein Hersteller oder eine Lieferung ausfällt, dann fallen gleich große Mengen aus", sagt Wicht.

Deutschland mangelt es an lebenswichtigen Medikamenten. In Krankenhäusern und Apotheken werden Antibiotika knapp, auf die kranke Menschen und vor allem Kinder angewiesen sind.

18.10.2023 | 28:51 min

Institut: Kein Lieferabriss

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bestätigt ZDFheute die Lieferengpässe bei den genannten Antibiotika. Allerdings sei ein Lieferengpass nicht gleichbedeutend mit einem Versorgungsengpass. Im Fall von Azithromycin etwa sei es in den Apotheken bisher nicht zu einem Lieferabriss gekommen, so ein Sprecher.
Der Mangel der vergangenen Wochen sei kompensiert worden. Bei Doxycyclin etwa würden Unternehmen mögliche Liefertermine vorziehen. Außerdem werde geprüft, ob es für beide Antibiotika nicht noch weitere Importoptionen geben könne.

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