Analyse

: Wegner: "So einfach ist es dann doch nicht"

von Markus Gross, Berlin
26.04.2024 | 05:12 Uhr
CDU-Mann Kai Wegner eroberte vor einem Jahr das Rote Rathaus. Er wollte Berlin zum Besseren verändern. Kürzlich stellte er allerdings fest: "So einfach ist es dann doch nicht."

Ein knappes Jahr ist der Regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner, im Amt. Bislang wurden nur wenige seiner Wahlkampfversprechen umgesetzt. Vor allem die Verwaltungsreform kommt kaum voran.

20.04.2024 | 04:02 min
Es war eine konservative Zeitenwende. Nach einem Vierteljahrhundert SPD-Dominanz hat die Hauptstadt seit einem Jahr wieder einen CDU-Regierungschef. Sein Start allerdings holprig: Erst im dritten Wahlgang erhielt Kai Wegner die erforderliche Mehrheit. Die Sozialdemokraten hatten sich zuvor - nach quälenden internen Debatten - für ein schwarz-rotes Bündnis entschieden. "Das Beste für Berlin" versprach der neue Senat. Die als dysfunktional etikettierte Stadt sollte wieder ins Laufen kommen.

Wohnungen, Verkehr, Verwaltung: Versprechen für Berlin

Die Liste der Vorhaben war und ist lang: Zusammenführung von Innen - und Außenbezirken, Schaffung von mehr bezahlbaren Mietwohnungen, Verbesserung der Verkehrssituation.
Das Kernversprechen: Die Verwaltung soll besser, schneller und digitaler werden. Vor allem dafür wurde die CDU gewählt. Für all das bleibt nicht viel Zeit: Bereits 2026 wird in Berlin wieder gewählt.

Wegners Lebensgefährtin zunächst im Fokus

Mit seinem neuen Senat gelingt Wegner eine Überraschung. So divers und weiblich wie nie zuvor. Zum Jahresbeginn gerät sein Privatleben in den Fokus der Boulevardpresse. Wegner und seine Bildungssenatorin sind ein Paar. Erst kochten Gerüchte hoch, dann bestätigten die beiden ihre Liaison.
Die Liebesbeziehung verstört nach wie vor manche in den eigenen Reihen und in der SPD. Wie kann man denn eigentlich Privates und Berufliches in der Senatsarbeit voneinander trennen? Die Opposition fragte nach möglichen Interessenkonflikten. Wegner selbst spielt den "Fall" mittlerweile herunter: "Das alles Entscheidende ist, dass dadurch die Arbeit nicht belastet wird. Mehr ist dazu nicht zu sagen."

Welche Versprechen Schwarz-Rot eingelöst hat

In der täglichen Senatsarbeit scheint das kein Thema mehr zu sein. Kai Wegner hält die Koalition zusammen und setzt auf Verständigung. Er selbst bezeichnet den neuen Politikstil als "nicht mit dem Kopf durch die Wand, nicht gegeneinander, sondern ein Miteinander".

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26.03.2024 | 02:43 min
Das kommt in Teilen der Stadtgesellschaft gut an: Die Wirtschaft freut sich über besseren Zugang zu Entscheidungsträgern, Polizisten und Feuerwehrleute sind dankbar für die Unterstützung, profitieren von besserer Ausrüstung und mehr Personal. Anstelle von rot-grün-roten Streitereien gibt es jetzt eine fast geräuschlose Regierungsarbeit mit der SPD. Versprechen eingelöst.

Welche Probleme der Hauptstadt ungelöst sind

Doch die Liste der ungelösten Probleme ist lang: Das mit viel Brimborium angekündigte 5-Milliarden-Euro-Sondervermögen Klimaschutz gilt als gescheitert. Woher das viele Geld für die notwendige Transformation kommen soll, unklar. Bei den wichtigen Themen Bürgerservice und Digitalisierung geht es nicht voran. Und im aktuellen Haushalt müssen noch 560 Millionen Euro eingespart werden.
"Schwarz-Rot hat uns in eine schlimme Lage manövriert und alle Ersparnisse aufgebraucht. Das Ergebnis wird Sozialabbau sein. Und das ist fatal für die Stadt", sagt Bettina Jarasch, Fraktionschefin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Und zieht Bilanz:
Mit markigen Ankündigungen gestartet - wenig geliefert, viel weggeduckt.
Bettina Jarasch

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Umfrage: Mehrheit der Berliner unzufrieden mit Schwarz-Rot

Wegner hat inzwischen selbst eingeräumt, dass politische Entscheidungen komplizierter sind und länger dauern. Bei einem Wirtschaftsgespräch hat er kürzlich gesagt:
Ich gebe zu, nach einer Bestandsanalyse erkennt man, so einfach ist es dann doch nicht.
Kai Wegner
Die neuesten Umfrage-Ergebnisse des Berliner "Tagesspiegels" sollten die Schwarz-Rote Koalition zudem zum Nachdenken bringen. Demnach sind 64 Prozent der Befragten unzufrieden mit dem neuen Senat. Eine erste Quittung für eine eher durchwachsene Jahresbilanz? Gut möglich. Nur für gute Stimmung zu sorgen und den Politikstil des "Allen-Recht-machens" zu pflegen, reicht nicht.

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