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: Protest: Gemeindeführung wirft komplett hin

09.08.2023 | 13:31 Uhr
Sie haben gemeinsam hingeworfen: Bürgermeister und Gemeinderat von Freisbach protestieren damit gegen die Finanzpolitik in Rheinland-Pfalz - und ernten Applaus.
Bürgermeister Gauweiler und der komplette Rat der Gemeinde Freisbach erklärten in der öffentlichen Sitzung in der Stadthalle ihren Rücktritt. Quelle: dpa
Aus Protest gegen die Finanzpolitik in Rheinland-Pfalz haben Gemeinderat und Ortsbürgermeister in Freisbach (Kreis Germersheim) in der Südpfalz ihren Rücktritt erklärt.

Anlass: Neues Landesfinanzausgleichsgesetz

Bei einer Sitzung in der Sport- und Kulturhalle der Kommune mit etwa 1.200 Einwohnern übergaben alle 16 Ratsmitglieder dem ehrenamtlichen Ortsbürgermeister Peter Gauweiler am Dienstagabend den schriftlichen Verzicht auf ihr Mandat. Auch der parteilose Gauweiler selbst erklärte seinen Rücktritt.
Ortsbürgermeister und Ratsmitglieder kritisieren, dass die Gemeinde aufgrund des neuen Landesfinanzausgleichsgesetzes und der Neuausrichtung der Kommunalaufsicht durch das Land Rheinland-Pfalz keine Haushaltsgenehmigung erhalte.
Wir treten zurück, weil wir den Auftrag der Wähler nicht mehr ausführen können,
Peter Gauweiler, bisheriger ehrenamtlicher Ortsbürgermeister von Freisbach
Gauweiler weiter: "Wenn wir nichts entscheiden dürfen und als Ehrenamtler nur rumsitzen, brauchen wir keinen Gemeinderat."

Im vergangenen Jahr gab es den stärksten Anstieg der Grundsteuer seit sechs Jahren. Warum viele Kommunen die Grundsteuer erhöhen, erklärt ZDF-Börsenexpertin Valerie Haller.

07.08.2023 | 01:18 min

Kritik: Kein Anreiz für Ehrenamt

Aber auch, wenn Freisbach die Abgaben für Bürgerinnen und Bürger deutlich erhöhe, bleibe der Haushalt im Minus. "Ich kann den Bürgern, die dann doppelt zahlen, nicht erklären, warum ich die Kosten erhöhe, wenn sie keinerlei Vorteil davon haben", meinte der 66-Jährige. Er bedauere, dass die Kritik auf taube Ohren stoße.
Wie will ich Menschen zum Ehrenamt bewegen, wenn sie dort nichts bewirken können?
Peter Gauweiler, bisheriger ehrenamtlicher Ortsbürgermeister von Freisbach
Landrat Fritz Brechtel vom Kreis Germersheim sprach von einem "für Rheinland-Pfalz einmaligen Vorgehen". Allerdings habe er "vollstes Verständnis für diesen drastischen Schritt". Der CDU-Politiker kritisierte, die neuen Vorgaben der Landesregierung aus SPD, Grüne und FDP seien "zu dogmatisch und nicht zu Ende gedacht".

Immer mehr Aufgaben, aber nicht mehr Geld: Das beklagen Kommunen wie Krefeld und fordern mehr Unterstützung vom Bund.

24.05.2023 | 02:45 min

Landrat: "Spitze des Eisbergs"

Nach Brechtels Einschätzung sind viele Kommunen in Rheinland-Pfalz in ähnlich finanziell desolater Lage. Freisbach sei "die Spitze des Eisbergs".
Gauweiler zufolge existiert für die zurückgetretenen Ratsmitglieder zwar eine Nachrückerliste mit 18 Namen. "Ich rechne aber nicht damit, dass jemand antritt. Dann finden in drei Monaten Neuwahlen statt." Er selbst bleibe kommissarisch im Amt, bis die Kreisverwaltung einen Beauftragten ernenne - allerdings längstens bis Ende August.
Dann lege ich nach 25 Jahren den Schlüssel auf den Tisch und bin weg.
Peter Gauweiler, bisheriger ehrenamtlicher Ortsbürgermeister von Freisbach
Drei Ratsmitglieder sind im Urlaub und übermittelten ihre Rücktritte durch Kollegen. Die anderen Mitglieder begründeten ihren Schritt am Dienstagabend in kurzen Statements, die von Zuschauern beklatscht wurden.

Viele Kommunen fühlen bei der Bewältigung des Flüchtlingszuzugs alleingelassen. In Zukunft sollen sogenannte Grenzverfahren Migranten an der illegalen Einreise in die EU hindern.

10.06.2023 | 04:46 min

Gauweiler: Ziel nicht Applaus, sondern Problemlösung

Gauweiler sprach von einem "bitteren Applaus". "Wir wollten nicht beklatscht werden, sondern auf Probleme aufmerksam machen." Er schätzte die Zahl der Besucherinnen und Besucher auf 250.
Der CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf wandte sich in einer Mitteilung an Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). "Frau Dreyer, in Ihrem Bundesland brennt sprichwörtlich die Hütte", erklärte Baldauf. "Wann greifen Sie zum Feuerlöscher? Oder wollen Sie weiter tatenlos zusehen, wie Ihre SPD die Kommunen im Stich lässt?"
Erst in der vergangenen Woche hatte die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck ihren Austritt aus der SPD erklärt. Eine ihrer Kernbotschaften Richtung Mainz ist, dass sie sich in Finanz- und Bildungspolitik nicht genügend unterstützt fühlt. Die Landesregierung und die SPD betonten aber, man sei und bleibe ein verlässlicher Partner der zweitgrößten Stadt des Bundeslandes.
Quelle: dpa

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