: Das grüne Gewissen der CDU

von Patricia Wiedemeyer
11.06.2024 | 12:37 Uhr
Klaus Töpfer ist tot. Der frühere Umweltminister wurde 85 Jahre alt, er war das grüne Gewissen der CDU, sagt unsere Autorin, die ihn seit den 90er-Jahren begleitet hat.

Er galt als das ,,Grüne Gewissen der Union''. Jetzt ist der Umweltpolitiker Klaus Töpfer, der auch schon mal publikumswirksam den Rhein durchschwamm, gestorben.

11.06.2024 | 02:45 min
Er war anders. Anders als alle seine Unions-Kollegen. Anders als alle Minister und Ministerinnen im Kabinett Helmut Kohl. Ein Seiteneinsteiger, kein typischer Parteikarrierist.
Klaus Töpfer war der zweite Umweltminister in Deutschland. Zu Zeiten, als Umwelt- und Klimaschutz noch nicht wirklich groß geschrieben wurden. Doch er hat es geschafft, den Umweltschutz aus seiner Nische rauszuholen. Er war der erste, der das Amt nachhaltig geprägt hat. 
Er kämpfte für sein Anliegen. Leidenschaftlich, teils mit ungewöhnlichen Mitteln. 1988 schwamm Töpfer durch den Rhein, um zu zeigen, dass der Fluss wieder sauberer war - aber auch, weil er eine Wette verloren hatte.
Spektakuläre Aktion: Klaus Töpfer schwimt im Rhein (Archivfoto 1988)Quelle: picture-alliance / dpa | Roland Witschel

Was Töpfer politisch auf den Weg brachte

Einen Tag nach Ende des Golfkrieges flog er in den Iran, um die Schäden durch auslaufendes Öl zu begutachten. Ölverschmiert bis zu den Knien stand er dann vor unseren Kameras.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

"Er hat in vielen Bereichen Pionierarbeit geleistet - und durch seine Arbeit auch Einstellungs- und Verhaltensänderungen bewirkt", schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ...

... hat den verstorbenen früheren Bundesumweltminister Klaus Töpfer als einen Wegbereiter für mehr Klimaschutz gewürdigt. "Klaus Töpfer hat Klimaschutz zu einem wichtigen Anliegen gemacht - weltweit und in Deutschland", schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X. "Wir sind dankbar für seine Weitsicht und seine starke Stimme. Sie wird fehlen", fügte Scholz hinzu. 

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ...

... würdigt Töpfer als Visionär und weltweit geachteten Mahner. "Mit Klaus Töpfer ist einer der größten Umweltpolitiker unserer Zeit von uns gegangen", erklärte er.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne)

"Mit Klaus Töpfer verlieren wir einen unserer großen Umweltpolitiker". Das schrieb die Grünen-Politikerin auf der Plattform X. Er habe für das Aussöhnen von Ökologie und Ökonomie gestanden und die internationale Umweltpolitik geprägt.

Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU ...

... nannte Töpfer einen "streitbaren Kämpfer für die Nachhaltigkeit". Die Bewahrung der Schöpfung sei sein Lebensthema gewesen, erklärte die CDU.

Quelle: dpa

Ich habe ihn Anfang der 90er-Jahre auf vielen seiner Reisen begleitet. Töpfer war rastlos, ruhelos, immer unterwegs, immer in Aktion, immer bestrebt, weltweit ein offenes Ohr zu finden für sein Anliegen: eine saubere, lebenswerte Welt. Er hatte Visionen, er hatte Ideen, für die er kämpfte.
Er war hauptverantwortlich für die Einführung des Gelben Sacks, mit dem Leichtverpackungen entsorgt wurden. Und ohne ihn hätte es die Klimakonferenz in Rio de Janeiro so nicht gegeben. Dass er am Ende seiner Laufbahn bis 2006 das Klimasekretariat der UN als Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi leitet - ein logischer Schritt.

Getrübtes Verhältnis zu Helmut Kohl

Klaus Töpfer blieb immer bodenständig, blieb Mensch, nicht arrogant. Weder den Bürgern gegenüber, noch der Presse. Immer zugänglich, immer freundlich, aufgeschlossen. Ein Mann mit unglaublich viel Humor. Er konnte feiern, war trotz ständiger Abwesenheit von zu Hause doch ein Familienmensch und ein leidenschaftlicher Skatspieler, jede freie Minute nutzte er dazu - auch auf Reisen.
Sein Verhältnis zum damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) war am Ende nicht das beste. Vielleicht war er zu beliebt in der Bevölkerung, vielleicht zu unabhängig, eben keiner mit der typischen Parteilaufbahn.

Vizekanzler Robert Habeck (B´90/Die Grünen) und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz vom 6. Juni 2024, in der ZDF-Sendung "maybrit illner": Was braucht Deutschland jetzt?

06.06.2024 | 69:03 min

Das grüne Gewissen der Union

Töpfer war vor der Politik als Lehrbeauftragter, als Professor an verschiedenen Universitäten tätig. Nach einigen Jahren als Umweltminister löste Angela Merkel (CDU) ihn dann im Jahr 1994 auf dem Posten ab, Töpfer wurde Bauminister und organisierte dann den Umzug von Bonn nach Berlin - sicherlich nicht sein Traumjob, ebenso wenig seine Zeit im Saarland, wohin er auch mit der Familie zog, um dort die regierende SPD abzulösen. Er ließ sich gegen seinen Willen einbinden, am Ende ohne Erfolg. 
Klaus Töpfer war das grüne Gewissen der Christdemokraten. Schon 1988 forderte er eine Zukunft ohne Kernenergie, sprach sich für weniger fossile Energien aus, er war seiner Zeit voraus. Bis kurz vor seinem Tod war er immer noch als Redner gefragt, immer unterwegs, sprach auch auf Grünen-Parteitagen, blieb seinem Thema treu. Klaus Töpfer war ein Politiker, wie es sie heute kaum noch gibt.
Patricia Wiedemeyer ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio

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