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Interview

: Was Wagenknecht und Maaßen unterscheidet

14.01.2024 | 19:15 Uhr
Sahra Wagenknecht hat es bereits getan. Hans-Georg Maaßen will es ihr gleichtun und auch eine Partei gründen. Was bedeutet das für die deutsche Parteienlandschaft?

Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" hat ist seit 8. Januar eine offizielle Partei. Wagenknecht sprach von einem "historischen Tag".

08.01.2024 | 02:05 min
ZDFheute: Sahra Wagenknecht hat ihre Partei bereits gegründet. Hans-Georg Maaßen trägt sich mit dem Gedanken, aus der Werteunion der CDU eine eigene Partei zu machen. Was bedeuten diese Schritte für das deutsche Parteiensystem?
Constantin Wurthmann: Ich bin überzeugt, dass diese Parteigründungen kein Erdbeben in der deutschen Parteienlandschaft nach sich ziehen werden. Ich würde auch nicht die These vertreten, dass wir es mit einer Krise oder gar einem Versagen der Demokratie zu tun haben, nur weil zwei, zumindest dem Namen nach prominente Politiker*innen sich dazu auserkoren fühlen, Politik für alle machen zu wollen.
Interessant könnte es bei der nächsten Bundestagswahl werden, wenn insbesondere Sahra Wagenknecht es schaffen sollte, die Fünfprozenthürde zu meistern, was einige seriöse Meinungsforschungsinstitute vorhersagen.
Dann könnten diese Stimmen am Ende das Zünglein an der Waage sein, wenn es um eine Regierungsbildung geht.

Constantin Wurthmann ...

Quelle: Constantin Wurthmann
... vertritt derzeit die Professur für Vergleichende Politikwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Seine inhaltlichen Schwerpunkte liegen in der Wahl- und Wählerforschung, politischen Einstellungen, Parteienforschung sowie der Parteiensystemtransformation der Bundesrepublik Deutschland. Zusammen mit seinen wissenschaftlichen Kolleg*innen Sarah Wagner und Jan Philipp Thomeczek hat er 2023 die erste Studie vorgelegt, die sich mit dem politischen Potenzial von Sahra Wagenknecht befasst.
ZDFheute: Trauen Sie es Sahra Wagenknecht zu, mit ihrer Partei eine tragende Rolle in der politischen Landschaft hierzulande zu spielen?
Wurthmann: Bei Sahra Wagenknecht und ihrer Partei sehe ich dafür tatsächlich Potenzial. Sie hat mit ihren Themen eine inhaltliche Nische und auch eine Repräsentationslücke gefunden, die andere in der Form nicht oder vielmehr nicht mehr besetzt haben. Sprich, für ihre politischen Ideen gibt es eine Nachfrage.

Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht denkt über die Gründung einer eigenen Partei nach. Könnten ihre Pläne den Höhenflug der AfD stoppen?

22.07.2023 | 13:25 min
Bei der Europawahl im Juni wird sie auch gute Chancen haben, ins Parlament zu kommen. Die Hürde ist sehr gering, um mit Mandaten einzuziehen.
Wenn ihr dieser Schritt auch noch bei den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland im Herbst gelingt, muss man sich um die Zukunft ihrer Partei keine großen Sorgen machen.
Diese Wahlen werden für sie sicherlich erstmal der Gradmesser sein.
ZDFheute: Wie ist es um die Erfolgsaussichten von Hans-Georg Maaßen bestellt?
Wurthmann: Bei ihm sieht die Sache etwas anders aus. Mit seiner Idee, eine Partei aus den Reihen der Werteunion heraus zu gründen, würde er sich einem politischen Raum ansiedeln, der bereits durch die Unionsparteien CDU und CSU sowie durch die AfD inhaltlich besetzt ist.
Selbst die Freien Wähler haben trotz ihrer größeren Bekanntheit und ihrem zumindest in Teilen der Bevölkerung populären Parteivorsitzenden Hubert Aiwanger bundesweit Probleme, sich hier zu etablieren. Einem Hans-Georg Maaßen traue ich das erst recht nicht zu. Man muss bedenken:
Er wurde noch nie in ein öffentliches Amt gewählt.
Als CDU-Direktkandidat in Südthüringen hat er bei der letzten Bundestagwahl im Kampf um ein Direktmandat deutlich verloren und den Einzug ins Parlament klar verpasst - hinter SPD und AfD. Daran zeigt sich, dass er mit seinem Kurs eigentlich bereits gescheitert ist.

Als oberster Verfassungsschützer sollte Hans-Georg Maaßen die Demokratie schützen - der CDU-Politiker trifft internationale Ultrarechte, teilt Verschwörungstheorien.

05.07.2023 | 29:30 min
ZDFheute: Was braucht es generell für eine erfolgreiche Parteineugründung?
Wurthmann: Die größte Herausforderung ist sicherlich, eine inhaltliche Lücke anzusprechen, die noch nicht besetzt ist. Das war bei den Grünen in den 80er Jahren so im Bereich der Klima- und Umweltpolitik. Das war auch bei der AfD der Fall, die ab 2015 sehr stark oder mehr oder weniger ausschließlich auf das Thema Migration und Zuwanderung gesetzt hat.
Eine Partei braucht ein solches inhaltliches Alleinstellungsmerkmal. Doch das allein macht an sich noch keine Mehrheit aus. Dafür muss das Thema relevant für die Menschen sein.
Das sieht man beispielsweise an der Kleinpartei dieBasis. Mit ihrem Versuch, aus dem Corona-Leugner*innenmilieu heraus bei der Bundestagswahl 2021 sowie bei mehreren Landtagswahlen erfolgreich zu sein, ist sie krachend gescheitert. Das hat nicht verfangen.
Und nicht zuletzt ist es natürlich wichtig, eine möglichst bekannte Person an der Spitze zu haben. Es sind also viele Faktoren, die dazu beitragen, ob eine neu gegründete Partei erfolgreich ist oder nicht.

Nach dem Austritt von Sahra Wagenknecht und ihren Anhängern aus der Linken löst sich die Linksfraktion im Bundestag auf.

14.11.2023 | 01:45 min
Eine der bedeutsamsten Garantien ist sicherlich die mediale Aufmerksamkeit. Zumindest Sahra Wagenknecht bekommt diese derzeit sehr intensiv. Normalerweise bleibt dieses Interesse Kleinparteien bei ihrer Gründung aber verwehrt.
ZDFheute: Müssen wir mit den beiden prominenten Beispielen an der Spitze nun mit einer ganzen Welle an Parteigründungen rechnen?
Wurthmann: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Aber:
Natürlich werden sich im Windschatten von Sahra Wagenknecht und Hans-Georg Maaßen wohl auch noch andere bekannte Persönlichkeiten berufen fühlen, ihre politischen Lösungen anbieten zu wollen.
Wir leben in äußerst krisenhaften Zeiten, was viele bemüßigt, genau das zu tun. Ob das am Ende mit Blick auf all die Herausforderungen, die wir zu meistern haben, zielführend ist, sei dahingestellt. Wir brauchen dafür starke Parteien.
Das Interview führte Michael Kniess.

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