Analyse

: Das Schreiduell

von Melanie Haack und Daniela Sonntag
12.04.2024 | 03:56 Uhr
Die Thüringer Spitzenkandidaten Björn Höcke, AfD, und Mario Voigt, CDU, streiten im TV-Duell über EU, Migration und Erinnerungskultur. Warum es ein Abend ohne Sieger war.

Fünf Monate vor der Landtagswahl in Thüringen haben CDU-Politiker Voigt und AfD-Kontrahent Höcke in einem umstrittenen TV-Duell über Europa, Migration und Erinnerungskultur diskutiert. Um Landespolitik ging es nur am Rande.

12.04.2024 | 02:06 min
55 Minuten, etwas mehr als eine Fußballhalbzeit sollte es dauern, doch das TV-Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt ging deutlich in die Verlängerung. Beide hatten sich mit Fakten bewaffnet, beide schenkten sich nichts und beide konnten Punkte machen.
"Es gibt keinen Gewinner", sagt Politikberater Johannes Hillje.
Voigt hatte angekündigt, Höcke inhaltlich zu stellen. Das ist ihm bei manchen, aber nicht bei allen Themen gelungen.
Johannes Hillje, Politikberater
Hillje sagt weiter: "Höcke wollte vor allem die große Bühne, die hat er bekommen, teilweise hat er sie genutzt, teilweise ist er aber auch in Bedrängnis geraten, so dass es am Ende keinen Gewinner gibt dieses Duells, sondern beide haben sicher gute und auch weniger gute Momente aus ihrer Sicht gehabt."

Beim Thema Migration wird es hitzig

Kontrovers geht es zunächst ums Thema EU. Für AfD-Spitzenkandidat Höcke ein "Hauptproduzent von Bürokratie", den er am liebsten durch "einen lockeren Bund europäischer Staaten" ersetzen wolle. Thüringens CDU-Chef Voigt kontert, das sei eine "Katastrophe für Deutschland".
Dann wird es hitzig - beim Thema Migration. Voigt präsentiert, wie CDU-Landräte aus Thüringen bei der Flüchtlingspolitik vorpreschen: die erste Bezahlkarte, die Arbeitspflicht für Flüchtlinge. Dagegen habe der einzige AfD-Landrat Deutschlands im thüringischen Sonneberg nichts vorzuweisen.

In einem TV-Duell trafen Björn Höcke, Spitzenkandidat der AfD, sowie Mario Voigt, Spitzenkandidat der CDU, aufeinander.

12.04.2024 | 01:50 min
Björn Höcke dagegen macht die CDU und die Migrationspolitik unter Angela Merkel für die Verhältnisse bei der Migration verantwortlich. Die CDU sei der Bock, "der alles verbockt hat".

NS-Vokabular verwendet: Höcke gibt sich ahnungslos

Und beim Thema Erinnerungskultur, seiner Haltung zu NS-Zeit und Faschismus kommt Höcke ins Schlingern. Beklagt sich, dass er in Buchenwald Hausverbot habe - und habe angeblich nicht gewusst, dass der SA-Spruch "Alles für Deutschland" verboten ist.
Dass er sich dafür ab nächste Woche vor Gericht verantworten soll, will er nicht nachvollziehen. Das zeige, so Höcke, dass das Strafrecht in Deutschland "immer mehr zur Einschränkung der Meinungsfreiheit genutzt" werde und "Oppositionsarbeit unmöglich gemacht" werde. Voigt dazu: "Bitte weinen Sie hier nicht".

Einige AfD-Vertreter unterstützen offen die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft für Menschen mit Migrationsgeschichte und deren "Remigration" – zuletzt beim Geheimtreffen in Potsdam.

23.01.2024 | 06:50 min

Voigt wird durch das Duell wohl bekannter

Es wird laut in diesem Duell - und kurios: Gehacktes oder Mett, selbst darüber wird gestritten. Am Ende geht kein echter Sieger vom Platz, doch beide werden wohl zufrieden nach Hause nach Thüringen zurückfahren.

Aus Protest gegen die Eurorettungspolitik der damaligen Merkel Regierung gründete sich die AfD im Jahre 2013. Was folgte war ein jahrelanger Richtungskampf zwischen den gemäßigten Wirtschaftsliberalen und den offen völkischen Nationalisten in der Partei.

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Für Mario Voigt dürfte sich die TV-Debatte durchaus gelohnt haben. Vom No-Name aus Thüringen zu einem Gesicht auf allen Sendern und Kanälen. Bekannter ist er geworden. Und Höcke konnte sich auf ganz großer Bühne und Augenhöhe mit der demokratischen Konkurrenz präsentieren.
Höcke selbst sagte gegenüber dem ZDF, das TV-Duell sei "ein kleines Einreißen der kommunikativen Brandmauer" gewesen und er hoffe auf mehr solcher Gelegenheiten.

Auswirkungen auf Landtagswahl noch unklar

Im Netz tobt nun die Schlacht um die Deutungshoheit. Die Thüringer AfD streamt noch am Abend aus dem Plenarsaal des Thüringer Landtags eine sogenannte Expertenrunde mit zwei Abgeordneten der eigenen Fraktion.
Und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann lobt den Mann in Thüringen für seinen "goldrichtigen Kurs". Was das den Wählern bringt, wie und ob das Duell nachhallt, wird sich zeigen müssen. Die Landtagswahl ist erst am 1. September.

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