: Zahl der Flüchtlinge steigt so stark wie nie

von Torben Heine
14.06.2023 | 03:55 Uhr
Weltweit sind über 100 Millionen Menschen auf der Flucht vor Verfolgung, Konflikten, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. Die Zahlen steigen so stark wie nie zuvor.

Laut UN-Flüchtlingshilfswerk ist die Zahl der Geflüchteten weltweit auf einen Höchstwert gestiegen. Rund 110 Millionen Menschen sind momentan auf der Flucht.

14.06.2023 | 00:22 min
108,4 Millionen Menschen sind laut "Global Trend"-Bericht des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) im vergangenen Jahr weltweit zwangsumgesiedelt oder vertrieben worden. Das sind 19,1 Millionen mehr als im Vorjahr - der stärkste jemals gemessene Anstieg von Flüchtlingszahlen.
Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der Menschen floh dabei innerhalb des jeweiligen Heimatlandes, sogenannte Binnenflüchtlinge. Rund 35 Millionen weitere gelten nach der Definition des UNHCR als Flüchtlinge, die ihr Heimatland verlassen mussten.
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Als Hauptgründe für die drastisch gestiegenen Zahlen nennt das UNHCR den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, die Vertreibung von Afghaninnen und Afghanen durch die radikalislamistischen Taliban und die verstärkten Kämpfe im Sudan. Auch Hunger und Naturkatastrophen, die der Klimawandel verstärkt, zwingen Menschen in vielen Regionen zur Flucht.

Flucht aus Syrien, Ukraine und Afghanistan

Nach wie vor flohen im weltweiten Vergleich die meisten Menschen vor dem Bürgerkrieg in Syrien. Rund 6,5 Millionen Syrerinnen und Syrer mussten ihre Heimat verlassen. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan flohen zudem jeweils rund 5,7 Millionen Menschen aus diesen Ländern.
Im Vorjahr hatten noch rund 27 Tausend Menschen die Ukraine gezwungenermaßen verlassen. Der Anstieg auf fast sechs Millionen sei der schnellste Flüchtlingsstrom seit dem Zweiten Weltkrieg, heißt es im UNHCR-Bericht.
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Deutschland mit vierthöchster Flüchtlingszahl

Die meisten Geflüchteten fanden 2022 in der Türkei Schutz - mehr als 3,5 Millionen. In der Liste der Gastgeberländer folgen der Iran, Kolumbien und Deutschland. Hierzulande hielten sich dem Bericht zufolge rund 2,1 Millionen Flüchtlinge aus der gesamten Welt auf. 217.800 neue Asylanträge wurden in Deutschland gestellt. Nur die USA kommen auf mehr (730.400).
Nach wie vor bieten dennoch Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen den meisten Menschen Schutz. Wohlhabende Staaten spielen demnach insgesamt eine eher geringere Rolle.
Die Zahl der Rückkehrer liegt deutlich unter dem Niveau des allgemeinen Anstiegs der Flüchtlingszahlen. Sechs Millionen Menschen kehrten im vergangenen Jahr in ihre Herkunftsregion zurück, davon waren der überwiegende Teil Binnenflüchtlinge.

UN-Hochkommissar: "Brauchen viel mehr internationale Unterstützung"

Die meisten Menschen weltweit zeigten laut Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, auch 2022 eine "außergewöhnliche Gastfreundschaft" gegenüber Flüchtlingen.
Aber wir brauchen viel mehr internationale Unterstützung und eine gerechtere Aufteilung der Verantwortung.
Filippo Grandi, UN-Hochkomissar für Flüchtlinge
Auch bei der Ursachenbekämpfung von Flucht und Vertreibung müsse "viel mehr getan werden".

UNHCR: Flüchtlingszahlen unverändert hoch

Für 2023 ist das UNHCR pessimistisch. Die ersten Monate hätten keine Verlangsamung des Anstiegs der weltweiten Flüchtlingszahlen gezeigt. Vor allem durch den erneuten Ausbruch des Konflikts im Sudan seien neue Fluchtbewegungen hinzukommen. Die Gesamtzahl der Vertriebenen schätzt das UNHCR bis Mai dieses Jahres auf 110 Millionen.
Diese Zahlen zeigen uns, dass manche Menschen viel zu schnell in einen Konflikt stürzen und viel zu langsam sind, um Lösungen zu finden. Die Folge sind Verwüstung, Vertreibung und Leid für jeden einzelnen der Millionen von Menschen, die gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge
Der "Global Trends"-Report des UNHCR gilt als umfassendster Bericht zur Situation von Geflüchteten weltweit. Er erscheint jährlich und stützt sich auf Daten nationaler Regierungen sowie auf eigene Erhebungen und Schätzungen.

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