: Cum-Ex: Hat Scholz U-Ausschuss getäuscht?

14.04.2023 | 15:50 Uhr
Hat Olaf Scholz den Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre getäuscht? Ehemaliger Bundestagsabgeordneter De Masi behauptet, Scholz habe sich in seinen Aussagen widersprochen.
Hat Olaf Scholz vor dem Untersuchungsausschaus zur Cum-Ex-Affäre tatsächlich getäuscht? (Archivbild)Quelle: dpa
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich als damaliger Finanzminister 2020 nach Erinnerung von Zeugen vor dem Finanzausschuss des Bundestages widersprüchlich zur sogenannten Cum-Ex-Affäre geäußert.

De Masi: Habe mich "getäuscht gefühlt"

Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken, Fabio de Masi, erklärte vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zu der Affäre, Scholz habe zunächst über ein Treffen mit dem Gesellschafter der Warburg Bank, Christian Olearius, gesagt, er könne sich "zu Gesprächsinhalten aufgrund des Steuergeheimnisses nicht äußern."
In einer zweiten, als nicht öffentlich eingestuften Sitzung am 1. Juli 2020 habe Scholz dann erklärt, er habe bei dem Treffen mit Olearius am 10. November 2017 nur passiv zugehört. Erst in einer dritten Sitzung des Ausschusses am 9. September 2020 habe Scholz Erinnerungslücken geltend gemacht.
De Masi sagte, er habe sich als Mitglied des Finanzausschusses "getäuscht gefühlt".

Damalige Ausschussmitglieder werden zu Cum-Ex-Affäre befragt

Zu den Finanzausschusssitzungen werden lediglich Gedächtnis- und keine Wortlautprotokolle angefertigt. Deshalb erhofften sich die Hamburger Ausschussmitglieder von der Befragung von de Masi und anderen damals anwesenden Berliner Abgeordneten Aufklärung in der Frage, ob Scholz' Angaben zu den Treffen noch aus eigener, aktiver Erinnerung erfolgten.
Für Freitag waren die ersten 15 von über 30 damaligen Ausschussmitgliedern geladen. Die Mitglieder des Untersuchungsausschuss wollten auch wissen, ob Äußerungen von Scholz in den Mitschriften fehlten. Auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft die Protokolle von Sitzungen des Bundestagsfinanzausschusses zur selben Sache bestätigt.
Was in den Protokollen steht, ist auch das, an was ich mich erinnere.
Lisa Paus, Bundesfamilienministerin
Die Politikerin der Grünen war ebenfalls Mitglied des Finanzausschusses, als dieser 2020 mehrmals Bundeskanzler Olaf Scholz als Finanzminister zu der Affäre befragte.

So laufen Cum-Ex-Deals ab

Bei Cum-Ex-Geschäften fordern Investoren und Banken die gleiche Steuer mehrfach vom Staat zurück. Dazu werden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch um den Dividendenstichtag einer Aktiengesellschaft herum gehandelt. Die Dividende, also die Gewinnbeteiligung der Anleger, muss von Privatanlegern mit 25 Prozent versteuert werden. Banken oder Fonds können sich die Steuer aber nachträglich vom Staat zurückerstatten lassen.

Bei den Cum-Ex-Deals geschah diese Rückerstattung aber mehrmals. Weil die Aktiendeals so trickreich gestaltet waren, konnte der Staat schwer erkennen, dass er zu viel auszahlte. Das Geschäftsmodell hatte seine Hochphase von 2006 bis 2012. Der deutsche Staat büßte Schätzungen zufolge einen zweistelligen Milliardenbetrag ein.

Warburg Bank musste Millionenbeträge zurückzahlen

Die Hamburger Steuerverwaltung verzichtete 2016 auf millionenschwere Rückzahlungen von Steuern, die sich die Warburg-Bank unrechtmäßig mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften hatte erstatten lassen. Nach den ersten Treffen mit Bankern im Hamburger Rathaus hatte das Finanzamt für Großunternehmen 2016 mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf Steuerrückforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro gegen das Geldhaus verzichtet. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.

Worum ging es genau in den Jahren 2016 und 2017 und welche Rolle spielte Olaf Scholz dabei?

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Später musste die Warburg Bank aufgrund eines Gerichtsbeschlusses insgesamt mehr als 176 Millionen Euro zu Unrecht erstatteter Steuern zurückzahlen, versucht aber weiter auf juristischem Weg, gegen die geänderten Steuerbescheide vorzugehen. Der Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft geht seit gut zweieinhalb Jahren der Frage nach, ob Scholz als damaliger Erster Bürgermeister der Hansestadt Einfluss auf die Entscheidung nahm.
Quelle: dpa, AFP

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