: Scholz fordert von Peking Einfluss auf Moskau

04.11.2022 | 11:04 Uhr
"Atomare Drohgebärden sind unverantwortlich": Beim Besuch von Kanzler Scholz in Peking haben Deutschland und China ein unerwartet deutliches Warnsignal an Russland gesandt.
Deutschland und China drängen auf eine rasche Deeskalation im russischen Krieg gegen die Ukraine. "Präsident Xi und ich sind uns einig: Atomare Drohgebärden sind unverantwortlich und brandgefährlich", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Gesprächen mit der chinesischen Führung in Peking am Freitag.
Er habe dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping gesagt, "dass es wichtig ist, dass China seinen Einfluss auf Russland geltend macht".
Tweet von Kanzler Scholz

Chinas Staatsspitze distanziert sich von Ukraine-Krieg

Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang distanzierte sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz ungewöhnlich deutlich von dem Krieg:
Wir können uns keine weitere Eskalation mehr leisten.
Chinesischer Ministerpräsident Li Keqiang
Es sei nun an der Zeit, "beide Seiten zu Friedensgesprächen zu bewegen", sagte Li. "Wir wollen nicht, dass die regionale Stabilität erschüttert wird, dass internationale Produktions- und Lieferketten destabilisiert werden", fügte er hinzu. "Das wollen wir nicht sehen."
China hat es bislang vermieden, Russland für seinen Einmarsch in der Ukraine offen zu kritisieren. Die Volksrepublik pflegt enge Kontakte zu Russland, der Handelsaustausch ist seit Kriegsbeginn deutlich gestiegen - so kauft China etwa vermehrt russische Öl, das der Westen nicht mehr abnimmt.
Der Kanzler hatte die Regierung in Peking vor seiner Reise aufgefordert, sich bei Russland für ein Ende des Angriffskrieges gegen die Ukraine und vor allem für den Verzicht auf den Einsatz von Atombomben einzusetzen.
[China-Visite von Kanzler Scholz: Das sind die Konfliktthemen]

Scholz in Peking: "Ich bin froh, dass ich hier sein kann"

Scholz ist der erste westliche G7-Regierungschef, der China seit der Corona-Krise mit einer eintägigen Visite besucht. Begleitet wird Scholz von einer Wirtschaftsdelegation. "Ich bin froh, dass ich hier sein kann und wir miteinander sprechen können", sagte der Kanzler.
Scholz betonte, es sei gut, in den schwierigen Zeiten direkt zusammenzukommen. Man werde auch über die bilaterale Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen und Themen sprechen, bei denen beide Länder "andere Perspektiven" hätten. Man müsse etwa über den Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel und den Hunger in der Welt sprechen.
[Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch bei "Lanz": China-Besuch von Kanzler Scholz nicht "überbewerten"]

Scholz mahnt Fairness in den Handelsbeziehungen an

Zudem mahnte Scholz bei seinem Antrittsbesuch in Peking Fairness in den Handelsbeziehungen an. Deutschland und China hätten ein gemeinsames Interesse daran, "dass die Vorteile durch die Globalisierung und das wirtschaftliche Wachstum, das dadurch möglich ist, nicht verloren gehen", sagte Scholz.
Ihm gehe es auch um die "Frage, dass Investitionszugänge gleichermaßen gewährleistet sein müssen und dass keine Abhängigkeiten entstehen, die dazu beitragen, dass man nicht frei handeln kann", sagte Scholz weiter. Westliche Unternehmen klagen seit langem über erschwerten Marktzugang in der Volksrepublik.

Die bisherige Chinapolitik sei "nicht mehr zeitgemäß", so FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Die "Naivität in der deutschen Außenpolitik", auch bei chinesischen Unternehmensbeteiligungen hierzulande, müsse beendet werden.

04.11.2022 | 06:44 min

Kritik an Scholz-Besuch - Rückendeckung von Ai Weiwei

Im Vorfeld des Besuchs hatte es Kritik an der Reise und vor allem dem Reisezeitpunkt auch innerhalb der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP gegeben. Chinesische Dissidenten forderten in einem Brief an Scholz sogar eine Absage der Reise.
Von Ai Weiwei, dem berühmtesten chinesischen Gegenwartskünstler, erhielt Scholz dagegen Rückendeckung. "Es ist zumindest keine schlechte Idee", sagte er. In der heutigen Welt sei es unangebracht, Beziehungen abzubrechen, um politische Ziele zu erreichen. Das habe nie funktioniert.
Kritik an der Reise wies der Kanzler zurück. In Zeiten der Krisen seien Gespräche noch wichtiger. Er begann seine Erklärung in Peking mit den Worten:
Es ist gut und richtig, dass ich heute hier in Peking bin.
Bundeskanzler Olaf Scholz
Quelle: Reuters, dpa, ZDF

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