: China-Besuch von Scholz nicht "überbewerten"

von Felix Rappsilber
04.11.2022 | 05:46 Uhr
Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagt, man dürfe den China-Besuch von Kanzler Scholz nicht "überbewerten". Er berichtet bei Markus Lanz, wie frühere Kanzler-Reisen abliefen.

Zur Sozialpolitik und zur Russland-Haltung der Linkspartei, zum deutsch-chinesischen Verhältnis sowie über die tiefen Handelsverflechtungen zwischen der EU und China

03.11.2022 | 74:23 min
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, hat am Donnerstagabend bei Markus Lanz einen Blick durchs weltpolitische Schlüsselloch: "Ich nehme jedem Kanzler, den die Bundesrepublik Deutschland hatte, den ich kennengelernt habe, ab, dass er in großer Ernsthaftigkeit [Menschenrechtsverletzungen in China] anspricht. Aber in den konkreten Gesprächen, da spielt das nun wahrhaftig nicht eine Rolle."

Menschenrechtsverletzungen würden in China angesprochen - aber

Angesichts des China-Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte er:
Das, was dann Meldung in Deutschland ist, korrespondiert nicht unbedingt mit dem, was besprochen worden ist.
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken
Menschenrechtsverletzungen würden natürlich angesprochen, "aber auf die diplomatisch angebrachte Weise."

Scholz will "kritische Themen" ansprechen

Scholz besucht China als erster westlicher Staatschef, seit sich Präsident Xi Jinping von der Spitze der Kommunistischen Partei zu einer dritten Amtszeit wählen ließ.
Menschenrechtsverletzungen, der Umgang mit Oppositionellen, eingeschränkte Meinungsfreiheit - dafür steht die chinesische Staatsführung in der Kritik. Aus dem Bundeskanzleramt hieß es, Scholz werde "kritische Themen" ansprechen.

Chinas Staatschef Xi hat die Regeln geändert: Er beginnt seine dritte Amtszeit, bisher war nach zweien Schluss. Deutsche Geheimdienste warnen vor Chinas wachsendem Einfluss.

23.10.2022

Besuch "nicht überbewerten"

Bartsch zeigte sich skeptisch. Den Besuch des Kanzlers dürfe man "nicht überbewerten, dass Scholz dort irgendwelche Breschen schlagen kann, dass er etwa Veränderungen organisieren kann".
Dass Olaf Scholz in China Klartext sprechen wird, zog Bartsch in Zweifel: Niemand dürfe die Vorstellung haben, dass sich Dinge in China sofort änderten, wenn der deutsche Kanzler oder Bundespräsident sie ansprechen. "Vieles wird aus innenpolitischen Erwägungen gemacht", sagte Bartsch.

Kanzler-Reise von Bartsch mit Schröder

Als Beispiel erzählte der Linken-Politiker, wie es hinter den Kulissen und ohne Journalisten bei einer Kanzler-Reise nach China aussieht. So sei der Linken-Politiker einmal als Teil einer Delegation mit einem "nicht genannten Kanzler, der heute in Ungnade gefallen ist" für ein Treffen mit dem ehemaligen Staatspräsidenten Hu Jintao geflogen.
"Sie meinen Gerhard Schröder?", fragte Lanz, woraufhin Bartsch schmunzelnd berichtete: "Gerhard Schröder hat mit Hu Jintao gesprochen. Ich war dabei." In deutschen Medien sei dann die Meldung verbreitet worden, "Schröder sprach in aller Deutlichkeit die Menschenrechtsfrage an". Bartsch fällte ein klares Urteil: "So deutlich war's dann nicht."

Es geht vor allem um wirtschaftliche Interessen

Mit Angela Merkel war Bartsch ebenfalls in China. Menschenrechtsverletzungen seien "selbstverständlich immer" angesprochen worden, so Bartsch. Auch habe es Treffen mit Oppositionellen gegeben, was in China "verdammt schwierig hinzukriegen" sei.
Aber: "Es war immer vor allem eine riesige Industriedelegation dabei. Vor allen Dingen ging es um wirtschaftliche Interessen." Trotz der Schwierigkeiten eines Kanzler-Besuchs in Peking sei dieser in Scholz' Fall "richtig" und eine Chance, "Positionen deutlich zu machen". Das könnte Bartsch zufolge aufgrund der aktuellen Lage der Weltpolitik aber auch kompliziert werden:
Olaf Scholz wird da jetzt im Übrigen viel zurückhaltender sein müssen.
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken

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