: "Skandal, dass wir nicht mit am Tisch saßen"

von Pierre Winkler
10.05.2023 | 23:41 Uhr
Der Bund verspricht den Ländern auf dem Flüchtlingsgipfel nun doch mehr Geld. Vielen Kommunalpolitikern geht das am eigentlichen Problem vorbei. Die Debatte bei Markus Lanz.

Sehen Sie hier die ganze Sendung Markus Lanz vom 10. Mai.

10.05.2023 | 61:09 min
Wenn ein Ziel des Flüchtlingsgipfels zwischen Bund und Ländern im Kanzleramt lautete, dass sich die Kommunalpolitik ernster genommen fühlen soll, dann hat das beim Bürgermeister von Hannover schon mal nicht geklappt.
Bei Markus Lanz kritisierte er am Mittwochabend, dass im "Grunde das Problem bei der kommunalen Ebene" liege. Aber:
Wir am Ende der politischen Nahrungskette sind, müssen sozusagen das organisieren vor Ort.
Belit Onay, Bürgermeister von Hannover
"Und wir sind nicht dabei, wenn es darum geht: Wie sind die Kosten? Wie wird sozusagen der gesamte, auch rechtliche Rahmen definiert und auch organisiert?", fuhr Belit Onay (Die Grünen) fort.

Kommunalpolitiker: "Skandal, dass wir nicht mit am Tisch saßen"

Sein Parteikollege Matthias Schimpf, Kommunalpolitiker aus dem südhessischen Bensheim, wurde noch deutlicher: "Heute war der D-Day, heute war Tag der Entscheidung, und das, was in diesen Papieren steht, das ist die Erwartung, die wir als kommunale Familie haben, weil wir nicht mit am Tisch saßen, was eigentlich ein Skandal ist", sagte er über die Ergebnisse des Gipfels.
Diese Beschlüsse müssten "jetzt auch mal kraftvoll und zügig umgesetzt werden, denn das ist der letzte Treffer, den man hier setzen kann".

In Groß-Rohrheim und Bensheim in Hessen fehlt es an Unterkünften für Geflüchtete.

08.02.2023 | 02:47 min

Einmalzahlung von einer Milliarde Euro

Der Bund sicherte den Ländern zu, die Flüchtlingspauschale für das laufende Jahr um eine Milliarde Euro als Einmalzahlung zu erhöhen. Abschiebungen sollen erleichtert und konsequenter durchgesetzt werden.
Außerdem sieht ein Plan der EU-Kommission vor, dass Menschen mit geringer Aussicht auf Schutz bereits an der EU-Außengrenze ein Asylverfahren durchlaufen. Dazu sollen die Geflüchteten bis zu zwölf Wochen festgehalten werden können. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zuletzt ebenfalls dafür geworben.

Asylverfahren an EU-Außengrenze polarisiert

Ein Vorhaben, was auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Johannes Vogel, bei Lanz begrüßte:
Das halte ich für wünschenswert. Da gibt es jetzt offenbar endlich eine Mehrheit in der Bundesregierung, sich in Europa dafür einzusetzen.
Johannes Vogel, FDP
Onay hält davon wenig: "Bis zu zwölf Wochen sollen die inhaftiert werden, anders wird das nicht funktionieren. Die werden dort inhaftiert", sagte er. Die Schutzquote liege "bereinigt bei 70 Prozent", was bedeute:
"Sie werden trotzdem hierherkommen, nachdem sie zwölf Wochen inhaftiert worden sind, werden dann bei uns in Hannover, in den Kommunen landen und haben ihre Vorgeschichte." Die Bundespolitik diskutiere "treffsicher am eigentlichen Problem vorbei". Denn:
Mein Problem ist nicht die Außengrenze.
Belit Onay, Bürgermeister von Hannover
Selbst wenn der EU-Plan umgesetzt werde, könne das frühestens in zwei oder drei Jahren der Fall sein. "Was hilft denn das für diese Monate? Was hilft denn das für dieses Jahr?", fragte er.
Migrationsforscher Raphael Bossong sieht keine neuen Ansätze in der deutschen Flüchtlingspolitik:

Der Tonfall gleiche inzwischen aber dem migrationsskeptischer EU-Staaten.

10.05.2023 | 12:37 min

Onay: Politik betrachtet Thema Integration nicht als "Ganzes"

In Hannover fehle ihm Personal in Kitas und Schulen, um geflüchtete Familien zu betreuen. "Das hängt auch nicht an geflüchteten Menschen, sondern ist ein grundsätzliches Problem auf der kommunalen Ebene", sagte Onay.
"Wenn es um Flüchtlingsthematik oder solche Gipfel geht, dann muss das Thema Integration als Ganzes, der Arbeitsmarkt, die Schule, die frühkindliche Bildung, all das muss mitgedacht werden. Und das ist zurzeit leider nicht der Fall", warf er der Bundesregierung vor.

Die Republik Moldau rückt immer weiter ins Fadenkreuz Russlands.

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Vogel optimistisch - Einstieg in "Trendwende" der Migrationspolitik

Vogel dagegen äußerte die Hoffnung, dass durch die Gipfel-Beschlüsse der Einstieg in einer "Trendwende" der deutschen Migrationspolitik gelungen sei. "Denn ich habe da Dinge gelesen, wo ich bisher in Berlin im Deutschen Bundestag keine Mehrheit für hatte", sagte er.
"Beispiel sichere Herkunftsstaaten Georgien und Moldau. Das wären alleine zehn Prozent der Menschen, die im Moment im Asylsystem sind und kein Anrecht auf Schutzstatus haben."
Quelle: ZDF

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