: Marcel Reif rührt Bundestag zu Tränen

31.01.2024 | 13:13 Uhr
Beim Gedenken an den Holocaust sprach neben der Überlebenden Eva Szepesi auch Sportjournalist Marcel Reif. Dessen Rede sorgte für viele Emotionen.

Vor 79 Jahren wurde das KZ Auschwitz befreit. Der Bundestag gedachte heute der Opfer des Holocaust und der NS-Zeit - begleitet von den Stimmen und Erzählungen der Zeitzeugen.

31.01.2024 | 02:44 min
In der Gedenkstunde des Bundestags für die Opfer des Nationalsozialismus haben die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi und Marcel Reif als Sohn eines Überlebenden zu mehr Menschlichkeit und Widerspruch gegen Rassismus aufgerufen. "Wer schweigt, macht sich mitschuldig", sagte Szepesi im Bundestag mit Verweis auf erstarkenden Judenhass und Rechtsextremismus.
Die Schoah begann nicht mit Auschwitz, sie begann mit Worten - und sie begann mit dem Schweigen und dem Wegschauen der Gesellschaft.
Eva Szepesi, Holocaust-Überlebende

Beim Gedenken an den Holocaust sprach neben der Überlebenden Eva Szepesi auch Sportjournalist Marcel Reif. Dessen Rede sorgte für viele Emotionen.

31.01.2024 | 01:15 min

Marcel Reif beeindruckt mit seiner Rede den Bundestag

Marcel Reif appellierte mit den Worten seines Vaters an die Parlamentarier: "Sei a Mensch - sei ein Mensch." Der bekannte Sportjournalist erzählte in seiner Rede davon, dass sein Vater, ein polnischer Jude, der aus einem Deportationszug der Nazis gerettet wurde, nie über das Erlebte sprach.
Wir sollten, wir durften nicht in jedem Postboten, Bäcker, Straßenbahnfahrer einen möglichen Mörder unserer Großeltern vermuten.
Marcel Reif, Nachfahre von Holocaust-Opfern
Reifs Großeltern waren von den Nationalsozialisten ermordet worden. Diesen "warmen, kuscheligen Mantel des Schweigens" habe er angenommen, später aber verstanden, dass sein Vater doch gesprochen und ein Vermächtnis in diesem Satz hinterlassen habe: "Sei ein Mensch."
Die Rede vom Marcel Reif wurde mit minutenlangem, stehendem Applaus bedacht. Einige der Zuhörer, darunter Außenministerin Annalena Baerbock, konnten ihre Tränen nicht zurückhalten.

Die Rede von Marcel Reif in voller Länge

31.01.2024 | 10:56 min

Szepesi überlebte, weil Wärter sie für tot hielten

Über den Schrecken des Holocaust sprach auch die aus Ungarn stammende Szepesi in der Gedenkstunde des Bundestags, zu der traditionell auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Vertreter aller weiteren Verfassungsorgane gekommen waren.
Nachdem die Nazis Ungarn besetzt hatten, schickte Szepesis jüdische Mutter die damals 11-Jährige mit der Tante auf die Flucht, in der Hoffnung, dass sie den Deportationen entkommen könnte. Ende 1944 wurde sie dennoch deportiert. "Im überfüllten Viehwaggon wurde die Luft immer weniger, mein Hunger immer quälender, meine Angst immer größer", schilderte sie das Grauen.
Szepesi wurde als Zwölfjährige in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort überlebte sie, weil Wärter sie bereits für tot hielten. In einer emotionalen Rede berichtete Szepesi von ihrer Lebensgeschichte und der Befreiung des Lagers am 27. Januar 1945 durch die sowjetische Armee. "Es war der 27. Januar 1945 - und ich lebte."

Der Holocaust-Gedenktag

Am Holocaust-Gedenktag wird weltweit der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz. Das Lager steht symbolhaft für den NS-Völkermord an Millionen Menschen. Seit 1996 wird auf Anregung des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog an diesem Tag in Deutschland der Opfer gedacht. Auch der Bundestag erinnert jährlich in einer Feierstunde an die Toten. 2005 riefen die Vereinten Nationen den 27. Januar zum internationalen Holocaust-Gedenktag aus.

Quelle: dpa

Erst Jahre später erfuhr sie, dass ihre Mutter und ihr damals achtjähriger Bruder wenige Monate vor ihr nach Auschwitz gebracht und sofort nach der Ankunft in der Gaskammer ermordet wurden.

Vor 79 Jahren wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit. Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigt das Bekenntnis "Nie wieder"

27.01.2024 | 01:36 min
Quelle: EPD, AFP

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